0036 - Das Rätsel von Schloß Montagne
schaudernd. »Können Sie sich den Schock vorstellen, Chef, den ich bekam?«
»Ein Beweis für meine Vermutungen!« Zamorras Stimme war jetzt sehr leise. »Es gibt also doch noch Dämonen in diesem Schloß. Und ich war so sicher, daß sie bloß hinter dem Gewölbe mit dem Türwappen verborgen waren.«
»Sie meinen, sie sind unter uns?« erkundigte sich Nicole zweifelnd. »Können sich diese Dämonen vielleicht unsichtbar machen, Chef?«
»Sie können noch viel mehr, Nicole! Sie können sich jeder Menschengestalt bedienen. Sie können die Seele von jedem von uns vergiften und sich Untertan machen.«
»Vielleicht wieder einmal Hypnose? Das mag ich nicht, Chef. Wo ist Ihr Amulett?«
»Wie kann ich gegen unsichtbare Schatten ankämpfen?« stieß Zamorra bitter hervor. »Nicole, verlieren Sie nicht die Nerven. Ich kann diese Geister nur bekämpfen, wenn ich sie sehe.«
»Wo ist Ihr Amulett? Es ist doch die stärkste Waffe gegen diese Bestien«, beharrte Nicole merklich unruhiger werdend.
»Ich trage es um den Hals«, wehrte Zamorra ab. »Doch es gibt viele Arten von Dämonen, Nicole. Vielleicht gerate ich einmal an Mächte, die immun gegen das Amulett sind?«
***
Etwas Unglaubliches war passiert, und zwar zehn Minuten, ehe der erste Gang im roten Salon serviert wurde.
Zwei Bauarbeiter, Arbeitskameraden des verschütteten Fernand, die den Feuerwehrleuten nach Kräften bei ihrer Arbeit halfen, fanden auf der Kellertreppe zwei Fetzen Stoff.
Als sie den Stoff näher in Augenschein nahmen, sträubten sich ihnen die Haare.
Es handelte sich in beiden Fällen um Stücke des dunkelblauen Overalls, den Fernand bei seiner Arbeit getragen hatte.
Blut und Hautreste klebten daran. Aber es war kein Zweifel möglich. Der Overall hatte Fernand gehört, denn die anderen Bauarbeiter besaßen nicht so einen Arbeitsdreß. Sie trugen allesamt ausrangierte Alltagskleidung.
Wie kamen die Overallfetzen auf die Treppe?
Zamorra kam eilig, als ihn Raffael verständigt hatte. Für ihn war der grausige Fund ein weiterer Beweis für seine Vermutung, daß Dämonen beim Einsturz des Kellergewölbes geholfen hatten und nun außerhalb ihres bisherigen Gefängnisses herumirrten.
Wie viele waren es?
Sie hatten Fernand getötet, da gab es keinen Zweifel. Er versuchte, es den Feuerwehrleuten klarzumachen. »Brechen Sie ihre Arbeit ab. Diesem Arbeiter kann nicht mehr geholfen werden. Im Gegenteil: wenn Sie weiter vordringen, ehe mit Balken alles abgestützt ist, kann es zu weiteren Einstürzen kommen. Und ich will keine neuen Todesopfer. Es sind hier Mächte im Spiel, Männer, von denen sich unsere Schulweisheit nichts träumen läßt.«
Der tiefe Ernst des Schloßherrn beeindruckte die Leute. Sie legten ihre Arbeit nieder. Beinahe fluchtartig verließen sie das Schloßgebiet.
Nachdenklich sah Zamorra ihnen nach, wie sie in der Dämmerung verschwanden. Ihm war klar, daß sie überall herumerzählen würden, was er gesagt hatte. Sicher würde auch die Polizei auftauchen.
Pierre Malice, der Polizeichef des kleinen Ortes, würde bestimmt höchst persönlich die Untersuchung leiten. Und die Gerüchte um das Château Montagne würden neue Nahrung erhalten.
Rasch kehrte er ins Schloß zurück, nachdem er die zwei blutigen Stoffetzen in einer Schublade seines Arbeitszimmers verwahrt und sich danach gründlich die Hände gewaschen hatte.
»Da sind Sie ja, Professor«, rief Lana Meredith. »Ist etwas passiert? Sie sehen ganz grau im Gesicht aus.«
»Nein. Es ist nichts geschehen«, lautete die Antwort Zamorras.
»Die Feuerwehr ist abgerückt, nachdem sich herausgestellt hat, daß der verunglückte Arbeiter nicht mehr am Leben ist.«
»Entsetzlich!« sagte Jill. »Hat man die Leiche gefunden?«
»Es gibt andere Anzeichen dafür…« erklärte Zamorra. Er wechselte einen schnellen Blick mit Nicole, die ihre Unruhe nur schwer unterdrücken konnte.
»Vielleicht«, fuhr Zamorra fort, »sollte ich Ihnen die Wahrheit erklären, meine Herrschaften. Zu jedem anderen Zeitpunkt wäre mir Ihr Besuch höchst willkommen gewesen. Gerade jetzt aber…«
Lana Meredith lauschte mit halboffenem Mund. »Soll das heißen, daß wir wieder abreisen sollen?«
Professor Zamorra sah ihr fest in die Augen. »Madam, Sie wissen, daß ich in aller Öffentlichkeit die These vertrete, daß es Dämonen und Geister und Spukgestalten gibt. Daß sie Kräfte besitzen, die wir nicht einmal ahnen können. Ehe mein Onkel, von dem ich das Château Montagne geerbt habe, so grausam
Weitere Kostenlose Bücher