0046 - Die Dämonenschmiede
Die Wände fielen senkrecht ab. Ich hätte mich abseilen müssen, doch dazu fehlte mir das Seil. Andererseits war der Schacht zu weit, als daß ich wie in einem Felskamin hätte nach unten klettern können.
Es blieb nur eines. Ich mußte springen.
Ich schauderte bei der Vorstellung, ich könnte abstürzen und irgendwo in unvorstellbarer Tiefe tot liegenbleiben.
Ich stand vor dem schwarzen Loch. Jetzt war keine Kelly da, die mich festhalten konnte, damit ich mich durch einen Blick in die Tiefe davon überzeugte, ob das Feuer in der Esse noch brannte oder nicht.
Es war ein Schritt ins Ungewisse.
Ich geriet auf den abschüssigen Kraterrand. Unter mir rutschte Geröll weg.
Ich glitt auf die schwarze, gähnende Öffnung zu. Mit einem weiten Sprung schnellte ich mich vom Rand weg bis in die Mitte des Schachts.
Meine Hand krampfte sich um das silberne, geweihte Kreuz.
Und dann stürzte ich.
***
Vier Ärzte standen am Krankenbett von Sheila Conolly. Sie sprachen leise miteinander, tauschten eine Menge Fachausdrücke aus und schüttelten immer wieder die Köpfe.
Draußen auf dem Korridor warteten inzwischen Jane Collins und Suko, die beiden »alten« Kampfgefährten des Geisterjägers. Suko lief wie ein gefangener Tiger auf und ab. Jane saß bleich auf einer weißen Holzbank und verkrampfte die Finger ineinander.
Sie sprang auf, als sich die Tür des Krankenzimmers öffnete und die Ärzte heraustraten. Suko, der Chinese, unterbrach augenblicklich seinen Rundgang und stürzte sich auf die Männer in den weißen Kitteln, als wolle er sie in Grund und Boden stampfen.
»Was ist?« rief er so laut, daß der Chefarzt des Krankenhauses die Stirn runzelte.
»So machen Sie doch endlich den Mund auf!« rief Jane Collins temperamentvoll. »Spielen Sie nicht den schweigenden Götzen!«
Der Chefarzt zuckte die Schultern. »Es tut mir leid, wir können Ihnen keine gute Nachricht bringen. Wir wissen nicht, was mit Mrs. Conolly passiert ist.«
Suko starrte die Ärzte verblüfft an. »Vier Weißkittel, und keiner hat eine Ahnung?« fragte er entgeistert. »Das darf nicht wahr sein! Zuerst hat man uns gesagt, daß Sheila im Koma liegt.«
Der Chefarzt schüttelte den Kopf. »Das stimmt nicht. Es ist kein Koma, es ist keine Ohnmacht, es ist keine Krankheit. Wir können es uns nur so erklären: Mrs. Conollys Schicksal ist mit einem anderen Schicksal eng verbunden. Diese andere Person schwebt am Abgrund des Todes. Aus einem unbekannten Grund ist das auch bei Mrs. Conolly so. Stirbt die andere Person, wird sie auch sterben. Lebt die andere Person weiter, wird sie wieder zu sich kommen, sobald ihr ›Partner‹ außer Gefahr ist.«
Als Jane Collins etwas sagen wollte, hob der Chefarzt hastig beide Hände.
»Nageln Sie mich nicht auf diese Diagnose fest«, sagte er beschwörend. »Sie ist absolut unwissenschaftlich und nur unsere rein persönliche, private Meinung.«
Die Ärzte entfernten sich hastig, als hätten sie Angst, schon zuviel gesagt zu haben. Jane Collins und Suko blieben allein zurück. Sie sahen einander betreten an.
»John und Bill sind auf Einsatz in Schottland«, sagte Jane leise.
»Und Sheila hat eine besonders enge Beziehung zu Bill, klarerweise«, ergänzte Suko.
»Das bedeutet, daß sich Bill in einer tödlichen Gefahr befindet.« Jane strich sich nervös über das Kinn. »Wo Bill ist, da ist auch John.«
»John hat bis jetzt jede Situation gemeistert«, erinnerte Suko seine Begleiterin.
»Ja, schon… aber…« Jane Collins verstummte. »Wir können nichts für die beiden tun«, sagte sie nach einer Weile. »Wenn sie jetzt in einer tödlichen Falle stecken, wäre es längst zu spät, bis wir in Schottland sind. Sie müssen sich selbst helfen.«
Suko ballte die Fäuste. »Trotzdem juckt es mich, sofort loszufahren und…«
Jane winkte ab. »Wir können nur noch einmal versuchen, Verbindung mit der Polizeistation in Ranverness aufzunehmen.«
Suko zuckte die breiten Schultern. »Meinetwegen! Aber wir haben es schon so oft versucht und keine Verbindung bekommen.«
»Wir rufen immer wieder an, bis es klappt«, entschied Jane Collins energisch. »Ich muß wissen, was da oben in Schottland passiert ist!«
Sie gingen in die Halle des Krankenhauses hinunter. Dort gab es Telefon. Das Gebäude wollten sie auf keinen Fall verlassen, solange sich Sheila in diesem kritischen Zustand befand.
Während Jane Collins wählte, starrte sie wütend auf den Telefonapparat.
»Was ist das aber auch für eine Schnapsidee
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