004 - Die Ausgestoßenen
erwarten hatte.
Zila war sich dem Kräfteverhältnis zwischen ihnen ebenfalls bewusst, deshalb begnügte sie sich damit, die Barbarin mit bösen Blicken anzufunkeln.
»Ihr Wilden habt vielleicht kein Schamgefühl«, knurrte sie wütend, »aber wenn ich dich noch einmal halbnackt bei meinem Sohn erwische, kratze ich dir die Augen aus!« Aruula sparte sich eine Antwort auf diese leere Drohung.
Die Barbarin spürte genau, dass ihre spärliche Bekleidung nicht der wahre Grund für Zilas Verärgerung war. In Wirklichkeit fürchtete die Ausgestoßene, dass der vertrauensselige Arak etwas ausgeplaudert haben könnte, das besser vor den Fremden verborgen blieb. Ihre Emotionen war so deutlich, dass Aruula sie mühelos erlauschen konnte. Zila spürte, dass ihr ein Fehler unterlaufen war. Gleich darauf verschloss sie ihre Gefühle wieder. So sehr sich Aruula auch bemühte, sie konnte nichts mehr wahrnehmen.
Nachdenklich sah sie der aufgebracht davonstampfenden Mutter hinterher. Arak mochte ein lieber Junge sein, aber seine Sippe wurde ihr immer unheimlicher. Maddrax und sie mussten so schnell wie möglich wieder ihre eigenen Wege gehen.
Da hörte sie auch schon das tiefe Brummen des heranfahrenden Jeeps. Es sah fast so aus, als leide er an Fieber. Sein Gesicht war derart angeschwollen, dass sie ihn kaum wiedererkannte.Erst nachdem sie ihre Frage wiederholt hatte, drehte er sich langsam zu ihr um und antwortete:
»Ich…weiß nicht. Ich fühl mich total fertig. Ich kann mich kaum noch rühren und auch nicht vernünftig nachdenken. Du musst fahren.«
»Was ist mit dir?« rief sie aufgeregt. Zuerst reagierte Maddrax nicht.
Aruula lief zum Zelt zurück, um sich anzuziehen.
Kurze Zeit später ging sie zum Wagen hinüber, in dem Maddrax wie erstarrt hinter dem Lenkrad saß. Als sie näher kam, bemerkte die Barbarin erschrocken, dass er schweißüberströmt war.
»In Ordnung«, versicherte sie. »Ich packe unsere Sachen, dann wir verschwinden. Je eher wir fort von Borks Sippe, umso besser.«
Maddrax schüttelte energisch den Kopf.
»Nein, wir bleiben«, röchelte er. »Die Leute brauchen uns.«
Aruula sah ihren Gefährten zweifelnd an, dann blickte sie zu Bork hinüber, der inzwischen mit den Frekkeuschern das Lager erreicht hatte. Sofort wurde er von seiner Familie wie ein Held nach einer gewonnenen Schlacht umringt. Kaum einer aus der Sippe verschwendete einen Blick an den Kranken im Jeep.
Nur Arak stand etwas abseits und sah betrübt zu Maddrax und der Barbarin hinüber.
»Ich weiß nicht«, beschwor Aruula ihren Gefährten leise. »Die Sippe wird mir immer unheimlicher.«
Trotz seiner Schwäche fuhr Maddrax im Sitz auf und funkelte die Barbarin wutentbrannt an. Mit seinem angeschwollenen Gesicht wirkte er plötzlich wie einer der tumben Affenmenschen, gegen die sie tags zuvor gekämpft hatten.
»Kannst du nicht einfach tun, was ich dir sage?« fauchte er aggressiv.
Gleich darauf wich der dunkle Zug aus seinem Gesicht und er sank müde in den Fahrersitz zurück.
»Tut mir Leid«, entschuldigte er sich.
»Ich bin ganz durcheinander. Bork meint, es war eine Art Sumpffieber, das die Scimaro öfters kriegen. Er kennt Kräuter, die dagegen helfen. Sie wachsen etwa eine-Tagesreise von hier. Deshalb müssen wir ihm folgen, damit er mir daraus einen heilenden Trank brauen kann.«
Aruula kam diese Geschichte seltsam vor. Wie hatte Maddrax sich mit Bork verständigt, um von den Krautern zu erfahren? Aber sie widersprach nicht mehr, um ihn nicht noch weiter zu reizen. Stattdessen eilte sie zurück zum Zelt, um ihre wenigen Habseligkeiten zusammenzuraffen.
***
Vollbepackt kehrte sie zum Jeep zurück und verstaute die Felldecken, Lederplanen und Zeltstangen auf der Ladefläche hinter den Sitzen. Maddrax war inzwischen auf die Beifahrerseite hinübergerutscht und in eine Art Dämmerschlaf versunken.
Aruula blickte zu den Ausgestoßenen hinüber. Sie hatten bereits die Frekkeuscher bestiegen und wollten gerade aufbrechen.
»Es geht los!« schrie Bork im Befehlston.
»Bleibt alle zusammen!«
Aruula feuchtete noch schnell einen Stofflappen mit Wasser an und wischte ihrem Gefährten den Schweiß von der Stirn. Dann setzte sie sich hinters Steuer und fuhr den Frekkeuschern hinterher. Sie schauderte bei dem Gedanken, dass nun sie den Wagen lenken musste. Jetzt hing es von ihrem fahrerischen Können ab, ob Maddrax den nächsten Tag erlebte.
Mit dem Jeep und den Riesenheuschrecken ging es ohne große Pausen in Richtung Westen
Weitere Kostenlose Bücher