0038 - Sie kamen aus dem Schattenreich
hallte durch die Nacht.
Die Toten erstarrten mitten in der Bewegung. Doch nichts rührte sich im Schloss. Sie waren nicht gehört worden.
Nacheinander stiegen sie nun durch die entstandene Öffnung. Sie alle waren im Dorf groß geworden und kannten das Schloss genau.
Das machte Mordius sich zunutze.
Er hatte ihnen den Befehl gegeben, das Mädchen zu holen und sie solange festzuhalten, bis er mit dem Professor fertig war.
Lautlos huschten sie durch den Raum hinter dem Fenster. Es war eine Abstellkammer. Eigentlich hätte sie der Schlossdiener hören müssen, doch hatte Mordius im Laufe des Tages gesehen, wie Raffael Bois das Schloss verlassen hatte und nicht wieder zurückgekehrt war.
Vielleicht hatte er Urlaub oder seinen freien Tag. Ihm sollte es nur recht sein.
Die drei Toten fanden ihren Weg schnell.
An der Tür zur Bibliothek blieben sie kurz stehen. Sie spürten die Körperstrahlungen, die aus dem Raum drangen. Dort hielt sich der Professor auf. Doch ihm galt ihre Suche nicht. Sie wollten ein anderes Opfer.
Im ersten Stockwerk war es dann soweit.
Vor einer Tür sagte ihnen der stumme Befehl ihres Meisters, dass sie auf dem richtigen Weg waren.
Hier schlief die Freundin des Schlossbesitzers. Deutlich waren ihre Atemzüge zu vernehmen.
Die drei Ungeheuer zögerten nicht lange.
Der erste von ihnen griff nach der Türklinke. Lautlos drückte er sie nach unten.
Die Tür schwang auf.
Nicole Duval hatte den Vorhang nicht vor das Fenster gezogen.
Fahl fiel das Mondlicht in den Raum und übergoss alles mit einem milchigweißen Schimmer.
Unter dem Laken auf dem Bett hob sich ihre Gestalt in ihren Konturen ab. Die drei Toten betraten den Raum und schlossen die Tür hinter sich. Dann stellten sich zwei von ihnen neben dem Bett auf.
Der dritte bezog am Kopfende des Bettes seinen Posten.
Wie auf ein geheimes Zeichen handelten alle drei gleichzeitig.
Der am Kopfende beugte sich vor und presste mit brutaler Gewalt seine Hand auf den Mund der jungen Frau. Die anderen beiden packten ihren Oberkörper und ihre Beine.
Nicole wachte auf, spürte die ekelhafte Kälte der Totenhand auf ihren Lippen und wollte aufschreien. Mit schrecklicher Genauigkeit konnte sie das Gesicht über sich sehen, aus dem sie ein Paar toter Augen anstarrten.
Sie wollte sich wehren, doch je mehr sie sich hin und her wand, desto stärker wurde der Druck auf ihrem Körper.
Sie begriff nicht, was mit ihr geschah, konnte es einfach nicht fassen. Sie fühlte, wie sie hochgehoben und fortgetragen wurde. Sie dachte an Zamorra, meinte, dass er doch etwas gehört haben musste, aber ihre Hoffnungen waren vergeblich. Es kam niemand und hielt die drei Ungeheuer auf.
Lautlos verließen sie das Zimmer und trugen das Mädchen über den Gang.
Vor der Tür zur Bibliothek wollte sie sich noch einmal aufbäumen und sich bemerkbar machen.
Doch ein brutaler Schlag raubte ihr für einige Augenblicke die Besinnung.
Als sie wieder erwachte, spürte sie an der kalten Luft, dass sie durch den Keller getragen wurde. Eine Tür schwang auf und wieder zu. Ein Schalter wurde umgelegt – und sie begriff, dass die Monster sie in die Folterkammer des Schlosses geschleppt hatten.
An den Wänden standen die Werkzeuge, mit denen brutale Henker jahrhundertelang ihren Opfern echte und falsche Geständnisse entlockt hatten.
Und Nicole wusste nun auch, dass jede Gegenwehr sinnlos sein würde. Sie konnte schreien, soviel sie wollte, hier unten würde sie niemand hören. Der lebende Tote, der ihr den Mund zugehalten hatte, ließ von ihr ab und trat zurück.
Die beiden anderen legten sie auf die Streckbank, die in der Mitte des Raumes stand.
Nicole wollte etwas fragen, wollte wissen, wo Mordius war, doch kein Laut drang aus ihrem Mund.
Das Grauen verschlug ihr die Sprache und lähmte sie fast völlig.
Sie starrte in die aufgedunsenen Gesichter der lebenden Toten und eine Ahnung sagte ihr, dass Mordius sich eine Armee des Todes und des Schreckens geschaffen haben musste.
Sie wollte sich aufrichten, da wurde sie brutal zurückgestoßen. Ihr Kopf prallte hart auf die Holzbohlen, die die Unterlage für ihren Körper bildeten.
Eisige Hände packten ihre Hand- und Fußgelenke.
Etwas Raues wurde um die Gelenke gelegt. Dann fühlte Nicole, wie ihre Beine auseinander gerissen wurden. Das gleiche geschah mit den Armen.
Man hatte sie an die Bank gefesselt. Die Schreckensgestalten ließen von ihr ab.
Als Nicole in die Fratzen der Ungeheuer starrte, wurde ihr fast schlecht.
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