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0041 - Die Treppe ins Nichts

0041 - Die Treppe ins Nichts

Titel: 0041 - Die Treppe ins Nichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franc Helgath
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das bekommen, was diese armen Opfer an irdischen Gütern bei sich trugen. Damit haben Sie sich dieses Haus gekauft. Sie waren der Lockvogel, denn Jaime y Ronza di Saratoga brauchte die Seelen der Menschen, um ganz in diese Welt zurückzukehren. Wie viele brauchte er?«
    Zamorra hatte sich drohend vor der Frau aufgebaut. »Hat er schon genug? Sollten Sie ihm heute Nacht diesen Trank bringen?«
    Die Frau war völlig zusammengebrochen. Entgeistert schaute sie Professor Zamorra an. »Sie können Gedanken lesen…«, kam es dann tonlos.
    »Nein«, antwortete Zamorra. »Das kann ich nicht. Aber ich kann zwei und zwei zusammenzählen. Ich habe mir ein Mosaik gebaut. Und jetzt ist es fast fertig. Aber das Bild kann man schon erkennen.«
    »Welches Mosaik? Welches Bild?«
    »Vergessen Sie es. Sie kommen jetzt mit. Sie führen mich in diese Kammer. Die letzten Fragen brauchen Sie mir nicht mehr zu beantworten. Ich weiß, was Sie darauf sagen würden. Jaime y Ronza hat die Zahl der nötigen Opfer beisammen.«
    Die Frau ließ den Kopf hängen. Ihre Reaktion war Zamorra Antwort genug.
    »Dann kommen Sie jetzt!«, fuhr er sie an und wollte sie an den Armen hochreißen.
    Der Arm war schlaff. Er gab nach, wie der einer Puppe. Die Frau rutschte vom Stuhl. Ihre Augen blickten seltsam verdreht nach oben.
    Zamorra brauchte keinen Arzt, um festzustellen, dass sie tot war.
    Lang lag ihr Körper über den Boden gestreckt.
    Ein Herzschlag?
    Oder ein weiteres Seelenopfer an den Henker von Saratoga? Zamorra fühlte, wie das Amulett um seinen Hals heiß zu brennen begann. Er würde das Medaillon brauchen, um sich der Höllenkraft entgegenstemmen zu können…
    ***
    Eine Gestalt schwebte die Treppen hinab. Nicole konnte sie aus den Augenwinkeln beobachten. Ein weißer, bis zur Brust reichender, wallender Vollbart. Flecken wie Rost an den seitlichen Haarspitzen.
    Sehr hager und eingefallen. Pludrige Gebilde an den Oberschenkeln über schwarzberockten, dürren Waden. Ein silbern besticktes Wams.
    Puffärmel. Dunkle Augen unter einer aristokratisch hohen Stirn. Der spitz zulaufende, schwarze Hut mit der schlappen, breiten Krempe.
    Jaime y Ronza. Der Henker von Saratoga.
    Seine dürren Beine berührten die Erde nicht, obwohl sie pendelten, als würde die Gestalt gehen. Wie die schwarzen Perpendikel einer Wanduhr. Kein Laut in dieser Stille.
    Die Gestalt leuchtete aus sich selbst heraus. Ihr fahler Schein legte sich wie eine Kruste aus Raureif über das warme Gelb des von den Fackeln verströmten Lichtes. Lautlos kam die Gestalt näher, einen Hauch von Kälte nach sich ziehend und wie eine Bugwelle vor sich herschiebend. Eine schauderhafte, eine tödliche Kälte. In diesem unwirklichen Doppellicht erschien das Innere der Folterkammer noch gespenstischer, als es ohnehin schon war.
    In der Mitte des Gewölbes stand der Feuerkessel. In ihm waren früher die Folterinstrumente erhitzt worden. Nicht um sie keimfrei, sondern um sie noch schmerzhafter zu machen. Auf diesen Kessel trat die Gestalt zu.
    In einer pathetischen, wie ein Ritus wirkenden Geste tauchten die knochigen Finger der fahl strahlenden Gestalt wie in ein Taufbecken. Flammen loderten urplötzlich hoch, loderten hoch bis knapp unter die Decke. Es war ein grünliches Licht, das sie verströmten und das die Fackeln an den Wänden wie kleine Kerzen erscheinen ließ, die ihre Kraft nutzlos verstrahlten. Die Gestalt trat zurück. Sie war eingehüllt von diesem grünen Schein.
    Beide Arme hatte sie jetzt hoch über den Kopf gestreckt. Die weißen Lippen murmelten Worte, die Nicole nicht verstand. Aber sie konnte hören. Danach musste es vorher still wie in einem Grab gewesen sein. Sogar die Fackeln hatten nicht geknistert.
    Nicole konnte gut sehen, was die Gestalt machte. Sie wandte sich in die Runde, und fast liebevoll streifte ihr flackernder Blick die Opfer in den Folterinstrumenten. Wohlgefällig ruhte er auf Miguel Cranos, glitt weiter auf dessen Sohn, auf die Tochter und die etwas pummelige Frau des ehemaligen Spediteurs aus Sevilla. Die Blicke wanderten weiter zu Piere Laguère und Nana und Josephine, über Rigo Velasques und die anderen und blieben schließlich forschend bei Nicole hängen.
    Lider mit eisgrauen Wimpern senkten sich und nahmen dem Blick für Sekunden die stechende Schärfe.
    Das war die Sekunde, in der die Dienerin dieses Dämons an Herzversagen starb. Als die Gestalt Nicole wieder anstarrte, war sein Gesicht zu einer hassverzerrten Fratze geworden. Die Gestalt wurde

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