0045 - Ich entkam der Teufelshöhle
sie gleich oben stehen lassen, als sie ihn abholten.«
Phil wandte sich an mich.
»Auch klar. Der vierte Mann gebrauchte dann wohl den Vorwand, seine Tasche vergessen zu haben, um allein in die Wohnung gelangen zu können. Bei der Gelegenheit brachte er dann die Bombe so an, dass sie beim Öffnen der Tür explodieren musste.«
»So wird es wohl gewesen sein«, meinte ich.
Phil wandte sich wieder an den Pförtner. »Wie lange blieb der Mann in Marsellis Wohnung?«
»Er war bestimmt eine Dreiviertelstunde oben.«
»Durften Sie denn einen Fremden allein in eine Wohnung lassen?«
»Ich wusste ja nicht sicher, dass der Mann in Marsellis Wohnung ging. Er ging einfach an meiner Loge vorbei, ohne zu fragen. Vielleicht hatte ihm Marselli selbst den Schlüssel gegeben.«
Ehe Phil weiterfragen konnte, klingelte das Telefon. Ich trat an den Apparat und nahm den Hörer ab.
»Cotton.«
»Zentrale. Ein Gespräch für Sie, Agent Cotton. Ich verbinde.«
Eine Weile hörte ich schweigend dem aufgeregten Wortschwall des Sprechers am anderen Ende der Strippe zu, dann unterbrach ich und sagte: »Es ist gut. Wir sind in ein paar Minuten bei Ihnen.«
Ich warf den Hörer auf die Gabel.
»Komm, Phil, wir müssen weg.«
Phil fragte nicht. Er wusste, dass man in Gegenwart von Häftlingen nicht über irgendwelche Dinge spricht, die diesem auch nur den geringsten Einblick in die Arbeit des FBI geben könnten. Phil rief die Haftabteilung an, die einen Mann schickte, der Martens wieder abholte.
»Wie lange muss ich noch hierbleiben?«, fragte Martens, als er abgeführt wurde.
Phil zuckte die Achseln.
»Wir werden feststellen, ob Sie die Wahrheit gesagt haben. Vielleicht können wir Sie heute Nachmittag entlassen.«
Einen Augenblick lang zögerte Martens, dann bat er: »Können Sie mich nicht hierbehalten, bis Sie die Burschen hinter Schloss und Riegel haben?«
Phil verstand sofort.
»Ich mache Ihnen einen Vorschlag, Martens«, sagte er. »Sie packen rücksichtslos aus, was Sie von den Mobstern wissen, und wir versprechen Ihnen dafür, dass wir für Ihre persönliche Sicherheit sorgen werden. Durch Schutzhaft oder durch ein Aufgebot von G-men, die Sie in den nächsten Tagen bewachen werden. Was halten Sie von meinem Vorschlag?«
Tom Martens war noch unschlüssig. Ich half ein bisschen nach.
»Sie sind vorbestraft. Wenn Sie jetzt Kidnapper decken, wird das sehr böse für Sie werden. Die Gerichte werden Sie in diesem Fall mit einer empfindlichen Strafe belegen. Es kommt mir so vor, als ob Sie versucht hätten, ein ehrliches Leben anzufangen. Führen Sie diesen Vorsatz durch, wir helfen Ihnen dabei. Das FBI steht auf der Seite jedes Menschen, der 'wirklich nach den Gesetzen leben will, auch wenn er einmal früher gestrauchelt ist. Wir werden schätzungsweise in ein bis zwei Stunden zurück sein. Sagen Sie uns dann Ihre Entscheidung. Und vergessen Sie nicht, Martens: Am Ende siegt immer das Recht, und wer auf der Seite der Gesetzlosen steht, der gehört immer zu den Verlierern.«
Tom Martens hob aus einem mir unbekannten Grunde ein wenig den linken Arm. Ich nutzte die Gelegenheit und deutete auf die Narbe an seiner Hand, die sich rot an seinem Unterarm hinaufzog.
»Es ist fraglich, ob es beim nächsten Mal so glimpflich für Sie abgehen würde«, sagte ich.
Einen Augenblick lang trafen sich unsere Blicke. Ich sah in die Augen eines Mannes, der nicht schlecht war, den das Leben aber in eine scheußlich harte Schule geschickt hatte.
Wir beeilten uns nach diesem Aufenthalt, endlich das Distriktgebäude zu verlassen. Erst als wir in meinem Jaguar saßen, fragte Phil: »Was ist eigentlich los, Jerry?«
»Der Boss vom Waldorf Astoria hat angerufen. Miss Arpád ist noch immer nicht aufgetaucht. Dafür scheint jemand ihr Zimmer durchwühlt zu haben.«
***
Der Chef des Waldorf Astoria erwartete uns wieder in der Halle neben der Empfangsloge. Sein schwarzer Cut stand in auffallendem Kontrast zu seinem bleichen Gesicht. Ein Dutzend Sprachen schwirrten durcheinander. Menschen aus allen Kontinenten durchquerten die Halle. Niemand nahm Notiz von Phil und mir.
»Es ist entsetzlich!«, stöhnte der Direktor. »Es ist ganz entsetzlich! Ein Gast unseres Hauses spurlos verschwunden! Das ist unfassbar!«
Ich versuchte den Mann zu beruhigen. »Vielleicht findet diese ganze Geschichte eine absolut harmlose Aufklärung.«
Er seufzte und wischte sich den Schweiß von der Stirn. Ich erklärte ihm, dass wir zunächst einmal Miss Arpáds
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