0045 - Ich entkam der Teufelshöhle
unsere Fingerabdruckkartei auch noch meldete, einen echten Renoise gäbe es gar nicht, sondern nur einen Hochstapler, der sich manchmal so nenne, und dieser Verbrecher werde seit zwei Jahren von INTERPOL gesucht, da fiel mir ein Mann ein, der eine Vorliebe für Farbfotos aus Frankreich hat, nämlich Sie, Mister Sellini. Frankreich und Italien waren die beiden Punkte, die Sie mit dem Hochstapler gemeinsam hatten, also warum sollte man Sie nicht einmal eine Weile unauffällig beobachten? Mich wundert nur, dass das Verwaltungsgremium der Met auf Ihre Hochstapelei hereingefallen ist und Sie als kaufmännischen Leiter einstellte.«
Sellini lachte.
»So verwunderlich ist das gar nicht. Der geschäftsführende Direktor hat den größten Ärger, und die Met steht ja bekanntlich jedes Jahr einmal, in schöner Regelmäßigkeit, vor der Pleite. Um den Posten reißt man sich nicht gerade. Deswegen bekam ich ihn wahrscheinlich. Abgesehen davon, dass ich mich auf Menschenbehandlung verstehe.«
Ich nickte.
»Klar. Sonst wären Sie kein Hochstapler. Nur wer die Menschen zu nehmen weiß, hat Aussichten, sein Leben auf diese Art und Weise zu fristen. Aber auch nur eine gewisse Zeit lang! Wie lange dauerte denn jetzt Ihr Gastspiel als Direktor der Oper?«
»Knapp vier Wochen.«
»Na, das ist ja nicht sehr lange. Verraten Sie mir doch um Himmels willen noch, warum Sie Ferrucci entführen ließen?«
»Weil ich sein Geld haben wollte, das ist doch klar. Der Mann ist vermögend.«
»Und er zahlte wohl nicht so schnell, wie Sie es sich gedacht hatten?«
»Eben nicht! Deswegen musste ich ja die kleine Arpád auch noch holen lassen.«
»Ich verstehe, Sie setzten Ferrucci unter Druck, indem Sie wahrscheinlich drohten, Sie würden der Arpád irgendetwas Böses zufügen, wenn er nicht sein ganzes Geld Ihnen überließe?«
Sellini erwiderte nichts.
»War es so?«, fragte ich ein wenig schärfer.
»Ja.«
»Welche Rolle spielte Marselli?«
»Ich kannte ihn von einem Gefängnisaufenthalt. Er erpresste mich um kleinere Beträge. Er drohte, meine Existenz zu ruinieren, indem er das Verwaltungsgremium von meiner Vergangenheit unterrichtete. Zum Glück war er einigermaßen maßvoll, aber zweihundert Dollar jede Woche sind auch kein Pappenstiel.«
»Ich gehe wohl nicht fehl in der Annahme, dass Sie diese Ausgaben aus der Kasse der Met bestritten haben und damit noch zusätzlich Unterschlagung begingen?«
»Weswegen sollte ich sonst den Direktor spielen?«
»Und in welchem Zusammenhang stand nun Marselli mit den Entführungen?«
»Er kam abends in die Oper, um wieder einmal seine Dollar abzuholen, da belauschte er zufällig ein Gespräch zwischen mir und…«
Sellini schwieg. Ich fuhr an seiner Stelle fort: »Zwischen Ihnen und dem Gangster Mool. Habe ich recht?«
»Ja. Wir besprachen Ferruccis Entführung. Marselli hörte es. Ich glaubte, nun würde er auch noch daran beteiligt werden wollen. Aber er machte einen für mich äußerst verblüffenden Vorschlag.«
»Er schlug nämlich vor, dass Sie Ferrucci abends kurz vor der Vorstellung entführen lassen sollten, damit Sie nicht schnell genug einen Ersatz für Ferrucci auftreiben könnten und damit der ehrgeizige Marselli auf diese Weise wenigstens einmal dazu kam, auf den berühmten Brettern der Met singen zu können. Nicht wahr, so war es doch?«
Sellini nickte.
»Ja, so war es. Aber der Kerl hielt sich natürlich nicht an seinen Vorschlag. Ich riskierte Kopf und Kragen, als ich diese Krähe auf der Bühne krächzen ließ. Und zwei Tage später erschien er bei mir und verlangte noch obendrein eine Beteiligung an Ferruccis Entführung.«
»Sie meinen an dem Geld, das Ihnen Ferruccis Entführung einbringen sollte.«
»Ja.«
»Und deswegen ließen Sie ihn ermorden?«
Sellini kniff die Augen zusammen.
»Damit habe ich nichts zu tun.«
»Das wird Ihnen kein Gericht der Welt glauben.«
»Können Sie mir das Gegenteil beweisen?«
Ich zuckte die Achseln.
»Das wird sich noch herausstellen. Aber selbst wenn man Ihnen nicht eine Beteiligung an Marsellis Ermordung beweisen könnte, so kann man Ihnen doch einen erheblichen. Anteil an Ferruccis Entführung nachweisen. Kidnapping, Sellini, darauf steht die Todesstrafe, das wissen Sie sicher. Und da man nur einmal auf den elektrischen Stuhl gebracht werden kann, spielt es schließlich keine Rolle, ob es wegen Entführung oder wegen Mordes oder wegen beidem ist.«
Sellini grinste.
»Sind Sie schon so absolut sicher, mich überhaupt
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