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0037 - Panik in Tokio

0037 - Panik in Tokio

Titel: 0037 - Panik in Tokio Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Appel
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war ich nicht der liebe Gott. Ich überlegte, welche Art Antwort der Taifun-Dämon wohl erwartete. Eine zahlenmäßige nicht, denn das menschliche Zählvermögen reichte für eine so hohe Zahl nicht aus.
    Ich mußte mit einem Symbol, einem Gleichnis, antworten.
    »So viele Sekunden, wie die Weltmeere Wassertropfen haben«, sagte ich nach kurzem Überlegen. »Das Wasser verdunstet und steigt auf, es fällt als Regen wieder auf die Erde und ins Meer nieder. Es ist ein Kreislauf, der besteht, solange es die Welt gibt.«
    Damit konnte er mich nicht festnageln. Der Taifun-Dämon schwieg kurze Zeit, prustete dann eine Windbö aus und gab sich mit meiner Antwort zufrieden.
    »Dieses Rätsel hast du gelöst, John Sinclair. Doch jetzt sage mir, wie lange eine solche Sekunde der Ewigkeit dauert?«
    Darauf antwortete ich ihm mit einer alten Fabel. »Es gab einen Berg, und alle hundert Jahre kam ein Vögelchen geflogen und wetzte seinen Schnabel an dem Berg. Wenn das Vögelchen den ganzen Berg abgewetzt hatte, dann war die erste Sekunde der Ewigkeit vorbei.«
    »Ich sehe, du kennst die Mythologie«, sagte Kamikaze. »Ich bin zufrieden, du hast die Proben bestanden, John Sinclair. Du kannst einen Wunsch an mich richten wie damals der Tsutsui Jomyo Meishu. Ich erinnere mich noch gut an ihn. Er wollte, daß ich die Mongolen vernichte, und das habe ich getan. Hei, war das ein Spaß, das Meer aufzuwühlen und die Schiffe zu zerschmettern, diese Nußschalen! Dann zog ich durchs Heerlager, wirbelte Menschen, Pferde und Zelte durch die Luft und ruhte nicht eher, als bis nichts mehr heil war. Ein netter Zeitvertreib.«
    Nicht für die Mongolen, dachte ich.
    »Du sollst uns gegen den dämonischen Professor Ota Hakato helfen, großer Kamikaze«, sagte ich. »Er hat sein Horror-Labor in den Höhlen des Vulkans auf der Insel Sumisu eingerichet.«
    Kamikaze winkte mit einem dunklen Wolkenfetzen ab.
    »Ich weiß, ich weiß. Ich kenne diese ganze dämonische Sippschaft, den Schwarzen Tod, den Spuk, Myxin den Magier, und wie sie alle heißen. Ich mag sie nicht, diese Widerlinge. Hakato ist übrigens die rechte Hand des Schwarzen Todes hier in Japan.«
    Das hatte ich nicht gewußt. Mit dem Schwarzen Tod war ich schon öfter aneinandergeraten. Einmal hatte er mich sogar in seine Horrordimensionen entführt.
    Daß ich ihm entkommen war und noch lebte, verdankte ich außer meiner Cleverneß und einer tüchtigen Portion Glück noch seiner Rivalität mit Myxin dem Magier.
    Die beiden waren sich schon im alten Atlantis nicht grün gewesen. Myxin war selbst ein Vertreter des Bösen, doch wenn er dem Schwarzen Tod eins auswischen konnte, rang er sich sogar mal eine gute Tat ab. Dann unterstützte er auch mich mal.
    »Ist Professor Hakato ein Mensch oder ein Dämon?« fragte ich.
    »Er wurde als Mensch geboren, aber er ist kein natürliches Wesen mehr. Seine Zauberkraft basiert auf einem silbernen Shinto-Schrein, den ihm der Schwarze Tod gegeben hat. Darin befinden sich die Gebeine des großen Dogen, eines der Pioniere des Zen-Buddhismus. Ota Hakato mißbraucht Dogens Charisma für seine üblen Zwecke. Ohne den Schrein ist seine Magie nicht mehr viel wert. Doch solange er den Schrein besitzt, kann er seinen Stützpunkt auf der Insel Sumisu auf magische Weise abriegeln. Dann kann auch ich ihm dort nichts anhaben, und er wird sich hüten, die Insel zu verlassen.«
    Das war eine krasse Enttäuschung, denn ich hatte gehofft, daß Kamikaze das Horror-Labor mitsamt Professor Hakato und dem Rotem Dämon kurz und klein schlagen würde, ohne daß ich mich groß zu engagieren brauchte. Ein ordentlicher Taifun oder eine Springflut, die freilich die Inselbewohner von Sumisu nicht in Mitleidenschaft ziehen durften, hätten den ganzen Spuk tilgen sollen.
    Meine Absicht war gewesen, Kamikaze bei seinem Ehrgeiz zu kitzeln. Denn wer eine ganze mongolische Invasionsflotte vernichtet hatte, der sollte doch auch einen Dämonenstützpunkt schaffen.
    Doch jetzt saß ich da. Kamikaze konnte nichts ausrichten.
    »Der Shinto-Schrein muß also weg, sonst ist Ota Hakatos Macht zu groß?«
    »Ja, du Erdenwurm. Jemand muß Professor Hakato den Schrein entführen. Damit fände auch der Geist des großen Dogen im Jenseits endlich wieder seine Ruhe. Du wärst ein geeigneter Mann dazu, John Sinclair.«
    Prost Mahlzeit! Jetzt waren wir soweit wie zuvor. Ich mußte doch in das Höhlenlabyrinth von Sumisu eindringen und die Kastanien aus dem Feuer holen. Was erwartete mich dort wohl alles?

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