Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0049 - Das Grauen an der Themse

0049 - Das Grauen an der Themse

Titel: 0049 - Das Grauen an der Themse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Wunderer
Vom Netzwerk:
der zahlreichen Passanten kümmerte sich um den Zwischenfall. Die Autofahrer wichen den auf der Straße liegenden Männern und Frauen aus, als wären sie bloß Gegenstände. Kein einziger Polizeiwagen tauchte auf. Bevor ich Angela aus den Augen verlor, warf ich mich wieder hinter das Steuer meines Wagens und folgte ihr. So schnell wollte ich mich nicht geschlagen geben.
    Angela wandte sich dem Haymarket zu. Ausgerechnet! Es war eine Einbahnstraße zum Piccadilly Circus. Hier hinein konnte ich ihr nicht mit dem Wagen folgen.
    Kurz entschlossen stellte ich den Bentley auf dem Bürgersteig ab, stieg aus und folgte ihr zu Fuß. Sie erreichte die Mall, die Straße, die zum Buckingham Palast führte. Zu beiden Seiten erstreckten sich Parkanlagen.
    Ich hatte bereits geglaubt, Angelas Verfolger hätten aufgegeben, doch als sie die ersten Büsche erreichten, tauchten sie daraus hervor.
    Ich rannte los. Einige der Männer hielten Pistolen in den Händen und legten auf Angela an. Ehe ich etwas unternehmen konnte, drückten sie ab.
    Eine Salve krachte. Angela Alessi kam zu keiner Gegenwehr.
    Sie taumelte. Die Wucht der Geschosse wirbelte sie herum. Dennoch hielt sie sich krampfhaft an dem Folianten fest.
    Im Zeitlupentempo knickte sie in den Knien ein und rollte auf den Kiesweg.
    Mit Triumphgeschrei wollten sich die Männer und Frauen auf Angela werfen und ihr das Buch entreißen. Ich warf mich dazwischen. Sie stutzten, als sie mich sahen. Ich erkannte meinen Fehler. Diesen Leuten galt ein Menschenleben gar nichts. Ich blickte in vier Pistolenmündungen und in kalte, entschlossene Augen.
    Vier Schüsse krachten gleichzeitig. Ich krümmte mich reflexartig zusammen.
    Die Treffer blieben aus. Erst nach Sekunden öffnete ich die Augen. Ich lebte immer noch!
    Ich begriff nicht sofort, was geschehen war. Neben mir stand Angela Alessi, als wäre nichts geschehen. Sie war in ein intensives rötliches Leuchten eingehüllt.
    Als ich mich nach den Angreifern umsah, entdeckte ich etwas Unbegreifliches. Diese leuchtende Aura erstreckte sich auch auf mich und schirmte mich gegen die Bewaffneten ab. Sie hatte mir das Leben gerettet.
    Um Angelas Lippen erschien ein höhnisches Lächeln, das sowohl den Angreifern als auch mir galt. Das Leuchten verstärkte sich, hüllte sie wie ein Mantel ein und erlosch von einer Sekunde auf die andere.
    Mit dem roten Glühen verschwand auch Angela so spurlos, als wäre sie nie hier gewesen. Nichts erinnerte mehr daran, daß diese unglückliche Frau eben noch vor mir gestanden hatte.
    Ich beobachtete die Angreifer. Ließen sie ihre Wut über den Fehlschlag an mir aus? Ich hatte nichts zu befürchten. Sie waren so verwirrt, daß sie lautlos den Rückzug antraten. Sie zerstreuten sich in alle Himmelsrichtungen.
    Ich schloß mich einem ungefähr fünfzigjährigen Mann an, der am längsten zögerte und als letzter den Schauplatz dieser unheimlichen Ereignisse verließ. Er kam mir so vor, als habe er in dieser Gruppe am meisten zu sagen, da ihm die anderen fragende Blicke zugeworfen hatten.
    Er ging sehr schnell, daß ich Mühe hatte, ihn unauffällig zu beschatten. Er schlug die Richtung zur City ein.
    Die unbegreiflichen Zwischenfälle auf dem Piccadilly Circus und der Mall hatten kein Licht in diese verworrene Angelegenheit gebracht. Vielleicht kam ich einen Schritt weiter, wenn ich diesem Mann auf den Fersen blieb.
    ***
    Jane Collins war nur wenige Sekunden bewußtlos. Sie spürte den Schmerz des Aufpralls. Jeder Knochen in ihrem Körper schien gebrochen. Mehrmals war sie auf die scharfen Kanten der Steinstufen gefallen und hatte sich die Haut aufgeschürft. Ihr Kleid hing in Fetzen um ihre Hüften.
    Keuchend lag sie auf dem eiskalten, feuchten Steinboden und starrte geschockt zu der nackten Glühbirne an der Decke hoch. Zu dem Schmerz kam das Entsetzen über den Sturz, und darüber, daß sie sich nicht bewegen konnte.
    Ich bin gelähmt! dachte sie verzweifelt. Ich habe mir die Wirbelsäule gebrochen! Sie konnte nichts tun, als die Frau die Treppe herunterstieg und vor ihr stehenblieb. Am Boden liegend, blickte Jane in das scharf geschnittene, mitleidlose Gesicht hoch.
    »Jane Collins«, sagte die Frau zischend. »Jetzt wirst du reden! Wer bist du? Warum kommst du her? Und was ist mit dieser Angela Alessi?«
    Jane rang stöhnend nach Luft. Ihre Rippen brannten wie Feuer. Sie versuchte zu sprechen, konnte es nicht.
    Die Frau, in der sie Melanie Cramp vermutete, trat näher und hob den rechten Fuß, als wolle sie

Weitere Kostenlose Bücher