0049 - Ich und der Teufel MAM
entdeckt haben.
»Was wolltest du ausgerechnet hier?« fragte ich, um auch ganz sicher zu gehen.
»Strauß gepflückt für Tisch. Senor sich freuen soll.«
Als ich den Bungalow wieder betrat, sah ich die roten Blüten der Corallio in einer Konservenbüchse mitten auf dem Tisch stehen.
Ich war gerührt und nahm mir vor, von meiner nächsten Fahrt nach Campeche Yukatan etwas mitzubringen.
***
Ich setzte mich auf die Veranda, rauchte eine Zigarette und dachte, den verrosteten Browning betrachtend, nach.
Mit Fingerabdrücken war nichts mehr zu machen. Ja, hätte man sich in den Staaten befunden! Aber hier! — Ich vermutete, daß außer Cesare Labastida noch keiner etwas von einer sogenannten Beschußanlage gehört hatte.
Eine solche besteht aus einem rechteckigen Kasten, in dem mehrere Schichten gepreßter Watte eingelegt sind. Eine zu identifizierende Schußwaffe wird geladen und das Projektil in den Kasten abgefeuert. Die Watte bremst das Geschoß. Meistens verfilzt es sich schon in der dritten oder vierten Einlage. Das unbeschädigte Geschoß wird aus dem Kasten genommen und dem Bundeskriminialwaffenarchiv in Washington zugesandt.
In dem Archiv befinden sich sämtliche Projektile, mit denen jemals ein Verbrechen in den USA verübt wurde. Die sofort erkennbare Feststellung des Patronenlagerrandes erlaubt die erste grobe Identifizierung des Modells. Darüber hinaus gibt es typische Grundspuren einer bestimmten Fabrikationsserie des Waffenmodells: Drallwinkel, Spur des Schlagbolzens und der Ausziehkralle an der Patronenhülse.
Reichen diese Merkmale immer noch nicht aus, bleiben schließlich die individuellen Merkmale jeder einzelnen Waffe übrig, die einer anderen nie in allen Einzelheiten gleicht. Das sind winzige Differenzen in Feldern und Zügen des Laufes, die sich beim Abschuß unverwechselbar auf dem Geschoßmantel einprägen.
Meine Gedanken jagten sich.
Gewiß, dieser Browning war nicht »beschießbar«, weil die Führungsgabel fehlte. Aber eine solche ließ sich wieder anbringen. Mit einem angespitzten Holzstäbchen stellte ich fest, daß die im Lauf befindliche Rostschicht die Züge noch nicht gänzlich zerfressen hatte.
Besaß der Comissario nicht die beiden auf Craig und Capillo abgefeuerten Projekte? Es gab nur eins: dieser Browning mußte, so wie er war, mitsamt den beiden am Tatort gefundenen Projektilen zwecks Feststellung, ob sie aus dieser Waffe abgefeuert worden waren, nach Washington geschickt werden.
Ich fühlte plötzlich eine solche Hitze in mir aufsteigen, daß ich zum Kühlschrank lief und zwei Gläser Eiswasser in mich hineinschüttete.
Mich zur Ruhe zwingend, sagte ich mir: Stammen die beiden Kugeln tatsächlich aus diesem Browning, ist der Mörder nicht in Campeche oder sonstwo zu suchen, sondern hier in Chichen Itza.
Aber wie ließ es sich erklären, daß sämtliche Alibis hieb- und stichfest waren… formal wenigstens? Gewiß, ich hatte bis auf das von Juan Rivas noch keins nachgeprüft, aber ich wußte, daß Labastida es schon herausgebracht hätte, wenn eines davon nicht in Ordnung gewesen wäre. Ganz besonders die des Ehepaares Fox.
Daß ich gleich beim ersten Verhör auf ein Alibi stieß, das mir nicht gefiel, und daß ich diabei gleich an einen Mann geraten war, der sich verplapperte, empfand ich genauso als Glücksfall erster Ordnung wie den vor mir liegenden Browning.
Waren mit dieser Waffe die tödlichen Schüsse abgegeben worden, mußte mindestens ein Alibi falsch sein, eine Täuschung, eine raffiniert konstruierte Finte.
Ich kam zum Entschluß, den Expeditionsleiter, Professor Greet, zu bitten, mir für den kommenden Tag einen Wagen zur Verfügung zu stellen, um nach Campeche zu fahren.
Ich mußte alles mit dem Comissario besprechen, vor allem die beiden Projektile von ihm geliehen bekommen. Es war mittlerweile Zeit zum Umziehen für den Klub.
Wahrlich, in der relativ kurzen Zeitspanne hatte ich schon eine ganze Menge herausgefunden! Der Comissario wird Augen machen! Die noch offenstehenden Verhöre drängten nicht sonderlich.
Ich befand mich in gehobener Stimmung, wie es jedem Menschen geht, der die Gewißheit hat, seine ihm gestellte Aufgabe zu meistern, und holte Doktor Larry Jopling in seinem Bungalow ab.
Wir plauderten noch etwas und machten uns auf den Weg zum Klub. Wohl war es noch eine Stunde Zeit zum gemeinsamen Essen, aber diese Stunde wollten wir an der Bar verbringen.
Als wir uns nach Einbruch der Dämmerung zu Tisch setzten, fehlten Sol Fox und
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