0048 - Ausflug ins Jenseits
Schlüsselbund. Jane reichte mir die Pistole zurück, und ich setzte mich lässig auf die Schreibtischkante.
Mein Einsatzkoffer lag auf dem Schreibtisch Argylls. Zunächst beobachtete ich ihn schweigend.
Doch diese Tour, die manchen hartgesottenen Verbrecher und Dämonendiener nervös werden ließ, berührte ihn nicht.
»Packen Sie aus, Argyll«, sagte ich endlich. »Sie sind übel dran.«
Er grinste höhnisch.
»Sie können mir überhaupt nichts beweisen, Sinclair. Sie sind hier widerrechtlich eingedrungen, haben um sich geschossen und mich bedroht. Wenn ich es mir recht überlege, sollte ich Sie anzeigen. Ich will gleich meinen Anwalt sprechen.«
Das war eine Frechheit. Ich nahm mein silbernes Kreuz unterm Hemd hervor. Argyll zuckte zusammen. Nun öffnete ich den Einsatzkoffer, der gegen Unbefugte mit einer Gasdüse gesichert war, und zeigte dem Grauhaarigen einen Weihwasserflakon.
Die Beretta lag griffbereit, ich traute Argyll nicht.
»Nur zu, Mr. Argyll. Dann werde ich Sie mit dem geweihten Kreuz berühren und Ihnen das Weihwasser über den Kopf schütten. Ein harmloser Ulk, über den Sie sich bei Ihrem Anwalt beschweren können. Falls Sie es noch fertig bringen.«
Jetzt wurde er unsicher. Er vermied es, das Kreuz anzusehen.
»Das würden Sie fertig bringen. Nehmen Sie dieses Zeug weg, Oberinspektor. Ich mag es nicht.«
»Aber ich. Sprechen Sie, Argyll, bevor Sie ein paar Weihwassertropfen treffen. Wie verhält es sich mit der Schwarzen Lady und der Dämonin Asmodara? Was soll auf Argyll Castle geschehen? Wie viele Personen wollen Sie zum großen Opfer bringen, durch das Asmodara auf die Welt gelangen soll?«
Ich kombinierte alles zusammen, was ich wusste. Die Wirkung war verblüffend. Hätte ein Blitz neben Thomas Argyll eingeschlagen, er wäre nicht erschrockener gewesen.
»Ich… ich weiß nicht, wovon Sie reden. Das sind Hirngespinste, Oberinspektor.«
Ich näherte mich ihm und hielt ihm das Kreuz vors Gesicht.
»Ist das auch ein Hirngespinst? Ich handle völlig legal, es ist nicht verboten, einem Verdächtigen ein Kreuz vorzuhalten. Soll ich Sie damit berühren?«
»Nein, nein. Ich… ich habe eine Abneigung gegen Kreuze und geweihte Dinge. Das ist psychisch bedingt, ein Komplex, eine Neurose.«
»Diese Neurose heißt Asmodara.«
»Ich kenne niemanden mit diesem Namen. Wer oder was soll das sein?«
Thomas Argyll leugnete hartnäckig. Es widerstrebte mir, ihn mit den geweihten Gegenständen zu foltern. Außerdem hätte ich damit wohl nichts erreicht. Auch wenn er ein dämonisches Wesen war und das Böse in sich trug, so war er doch auch ein Mensch. Er hatte bestimmte Rechte.
Ich musste mich ans Gesetz halten, selbst wenn mich das gelegentlich in paradoxe Situationen brachte. Argyll trat als Mensch auf, er zahlte Steuern, er war als natürliche Person geboren. Er konnte unter den gegebenen Umständen verlangen, dass ich einen Haftbefehl gegen ihn erwirkte, falls ich ihn mitnehmen wollte.
Ihm stand der Beistand eines Anwalts zu. Und er konnte jederzeit die Aussage verweigern. Meine Abteilung hatte sich auch mit juristischen Problemen herumzuschlagen.
In einem hatte Thomas Argyll recht: Beweisen konnte ich ihm nichts. Auch meine eidesstattliche Aussage und die von Jane Collins genügten nicht, um ihn aus dem Verkehr zu ziehen. Ein ganz normaler Richter hätte stattdessen uns beide zur Beobachtung in eine Irrenanstalt eingewiesen.
Ich wusste von Jane, dass die Schottlandrundreise am Montag beginnen sollte. Heute war Donnerstag. Nachdenklich betrachtete ich Thomas Argyll.
Dann steckte ich die Weihwasserphiole und das Kreuz in die Tasche meines an der Schulter zerrissenen Jacketts.
»Zeigen Sir mir mal Ihren Siegelring, Mr. Argyll.«
Es funkelte in seinen Augen, obwohl er es zu unterdrücken versuchte. Er streckte die Hand vor und drehte sie um. Zweifellos wollte er mir mit seinem kantigen, verschnörkelten Ring einen Kratzer zufügen. Aber ich war schneller als er.
Ich packte ihn am Handgelenk, drehte ihm den Arm um und zog ihm den Siegelring vom Finger. Der Klunker wog bestimmt seine sechzig Gramm. Ich studierte das Wappenzeichen, einen grimmigen Greifen.
Er hielt ein Spruchband mit einer lateinischen Inschrift in seinen Fängen. »Nihil bonum, semper malum«. Niemals Gutes, immer Böses. Ein feiner Wahlspruch für einen Clan.
Ich schaute mir den Ring genau an, drehte am Wappenzeichen. Da kam an der Seite ein kleiner Dorn heraus.
»Aha, interessant, der Ring wird im Kriminallabor
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