0045 - Ich entkam der Teufelshöhle
dessen Kinn von einer breiten Narbe verunstaltet wurde. Mit einem Satz war ich im Wohnzimmer und ging hinter einem Sessel in Deckung.
»Habt ihr nicht gehört, was ich sagte? Einzeln aus dem Zimmer kommen!«, forderte ich. »Ein bisschen Beeilung und schön die Hände hoch!«
»Wir möchten mit Ihnen sprechen, Cotton«, antwortete jemand aus dem Schlafzimmer.
»Schießen Sie los!«, erwiderte ich, ohne meinen Platz zu verlassen. »Und kommen Sie ins Zimmer!«
Über die Armlehne meines Sessels hinweg konnte ich erkennen, dass sich der Kerl mit der Narbe und ein zweiter, den ich bisher noch nicht gesehen hatte, mit auf dem Kopf gefalteten Händen vorsichtig in mein Wohnzimmer schoben. Ich wusste, dass ich Ernstfalls schneller im Ziehen sein würde als sie, und ich schob deshalb meine Pistole zurück ins Schulterhalfter.
Drei Schritte vor mir blieben die Burschen stehen und musterten mich neugierig. Der mit der Narbe am Kinn mochte zwanzig bis dreiundzwanzig Jahre alt sein. Er wog gut und gerne an die zwei Zentner und hatte die Figur eines Schwergewichtlers. Der Blick seiner blaugrauen Augen wirkte brutal und intelligenzlos.
Der andere konnte ein paar Jahre älter sein. Neben dem Kleiderschrank wirkte er fast schmächtig, obgleich er sicher kein Schwächling war.
»Also«, sagte ich, »was hat es mit diesem liebenswürdigen Besuch auf sich?«
Ich merkte es eine halbe Sekunde zu spät, was los war, nämlich in dem Augenblick, als ich hinter mir ein leises Geräusch in der Luft wahrnahm.
Ich warf mich blitzschnell herum, aber der mir zugedachte Schlag mit einem Totschläger erwischte mich doch noch an der linken Schulter. Ich merkte, dass mein Jackett zerriss, als die metallenen Zacken des Totschlägers sich in den Stoff gruben. Es war also noch ein dritter Mann in der Wohnung gewesen. Er mochte sich in der Küche oder im Bad aufgehalten haben und hatte dann nach mir das Wohnzimmer betreten. Man hatte mich jedenfalls herrlich hereingelegt.
Sie fielen zu dritt über mich her. Ich trat nach hinten aus, ohne zu sehen, ob ich treffen würde. Gleichzeitig schlug ich die geballte Rechte dem Burschen mit der Narbe ans Kinn. Dann verpasste mir jemand einen ziemlich schmerzhaften Schlag, der mir vorübergehend die Luft nahm. Ich taumelte und ging in die Knie, wurde aber sogleich wieder hellwach, als einer der Gangster ein Klappmesser zum Vorschein brachte.
Mir fiel der unerfreuliche Anblick ein, den Marsellis Leiche geboten hatte, und etwas in mir begriff, dass ich nicht für eine Sekunde zu Boden gehen durfte, wenn ich je wieder aufstehen wollte.
Mit einem Satz sprang ich vorwärts und hinter einen Sessel. Die drei zögerten einen Augenblick. Ich keuchte und war froh, eine halbe Minute zum Luftschöpfen zu haben.
»Gib’s auf, G-man!«, rief der Kerl mit der Narbe. »Wir wollen nur mit dir reden!«
Sein ganzes Gesicht war eine einzige Lüge.
Ich nickte. »Natürlich! Mit einem Totschläger auf meinen Kopf, nicht wahr?«
***
Langsam schob ich mich nach links. Der Narbenkerl sprang plötzlich vor. Er hatte einen Hocker hochgehoben und sich ganz offensichtlich meinen Kopf als Zielscheibe dafür ausgesucht.
Ich erinnerte mich des Satzes, dass Angriff die beste Verteidigung sei und lief unter seinen hochgerissenen Armen mit gesenktem Kopf hindurch. Mein Kopf traf ihn in der Brust und warf ihn quer durch das Zimmer. Der Hocker fiel in meinen Rücken, aber ich spürte es nicht sonderlich.
Dafür war plötzlich jemand an meinem Bein. Vom Schienbein ging ein höllischer Schmerz aus, als mir der Totschlägerknabe mit aller Wucht gegen das Bein trat. Mir schossen Tränen des Schmerzes in die Augen, aber ich sah noch genug, um ihm zwei Brocken in die kurzen Rippen zu setzen, die ihn seitlich wegtaumeln ließen.
Dafür kam Nummer drei. Er hielt sein Messer in der Hand und hatte die Arme nach den Seiten ausgebreitet wie ein Gorilla. Vielleicht war es derselbe Bursche, der Marselli auf dem Gewissen hatte. In mir schnappte allmählich etwas ein.
Ein oder zwei Sekunden standen wir uns gegenüber, die Blicke ineinander gebohrt. Und dann wollte er mich mit einer dummen Finte hereinlegen. Er warf den linken Arm nach vorn, wo er doch das Messer in der rechten Hand hielt.
Ich steckte den Schlag mit seiner Linken gegen meine Hüfte ein, ohne auch nur einen Zentimeter zur Seite zu weichen. Dafür knallte ich ihm meinen linken Unterarm hart gegen sein Ellenbogengelenk, als er mit dem Messer kam.
Das Messer ratschte ein bisschen
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