0049 - Der blaue Tod
einen Teil der Raubbeute für zwei Taucherausrüstungen hergegeben, denn nichts hätte sie besser gegen den Blauen Tod geschützt und ihnen eine größere Chance gegeben, sich unbemerkt zum Festland hin abzusetzen.
Aber er musste sich mit der Situation abfinden und das Beste daraus machen.
Der blaue Schimmer kam näher und hielt rund hundert Meter über dem Wasserflugzeug in der Luft an. Mauvais und seine Geliebte strichen langsam, mit sorgsam bedachten Regungen durch das Meer. Beide drehten sich halb um und konnten verfolgen, was nun geschah.
Zunächst wirkte die Erscheinung wie richtiges, beispielsweise von einer farbigen Neonröhre erzeugtes Licht. Doch dann nahm sie allmählich Gestalt an. Mehrere dürre Schlangenleiber fächelten auf die Wasserfläche zu. Bevor sie jedoch in unmittelbare Nähe der Maschine gelangten, vermehrten sie ihr Heer der grausigen Ungetüme und senkten sich schließlich auf Rumpf, Tragflächen und Leitwerk der Maschine nieder.
»Unfassbar«, hauchte Romina.
»Still«, sagte der schlanke Gangster.
Zischelnd wanden sich mehrere blaue Bestien ins Innere der Kanzel. Sie umkreisten den toten Paul Grivois eine Weile, Unterdessen kraulte das Paar vorsichtig immer weiter von der Stätte des Schreckens fort.
Die Monstren hoben die Leiche auf und trugen sie ein Stück über die See hinaus.
Romina jappte entsetzt, kriegte keine Luft mehr. Dem Gangster blieb nichts übrig, als sie in den Rettungsgriff zu nehmen, sonst wäre sie ertrunken.
»Wenn du dich nicht zusammenreißt«, raunte er ihr eindringlich ins Ohr, »lasse ich dich los und du kannst sehen, wie du zurechtkommst.«
Der Blaue Tod ließ von den Überresten seines grausigen Werkes ab. Mit wedelnden Bewegungen kehrten die Bestien zur Maschine zurück. Eilfertig schnürten sie um alle Außenteile herum, durchstreiften wieder die Kanzel, suchten mit Akribie.
»Die wissen ganz genau, dass wir fehlen«, stellte Mauvais bestürzt fest. Heftig paddelte er nun mit den Beinen, um nicht mitsamt der Blondine unterzugehen.
Die Geschöpfe hieben mit ihren Körpern auf das Wasserflugzeug ein. Die Scheiben der Kanzel gingen klirrend zu Bruch. Böse Mäuler schnappten zu, und die Stützen der Tragflächen knickten um. Dank ihrer enormen Kraft brachten die Bestien es fertig, die Tragflächen sowohl auf der Backbord- als auch auf der Steuerbordseite vom Rumpf zu trennen.
Sie zerschlugen und zermalmten die Einzelteile. Wasser schäumte hoch, und am Schauplatz des Ereignisses bildete sich ein brodelnder Kessel, so, als hole sich ein Killerhai seine Mahlzeit. Schließlich ringelte sich der Blaue Tod um einen Rumpfrest und trug ihn hoch in den Nachthimmel hinaus.
»Es ist so abscheulich«, klagte Romina Griffin.
Mauvais stieß eine Verwünschung aus, dann meinte er: »Ich bin der Ansicht, an dem Ganzen hat der verflixte Zamorra schuld. Er muss ein Scharlatan oder Hexenmeister oder so was Ähnliches sein.«
»Dieser Satan!«
»Eines Tages präsentiere ich ihm die Rechnung für alles.«
Über ihnen nahm sich der Blaue Tod mittlerweile nur noch als punktgroßes Gebilde aus. Er musste sich jetzt sehr hoch, Kilometer über dem Meer, befinden. Mit einemmal gab es einen verhaltenen Knall, und die Erscheinung verschwand.
Sekunden verstrichen, dann hörten die beiden Schwimmenden, wie Gegenstände in die Fluten prasselten.
Es waren die Trümmer des Flugzeugteiles. Der Blaue Tod hatte es zerrissen.
»Tauchen«, rief Mauvais.
Sie zogen die Köpfe ein und bewegten sich unterhalb der Wasserlinie fort. Keinen Augenblick zu früh, denn ganz in ihrer Nähe fiel zerfetztes Blech ins Wasser. Jean-Luc Mauvais wurde von einem Stück am Bein gestreift, erlitt aber keine Verletzung.
Sie tauchten wieder auf.
Romina schöpfte keuchend Luft. »Wir hätten von den Trümmern erschlagen werden können.«
»Du hast es erfasst.« Er blickte sich um. Plötzlich hielt er sie am Arm fest. »He, Mädchen, da brennt ein Licht. Eine Laterne oder irgendwas in der Art!«
»Der… die Ungeheuer …«
»Nein. Ich glaube, diesmal handelt es sich um ein Boot oder um ein kleines Schiff. Es hält auf uns zu.«
***
George Griffin hatte Professor Zamorra im Cockpit abgelöst und stand nun am Steuerrad. Konzentriert blickte er auf die hektisch bewegte See hinaus, war völlig in Anspruch genommen. Zamorra befand, dass dies sehr gut für den Mann war.
Längst schon hatten sie Verbindung mit der Küstenwacht von Brest aufgenommen und umfassende Informationen über die Besetzung der
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