0049 - Das Grauen an der Themse
jetzt?«
»Angela Alessi.« Ich stocherte unlustig in dem Krabbencocktail herum, den wir als Vorspeise bestellt hatten. »Es dreht sich alles um diese Frau. Ganz gleich, was wirklich läuft, wir kommen nur auf den Grund der Sache, wenn wir Angela Alessi finden.«
»Das ist mein Fall.« Jane Collins deutete mit der Gabel energisch auf mich. »Wir sollten getrennt suchen. So kommen wir eher ans Ziel.«
»Das gefällt mir nicht«, antwortete ich offen. »Hinter allem steckt der Schwarze Tod, mein mächtiger Feind. Wenn es sich um einen neuen Anschlag gegen mich handelt, kommst du zwischen die Räder.«
»Ich kann auf mich aufpassen«, erwiderte Jane schnippisch, und damit war die Sache für sie erledigt. Wir sprachen nicht weiter darüber.
Nach dem Essen trennten wir uns. Ich brachte Jane zu meinem Apartment, wo sie in ihren Wagen umstieg, und machte mich wieder auf den Weg. Wohin, das wußte ich allerdings selbst noch nicht.
Angela Alessi war zuletzt in Enfield aufgetaucht, als sie das alte Haus in Brand gesteckt hatte. Ich mußte daher in Enfield ihre Spur aufnehmen.
Andererseits verließ ich mich auf mein Glück – oder war es kein Glück, daß Jane und ich in diesem Fall bisher von einer inneren Stimme geleitet worden waren? Daß wir immer zum richtigen Zeitpunkt die richtigen Leute gefunden hatten?
Ich war unterwegs nach Enfield, als ich plötzlich die Fahrtrichtung änderte. Ich hatte keine Ahnung, warum ich das tat, doch mein Ziel lag nicht mehr am Stadtrand sondern irgendwo im Zentrum. Ich zog den Bentley auf die Oxford Road und bog an der Tottenham Court Road in die Charing Cross Road ein.
Fast von selbst glitt der Bentley in die Shaftesbury Avenue hinein und rollte auf den Piccadilly Circus zu.
Der Platz bot das übliche Bild, vollgestopft mit Autos und Fußgängern. Ich hatte keine Ahnung, wer mich aus welchem Grund hierher gelockt hatte.
Ich kurvte einmal im Kreisverkehr herum und wollte bereits wieder abbiegen, als es mir einen Ruck gab. Ich trat mit voller Kraft auf die Bremse und zog den Wagen an den Straßenrand.
Hinter mir kreischten Bremsen. Eine Hupe tönte lang gezogen.
Das alles kümmerte mich nicht. Denn plötzlich wußte ich, weshalb ich ausgerechnet zum Piccadilly Circus gefahren war.
***
Die ›Sataniden‹ waren eine Sekte, die sich dem Bösen verschrieben hatte. Allerdings war es ihren Mitgliedern und Anführern nie gelungen, den Kontakt zu einem mächtigen Dämon herzustellen.
Die Leiter der Sataniden-Sekte waren Jonathan Rochas und Melanie Cramp, beide offiziell Geschichtsforscher. Ihnen gehörte auch das Haus in Enfield, das bis auf die Grundmauern abgebrannt war.
Jonathan Rochas und Melanie Cramp wußten schon lange, daß sie mächtige Gegenspieler hatten, eine Gruppe, der sie nicht gewachsen waren. Bisher allerdings hatten sie diese Überlegenheit durch den Folianten der Schwarzen Magie ausgeglichen.
Nun war dieser Foliant gestohlen worden, ein Mitglied des Bundes hatte dabei das Leben verloren. Andere Mitglieder der Sataniden waren auf offener Straße ermordet worden.
»Sie haben ihnen das Gesicht auf den Rücken gedreht!« sagte Melanie Cramp verbittert. Die hagere Frau mit den fanatisch flackernden Augen leitete eine Zusammenkunft der Sataniden, die in einem Ausweichquartier in der City von London stattfand. »Der Gegner ist zum Großangriff angetreten. Unser Hauptquartier ist vernichtet, der Foliant entwendet. Wir müssen ihn unbedingt wiederfinden, sonst sind wir verloren.«
»Woher sollen wir wissen, wohin diese Frau das Buch gebracht hat?« rief eines der Mitglieder, ein junger Mann, aus den Reihen der Versammelten. »London ist groß! Sie kann überall sein!«
»Oder sie hat schon die Stadt verlassen!« schrie eine Frau und sprang wütend auf. Hasserfüllt schwang sie die Fäuste. »Es war die Gruppe des Meisters! Wir alle wissen das!«
Melanie Cramp und Jonathan Rochas bemühten sich lange, die Ruhe wieder herzustellen. Endlich setzte sich Rochas durch.
»Wir geben nicht auf!« schrie er. »Wir schwärmen aus und verteilen uns in der ganzen Stadt. Wir…«
Das Telefon unterbrach ihn. Melanie Cramp hob ab und meldete sich mit einem knappen »Hallo!« Ihr Gesicht begann zu leuchten. Wilder Triumph verzerrte ihre eingefallenen Züge.
»Wir haben gewonnen!« zischte sie und knallte den Hörer auf den Apparat.
»Einer unserer treuesten Anhänger hat auf dem Piccadilly Circus diese Frau mit unserem Folianten entdeckt!«
Mehr brauchte sie nicht zu sagen. Die
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