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0041 - Die Treppe ins Nichts

0041 - Die Treppe ins Nichts

Titel: 0041 - Die Treppe ins Nichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franc Helgath
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Außergewöhnliches.
    Aber doch: Etwas Außergewöhnliches gab es schon! Oder wo sonst steht ein Kessel auf einem modernen Elektroherd, aus dem noch der Schwanz einer Schlange ragt? Ein Küchenbrett war blutbesudelt. Und noch etwas fesselte Zamorras Aufmerksamkeit.
    Das Buch auf der Anrichte gehörte nicht hierher. Es hätte eigentlich auf seinem Nachttisch im Hotel Esplanada liegen müssen…
    ***
    In das Wachsfigurenkabinett des Grauens war Licht gedrungen. Ein sehr effektvolles Licht, obwohl es nur die damalige Wirklichkeit widerspiegelte. Die Schatten der einzelnen Folterinstrumente und Marterwerkzeuge flackerten im Schein der Fackeln an den Wänden, tanzten auf und nieder in einem grässlichen Reigen. Ihr Schein schien den Figuren Leben einzuhauchen, obwohl sie immer noch starr wie vorher in ihren Mordwerkzeugen hingen.
    Ein Polizeibeamter von der Vermisstenabteilung hätte sie wohl alle erkannt, wenn er ein gutes Gedächtnis gehabt hätte. Irgendwann hatten die Fotos der meisten dieser armseligen Leute hier vor ihm auf dem Schreibtisch gelegen. Jetzt waren sie in Akten vergraben und setzten Staub an.
    Miguel Cranos hatte ein Fuhrunternehmen in Sevilla gehabt, bevor er samt seiner Familie in den Pyrenäen verschollen war. Sein Geschäft war nur klein gewesen. Kein großer Fall auch für die Polizei.
    In seinem Falle waren die Ermittlungen ebenso im Sande verlaufen, wie bei den übrigen Opfern in diesem grässlichem Verließ tief unter einer kahlen Bergkuppe.
    Alles, was pervertierter menschlicher Geist im Mittelalter ersonnen hatte, fand sich auch in der Kammer des Henkers von Saratoga wieder.
    Er selbst war es gewesen, der einige entscheidende »Verbesserungen« erfunden hatte.
    Cranos’ einzige Tochter lag in der »Eisernen Jungfrau«. Ebenfalls zu Stein erstarrt. Sie fühlte keinen Schmerz, genauso wie alle anderen in diesem Verließ.
    Auch Miguel, der Jüngere, war da. Er konnte sich ebenfalls nicht bewegen, war genau wie die anderen kalt und wie zu Stein erstarrt.
    Nichts fehlte in diesem Gruselkabinett, wo im Namen Gottes die schrecklichsten Schmerzen zugefügt wurden.
    Das Leben eines Menschen galt nicht viel in jener Zeit…
    Jetzt sollte sie wieder auferstehen…
    Das Mittelalter lebte wieder auf in diesen Sekunden. Vom Henker Jaime y Ronza war nur der böse Geist geblieben. Sein Körper existierte nicht mehr. Er war verwest, oder die Hölle hatte ihn verschlungen, oder er war auch nur auf dem Scheiterhaufen verglüht, nachdem die aufgebrachte Volksmenge ihn ins Feuer geworfen hatte. Die letzte Möglichkeit sahen die Geschichtsschreiber als erwiesen an. Auch sie glaubten nicht an die Legende von dem Schlund, der sich auf dem Marktplatz von Ainsa geöffnet haben sollte. Wahrscheinlicher war, dass die Bevölkerung Ainsas dieses Märchen nur erfunden hatte, um der Rache der königlichen Truppen zu entgehen.
    Sie wollten ein »Gottesgericht« erlebt haben, damit sie den Schergen der Inquisition entkamen. Es hatte ihnen nichts genutzt, wie man heute weiß.
    Und trotzdem war damals etwas geschehen, was den Rahmen des Verstehbaren sprengt. Der böse Geist des Henkers hatte die Zeiten überlebt.
    Als Dämon. Als Inkarnation des Bösen…
    Und jetzt schickte er sich an, ein grauenvolles Fest zu feiern. Der Henker von Saratoga stieg heraus aus der Vergessenheit, in die der Fluch eines unschuldigen Mädchens ihn einst verbannt hatte.
    Jaime y Ronza di Saratoga lebte…
    ***
    Zamorras Blick blieb an dem Buch hängen. Die Frau sah diesen Blick, und sofort stellte sie sich neben die Anrichte. Aber sie musste auch erkennen, dass sie das Buch zu spät abgedeckt hatte. Immer noch wegen des Vorfalls mit der Katze und dem plötzlichen Übergriff des Professors um Fassung ringend, stammelte sie: »Ich glaube, ich muss Ihnen etwas erklären, Professor Zamorra.«
    »Das glaube ich auch. Aber ich kann mich nicht erinnern, mich Ihnen jemals vorgestellt zu haben.«
    Die Frau senkte schuldbewusst die Augen. Gespielt schuldbewusst? Sie würde jedenfalls auf einen Zamorra treffen, der sich nicht so leicht ins Bockshorn jagen ließ. Er war gefasst. Auf alles. In erster Linie auf Lügen.
    »Ihren Namen habe ich von Vincente. Er hat auch das Buch mitgebracht. Er sagte, er hätte es von Ihnen geliehen bekommen.«
    »So, so. Sagte er das?« Professor Zamorra blieb äußerlich ganz ruhig. »Und heute Abend gibt es Schlange zu essen, nicht wahr? Ein ziemlich unübliches Mahl für diese Breiten, meinen Sie nicht auch?«
    Das Gesicht der

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