Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
004 - Die Ausgestoßenen

004 - Die Ausgestoßenen

Titel: 004 - Die Ausgestoßenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Frenz
Vom Netzwerk:
Anscheinend war er das Gemeindeoberhaupt, obwohl er sich in dieser Rolle sichtlich unwohl fühlte. Immer wieder sah er sich hilfesuchend nach den anderen Dörflern um, die sich furchtsam hinter seinen breiten Schultern verbargen. Gleichzeitig machten sie ihm mit wilden Gesten deutlich, dass er das Wort ergreifen sollte.
    Schließlich nahm er seine Rolle als Vorsprecher mit resigniertem Grunzen an. Der Hüne richtete sich etwas aus seiner gebeugten Haltung auf und sah mit festem Blick zu Bork hinüber. Der anschließenden Unterhaltung vermochte Matt Drax nicht mehr zu folgen, denn sie entstand nicht, wie Borks Worte zuvor, direkt in seinem Kopf.
    Wie war das überhaupt möglich gewesen? blitzte es kurz in seinem Verstand auf. Wie hatte Bork…
    Der Gedanke verging, so schnell er gekommen war. Matt lauschte dem Gespräch, ohne auch nur ein Wort zu verstehen.
    »Was willst du hier?« grollte der Dorfsprecher abweisend, ohne ein ängstliches Vibrieren in der Stimme unterdrücken zu können.
    »Wir brauchen eure Frekkeuscher!« erklärte Bork in Befehlsgewohntem Ton, während er sein Amulett umfasste. »Wenn ihr uns die Tiere gebt, seid ihr mich gleich wieder los.«
    Bei dieser Forderung ging ein aufgeregtes Murmeln durch die zusammengedrängte Horde. In vielen Stimmen schwang ein Ton der Erleichterung mit, andere Dörfler reagierten dagegen aggressiv.
    »Wir brauchen unsere Frekkeuscher selbst!« empörte sich ein Mann aus der hintersten Reihe.
    »Wie sollen wir sonst unsere Ernte einbringen und auf den umliegenden Märkten verkaufen?«
    »Dann tragen wir die Waren eben wieder auf unseren Rücken«, fuhr eine Frau mit honiggelbem Haar dazwischen. »Hauptsache, wir sind diese verfluchte Sippe so schnell wie möglich wieder los!«
    Zustimmendes Gemurmel unterstützte die Worte der Blonden, bis ihr Anführer alle mit einer herrischen Geste zum Schweigen brachte.
    »In Ordnung«, wandte sich der Hüne an Bork.
    »Du kannst so viele Frekkeuscher haben, wie du willst. Aber danach wollen wir dich und deine Leute nie wieder sehen.«
    »Ihr habt mein Wort darauf«, grinste der Ausgestoßene. »Ich bin bestimmt nicht scharf darauf, in diesen ungastlichen Landstrich zurückzukehren.«
    Während Bork einigen Dorfbewohnern zu den Riesenheuschrecken folgte, blieb Matt apathisch hinter dem Steuer des Jeeps sitzen. Warum sollte er den Männern auch nachgehen?
    Sein Reisegefährte schien doch alles im Griff zu haben.
    Während Bork außer Sicht war, wagten sich die übrigen Dörfler näher an den Jeep heran. In den Gesichtern der Männer, Frauen und Kinder spiegelten sich Wut und Verachtung wider. Dies bestätigte Araks Aussage, dass seiner Familie überall nur Ablehnung entgegenschlug. Hauptsächlich wurden die Mienen der Menschen aber von Angst beherrscht. Fast so, als hätte sie die erste Begegnung mit den Ausgestoßenen in so tiefen Schrecken versetzt, dass sie es nicht wagten, Bork einen Wunsch abzuschlagen.
    Matt machte sich über die Motive der Dorfbewohner keine Gedanken. Eigentlich dachte er in diesem Moment überhaupt nicht nach, sondern spürte nur eine dumpfe Leere in seinem Kopf.
    Er blickte nicht einmal auf, als Bork zum Jeep zurückkehrte. Hinter dem Ausgestoßenen trotteten drei Frekkeuscher heran, die so zahm waren, dass Bork sie nicht einmal an den Zügeln zu führen brauchte. Die dunkelgrünen Riesenheuschrecken schienen die Wünsche ihres neuen Herren instinktiv zu spüren und hielten immer exakt zwei Schritte Abstand zu ihm.
    Du kannst jetzt in unser Lager zurückkehren, erklärte Bork mit seiner Gedankenstimme. Ich folge dir mit den Tieren.
    Matt nickte langsam. Ohne einen Abschiedsgruß startete er den Hummer-Jeep. Obwohl er wie ein Besessener am Lenkrad kurbelte, brauchte er fast den gesamten Marktplatz, um das wendige Fahrzeug zu drehen. Nach einigem Vor- und Zurücksetzen zeigte seiner Motorhaube endlich in die Richtung, in die er zurückfahren sollte. Krachend knüppelte er den ersten Gang ein und fuhr los.
    Es dauerte eine Weile, bis er den holpernden Wagen hochgeschaltet hatte, aber schließlich fuhr er in gleichbleibender Geschwindigkeit zurück ins Lager. Allerdings fiel es ihm immer schwerer, den Wagen auf der Fahrbahn zu halten.
    Kalter Schweiß brach Matt aus allen Poren, während er verkrampft hinter dem Steuer hockte. Immer wieder wischte er sich das salzige Nass von der Stirn, damit es ihm nicht weiter in die brennenden Augen lief.
    Verdammt, dachte er erschöpft. Was ist nur mit mir los?
    ***
    Aruula

Weitere Kostenlose Bücher