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004 - Kerry kauft London

004 - Kerry kauft London

Titel: 004 - Kerry kauft London Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
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seinen Gästen. »Meine Schwester fühlt sich nicht ganz wohl. Sie ist überhaupt in letzter Zeit ziemlich niedergeschlagen.«
    Da kam ihm der teuflische Gedanke; jener blitzartige Antrieb zum Verbrechen, der schon manchen an den Galgen gebracht hat. »Zehn Tage!« schoß es Hermann Zeberlieff durch den Kopf. »Tu es jetzt!«
    »Wir sind hier alle gut Freund«, fuhr er nach kaum merklicher Pause fort, »und ich kann es nicht verhehlen, daß sie mir Sorgen macht… sie hat ausgesprochene Selbstmordgedanken.«
    Ein bedauerndes Murmeln wurde hörbar.
    »Ich will eben noch einmal nachsehen, wie es ihr geht, und dann wollen wir speisen.«
    »Ich glaubte Ihre Schwester am Fenster gesehen zu haben«, bemerkte Leete und fügte schmunzelnd hinzu: »Ich fühlte mich außerordentlich geschmeichelt, daß sie mir zuwinkte.«
    Hermann sah ihn mit unverhohlener Überraschung an. Er wußte, daß Vera Leete haßte. Es würde eine unvermutete Schwäche bedeuten, wenn sie sich bemühte, sich mit seinen Genossen anzufreunden; aber es bestätigte nur ihre Worte: Sie hatte Angst und klammerte sich an Strohhalme, selbst an einen so widerlichen Strohhalm wie Leete.
    Hermann verließ ohne weiteres das Zimmer und ging die Treppe hinauf. Er spürte weder Furcht noch Gewissensbisse wegen der furchtbaren Tat, die er vorhatte. Er ging nicht direkt in das Zimmer, in dem sie sich befand, sondern schlüpfte in ihr Schlafzimmer, das mit dem Wohnzimmer in Verbindung stand. Leise, verstohlen bewegte er sich.
    An der Seite des Fensters hing eine lange, seidene Vorhangschnur. Er zog einen Stuhl heran, trat geräuschlos darauf und schnitt die Schnur hoch oben ab. Ebenso leise stieg er wieder vom Stuhl herunter.
    Er hatte drei Minuten Zeit. In drei Minuten würde er bei seinen Gästen sein und lächelnd die Abwesenheit seiner Schwester entschuldigen; und in dieser Zeit würde dieses schöne Geschöpf mit »selbstmörderischen Absichten« schlaff am …
    Er sah sich nach einem passenden Haken um und fand einen, der auch ihn hätte tragen können, hinter der Tür.
    Das würde der Platz sein. Schnell machte er an dem einen Ende der Schnur eine Schlinge und verbarg sie in der Hand hinter seinem Rücken. Dann öffnete er die Tür und trat in das Wohnzimmer.
    Vera saß am Fenster und erhob sich in jähem Erschrecken. »Was hast du in meinem Zimmer getan?« »Ich habe deine Juwelen gestohlen«, scherzte er; aber sein geheuchelter Humor beruhigte sie nicht.
    »Wie kannst du es wagen, mein Zimmer zu betreten?« schrie sie furchtsam.
    »Ich möchte die Sache noch einmal mit dir besprechen«, sagte er sanft. Dabei streckte er die Hand aus, um sie zu packen. Sie fuhr zurück.
    »Was hast du hinter deinem Rücken?« flüsterte sie schreckensbleich.
    Er sprang sie an und schlang einen Arm um sie, so daß ihre beiden Arme eingezwängt waren. Dann erkannte sie seine Absicht, als er die andere Hand hob, um ihr den Mund zuzuhalten.
    Die Schlinge rutschte auf seinen Arm, und er benutzte die linke Hand, um Vera zum Schweigen zu bringen.
    »Erbarmen!« keuchte sie.
    Er lachte ihr ins Gesicht. Dann fand er die Schlinge und streifte sie ihr über den Kopf.
    »Kerry weiß! Kerry weiß!« sagte sie mit erstickter Stimme. »Ich habe … ihm geschrieben. Sein Detektiv… bewacht das Haus Tag und Nacht - oh!«
    Die Schlinge berührte ihren Hals. »Du hast ihm geschrieben?«
    »Habe ihm geschrieben … mordest … mich … Ich signalisiere alle halbe Stunden … fällig in fünf Minuten.«
    Ganz langsam ließ er sie los und lachte leise. Er hatte sie an eine Stelle geschoben, von wo er durch das Fenster sehen konnte. Da stand ein Mann mit dem Rücken gegen das Parkgitter gelehnt und rauchte einen Zigarrenstummel. Er beobachtete das Haus und wartete auf das halbstündliche Signal.
    »Du hast sicherlich nicht geglaubt, daß ich ein so guter Schauspieler bin«, sagte Hermann mit starrem Lächeln.
    Sie taumelte zum Fenster und sank in einen Stuhl.
    »Ich habe dich doch nicht erschreckt?« fragte er gleich darauf beinahe zärtlich. Sie bebte am ganzen Leib.
    »Hinaus! Hinaus! Ich kenne jetzt dein Geheimnis!« Er verließ sie mit einem leichten Schulterzucken. Die Schnur nahm er mit, denn es war ihm doch zu gefährlich, solch furchtbares Beweismaterial zurückzulassen.
    Sie wartete, bis sie ihn im Flur unten sprechen hörte, dann floh sie in ihr Zimmer und verschloß die Tür hinter sich.
    Mit bebenden Händen traf sie ihre Vorbereitungen. Sie kleidete sich so schnell wie noch nie in ihrem

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