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0043 - Die Geister-Lady

0043 - Die Geister-Lady

Titel: 0043 - Die Geister-Lady Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A.F. Morland
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brüllten plötzlich viele Männerkehlen auf.
    Ein mächtiger Baum fiel… direkt auf Tichon Sellnow zu …
    ***
    Ebenfalls im Morgengrauen hatte sich Semjon Muratow aus dem Haus der Dagorskis gestohlen. Er hatte die Absicht, seinen Schulfreund Fedja Lipski aufzusuchen, um sich zu erkundigen, wie die Treibjagd auf ihn verlief. Vielleicht war sie bereits wieder eingestellt worden, dann brauchte er sich nicht mehr zu verbergen, dann konnte er, gemeinsam mit Fedja, an die Ausarbeitung eines Fluchtplanes gehen.
    Natürlich machte Semjon einen großen Umweg, ehe er sein eigentliches Ziel ansteuerte. Er trug nun Kleider von Oleg Dagorski. Sie waren ihm zwar ringsherum zu groß, aber sie waren wenigstens warm und nicht zerrissen. Das zählte.
    Auch Geld hatte Semjon gefunden. Er wollte es nur dann ausgeben, wenn es unbedingt notwendig sein sollte. Aber es war immerhin ein beruhigendes Gefühl, welches zu besitzen.
    Fedja war nicht zu Hause.
    Ein wenig ratlos stand Semjon Muratow vor der verschlossenen Tür. Die dicke Pelzmütze saß tief in seinem Gesicht. So leicht war er nicht mehr zu erkennen.
    Misstrauisch schaute er sich um. Fedja war sein Schulfreund gewesen. Der KGB wusste das. Vielleicht rechnete man damit, dass er irgendwann hier auftauchen könnte. Man brauchte nur dieses Haus rund um die Uhr zu beobachten…
    Dieser Gedanke erschreckte ihn. Obwohl ihm niemand auffiel, der das Haus seines Schulfreundes beobachtete, wandte er sich hastig um und lief davon. Es sah nach Flucht aus.
    ***
    Pjotr Ulanow reagierte blitzschnell. Krachend sauste der mächtige Baum auf seinen Freund herab. Tichon Sellnow stand wie angewurzelt da. Er vermochte sich nicht zu bewegen. Ulanow packte ihn an den Schultern und riss ihn keuchend zur Seite.
    Im selben Augenblick knallte der riesige Baum neben Sellnow auf den Boden. Der Knall hallte durch den dichten Taigawald. Eine enorme Staubwolke wurde hochgewirbelt. Als der Baum auf die Erde aufgeschlagen war, hatte Ulanow es wie ein Erdbeben wahrgenommen. Nun senkte sich die Staubwolke auf ihn und auf Sellnow.
    Sie begannen zu husten.
    Alle anderen Holzfäller kamen mit verstörten Gesichtern angelaufen. Es war ihnen allen unverständlich, wie der Baum in diese Richtung hatte fallen können. Nur Sellnow und Ulanow wussten, weshalb er so und nicht anders umgefallen war…
    »Ist ihm etwas passiert?«, fragten die Männer aufgeregt. »Ist Tichon in Ordnung? Hat ihn der Baum erwischt, dieser verfluchte hölzerne Teufel?«
    Ulanow erhob sich. Sein Gesicht war bleich. Sellnow rappelte sich ebenfalls hoch. Viele Hände griffen nach ihm. Jeder wollte ihm helfen, jeder wollte wissen, wie es ihm ging, und als er ihnen allen herzlich für die Anteilnahme dankte und ihnen versicherte, dass ihm nichts geschehen wäre, atmeten sie erleichtert auf. Einige von ihnen brachten ihre Wodkaflaschen.
    »Hier, Tichon. Spül den Schrecken hinunter.«
    Sellnow trank, weil er sie nicht beleidigen wollte. Als er wieder nach seiner Axt griff, war das ein Zeichen für die anderen, dass sie sich um ihn keine Sorgen mehr zu machen brauchten. Sie kehrten an ihre Arbeit zurück.
    »Siehst du«, sagte Sellnow zu seinem Freund Ulanow. »Wenn du nicht gewesen wärst, würde ich jetzt schon nicht mehr leben. Dieser verfluchte Baum hätte mich in die Erde gedroschen! Zu Brei hätte er mich geschlagen, diese Bestie aus Holz! Er hätte der verlängerte Arm dieses verdammten Spuks sein sollen…«
    Pjotr schaute Sellnow ernst an. »Du hast gesagt, ein Mensch, der die weiße Frau zu Gesicht bekam, hat kein Glück mehr.«
    »Ist doch richtig. Der Baum beweist es.«
    »Er beweist gar nichts, Tichon. Du darfst dich nicht so stark an diesen Aberglauben klammern. Du wärst heute nicht der erste Holzfäller gewesen, der von einem Baum erschlagen wurde. Aber du hast Glück gehabt – hörst du mich? Ich sagte Glück!!! –, denn ich habe dich vor diesem Baum gerettet.«
    Sellnow schüttelte den Kopf. »Das hat doch mit Glück nichts zu tun, Pjotr. Das war Zufall. Du hast zufällig hier neben mir gestanden.«
    »Und ich sage dir noch einmal, du hattest ungeheures Glück, Tichon Sellnow. Glück. Und nicht Unglück!«
    Tichon ließ diese Worte unwidersprochen. Trotzdem war er felsenfest davon überzeugt, dass ihm ein willkürlicher Zufall das Leben gerettet hatte. Eine Stunde später sprach er mit dem Vorarbeiter wegen seiner Versetzung. Egal wohin, nur fort von hier. Er nannte keinen besonderen Grund – oder zumindest nicht den wahren. Er

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