0045 - Ich entkam der Teufelshöhle
es heute noch fast in jedem Hafen geheime Schlupfwinkel, unterirdische Gänge und verborgene Anlegestellen mit versteckten Zufahrtswegen.
Zweifellos war ich hier an eine solche Anlage geraten. Dazu passte auch der Umstand, dass das Haus so völlig verfallen war. Der Besitzer hatte es sicher einfach verkommen lassen, seit mit der Aufhebung des Alkoholverbotes sein blühendes Geschäft keine Grundlage mehr hatte.
Die Tapetentür hatte einen einfachen Mechanismus. Sie war ungefähr zwei Yards breit und bewegte sich um eine senkrechte Mittelachse. Man brauchte nur gegen eine Seite zu drücken, schon drehte sich die Tür um die Achse.
Ich konnte es deutlich beobachten, denn die beiden Gangster fühlten sich hier in der Einöde völlig sicher. Sie verschwanden durch die Tür, und ich konnte am Geräusch ihrer Schritte hören, dass sie eine Treppe hinabstiegen.
***
Ich wartete eine Weile. Die Schritte waren verklungen. Außer dem fernen Rauschen der Brandung war nichts mehr zu hören.
Ich stand auf und kletterte vorsichtig durch das Fenster in das Innere des Raumes. Jedes noch so leise Geräusch, das ich verursachte, kam mir ungeheuer laut vor, und mehr als einmal meinte ich, nun müsste man mich unter allen Umständen gehört haben. Aber alles blieb ruhig. Ich kam bis an die Tapetentür und wollte gerade den Kopf um die Schrankecke stecken, um vorsichtig die Lage zu erkunden, als ich die Schritte der beiden Gangster zurückkommen hörte.
Ich hatte keine andere Wahl! Die Dielen des Hauses knirschten bei jedem Schritt und machten einen Höllenlärm. Wenn mich die Gangster nicht vorzeitig hören sollten, musste ich einfach stehen bleiben, wo ich stand, und durfte mich nicht rühren.
Die Schritte kamen näher.
»… werden wir es machen«, hörte ich, als die beiden Gangster durch die Tapetentür wieder den Raum betraten.
Ich hielt meine Dienstpistole in der Rechten. Noch hatte ich die Waffe nicht entsichert, aber jetzt konnte ich es nicht wagen, weil mich das Geräusch verraten hätte. Erst mussten die Gangster in den Raum zurückgekommen sein, damit ich ihnen den Rückweg abschneiden konnte, selbst wenn sie mich erst einmal entdeckt hatten.
Sie kamen an den Schrank vorbei und stemmten sich gegen die eine Seite, um ihn wieder vorzuschieben. Ich stand auf der anderen Seite des Möbels und drückte mich gegen die Wand.
Mit einem lauten Quietschen rutschte der Schrank auf ihrer Seite wieder vor die geschlossene Tapetentür. Nun war ihnen der Rückzug in den unterirdischen Gang versperrt. Ich sprang vor.
»Guten Abend, meine Herren!«
Sie warfen sich herum, als hätte sie eine Klapperschlange gebissen. In ihren Gesichtern stand das Entsetzen. Einen kannte ich nach der Beschreibung, die uns Tom Martens von den Gangstern geliefert hatte, welche Marselli umgebracht und die Bombe in seine Wohnung geschmuggelt hatten.
Aber das war nur eine Randfigur. Der eigentliche Drahtzieher stand mir gegenüber.
»Nun«, sagte ich langsam, »Mister Sellini alias Marquis de Renoise alias Antonio Metelli - so schnell hatten Sie meinen Besuch hier draußen wohl nicht erwartet, wie?«
In seinen Augen glomm ein tödlicher Hass auf.
»Die Arme schön hochheben!«, befahl ich und begleitete den Befehl mit einer entsprechenden Geste meiner Pistole.
Sie taten es.
»Wie kommen Sie hierher?«, fragte der Direktor der Metropolitan Opera.
»Mit dem Wagen natürlich«, sagte ich. »Ich hatte mir die Freiheit erlaubt, Sie heute Nacht ein bisschen zu beobachten. Ich sagte mir nämlich, dass ein Entführer, der seine Opfer noch nicht umbringen will, weil er noch nicht den letzten Vermögensrest aus ihnen herausgepresst hat, diese Opfer mit Nahrung versorgen muss. Und da dunkle Existenzen für ihre dunklen Geschäfte auch die Dunkelheit bevorzugen, sagte ich mir, dass es sich vielleicht lohnen würde, Sie einmal auf Ihren nächtlichen Spazierfahrten zu beobachten.«
Sellini, wie er sich nannte, aber nicht wirklich hieß, machte ein verdattertes Gesicht.
»Aber wie kamen Sie denn auf den Gedanken, in mir den Täter zu sehen?«
»Das war nicht schwer, nachdem wir erst einmal eine Visitenkarte eines gewissen Renoise bei dem Gangster Mool gefunden hatten. In Ihrem Büro, Mister Sellini, hängen ein paar große Farbfotos von Paris. In dem Büro des Direktors der Metropolitan Opera sollte man eher Aufnahmen besonders glanzvoller Vorstellungen des Hauses oder mit Widmung versehene Bilder großer Weltstars erwarten, nicht wahr? Aber als mir dann
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