0037 - Panik in Tokio
Bestimmt nichts Gutes.
Meine Chancen im Innern des Vulkanberges waren etwa so groß wie die eines Wassertropfens auf einer glühenden Herdplatte.
»Kannst du mir etwas über den Roten Dämon erzählen?« fragte ich den Taifun-Dämon.
»Professor Hakato, der von Haus aus Biochemiker ist, fabrizierte diese Masse bei seinen Forschungsexperimenten. Erst auf Sumisu gelang es ihm, sie mit dämonischem Leben zu versehen und für seine Zwecke einzusetzen. Der Rote Dämon besitzt nur eine geringe Eigenintelligenz. Professor Hakatos Dämon ist ungeheuer gierig, er löst Menschen und Tiere völlig auf und verleibt sich ihre Energie als Nährstoff ein. Dabei wächst er schnell, und je mehr er wächst, desto mehr Nahrung braucht er. Der Rote Dämon bewegt sich durch die Luft, aber er vermag auch im und unter Wasser zu schwimmen oder sich unter der Erde fortzubewegen. Durch einen Ritz oder einen Türspalt kann er binnen Sekunden in ein Gebäude eindringen und es vollständig erfüllen. Für einen Menschen gibt es keine Rettung und keinen Zufluchtsort vor ihm. Denn selbst in einem hermetisch abgeriegelten Atomschutzbunker existiert ein Luftaufbereitungssystem, durch das der Rote Dämon einzusickern vermag.«
»Du meinst, er könnte ganz Japan entvölkern?«
»Tokio bestimmt. Alle Japaner auszurotten, wäre nicht Professor Hakatos Sinn. Er will sich vielmehr zu ihrem Herrscher aufschwingen und das Reich der Mitte zu einem dämonischen Vorposten machen.«
Kamikaze war gut informiert. Ihm als Dämon oder Elementargeist standen natürlich viele Möglichkeiten zur Verfügung.
Mir schauderte bei dem Gedanken, daß Professor Hakato den Roten Dämon in Tokio loslassen könnte. Daß sich eine schreckliche, riesige Wolke vom Himmel auf die Elfeinhalb-Millionen-Stadt herabsenkte und alles Lebendige ausrottete.
»Kann der Rote Dämon denn vernichtet werden?« frage ich.
Kamikaze brauste ungeduldig auf. Sich mit mir so lange unterhalten zu müssen, langweilte ihn. Geduld war nicht die starke Seite des Taifun-Dämons.
»Wenn Professor Hakato stirbt, löst der Rote Dämon sich auf. Hakatos Willen und Magie halten ihn zusammen.«
»Und Hakatos Magie und Macht basieren auf dem Shinto-Schrein. Ich weiß Bescheid. Kannst du mir sagen, wie ich in Hakatos Stützpunkt vordringen soll?«
»Laß dir nur selbst etwas einfallen, John Sinclair. Schließlich bin ich nicht dein Kindermädchen. Wir können einen Pakt schließen. Du entführst den Shinto-Schrein, und ich halte mich bereit, um Professor Hakatos Stützpunkt zu zerstören. Das ist ein großes Entgegenkommen von mir, denn das wird ein hartes Stück Arbeit. Immerhin hat Hakato sich unterirdisch eingeigelt. Da kann ich nicht einfach drüber wegbrausen. Da muß ich in die Tiefe gehen, Springfluten erzeugen, vielleicht noch dem Erd-Elementargeist, diesem tumben Kauz, freundlich tun, damit er ein kräftiges Beben schickt.«
»Dazu müßten wir die Inselbewohner evakuieren.«
»Das ist euer Sake. Von Professor Hakatos Horror-Labor bleibt nichts übrig, dafür garantiere ich, der Taifun-Dämon. Vorausgesetzt, er kann sich nicht auf den magischen Shinto-Schrein stützen.«
»Okay. Du kannst ruhig mal wieder was für dein Image als Schutzgeist Japans tun, Kamikaze. Vor siebenhundert Jahren hast du einmal den Mongolen aufs Haupt gehauen, und dafür läßt du dich heute noch feiern.«
»Zweimal«, berichtigte mich Kamikaze. »Jomyo Meishu begegnete mir mit wesentlich mehr Ehrfurcht als du, John Sinclair. Aber hol’s das Nirwana, du gefällst mir. Du kannst auf mich rechnen.«
Er wollte mich wieder auf der Klippe unten absetzen.
»Halt, Moment noch!« rief ich. »Kannst du mir nicht noch etwas über die Höhlen des Sumisu-Vulkans und die besonderen Gefahren erzählen, die dort lauern?«
»Was denn noch alles? Du strapazierst meine Geduld. Den Shinto-Schrein bewacht der Schatten-Samurai. Untote Wächter stehen vor den Höhleneingängen. Solange er den Silberschrein hat, kann auch eine Silberkugel oder eine magische Waffe Professor Hakato nichts anhaben. Er ist gegen Feuer und Wasser immun, doch wenn du ihm den Schrein raubst, vermögen ihn die Elemente und magische Waffen zu töten.«
Die Wolke, auf der ich saß, wurde zu einer wirbelnden Windbö, die mich rasch tiefer trug, auf die Klippe zu. Ich hätte Kamikaze gern noch einiges gefragt, doch mir blieb keine Zeit. Ich schluckte mehrmals, um den durch den Höhenunterschied bedingten stärkeren atmosphärischen Druck auszugleichen, denn
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