005 - Nachts wenn die Toten kommen
schwarze, klinkenlose Tür
versperrte ihm den Ausgang. Donald Ritchners Blut rauschte in seinen Ohren. Er
ging den Weg zurück nach unten.
»Warum verstecken Sie sich? Warum versuchen Sie mich zu erschrecken?« Er
lauschte seiner eigenen Stimme nach, die ihm fremd vorkam. »Ich weiß, dass Sie
hier sind – so zeigen Sie sich doch!« Er hörte deutlich ein Geräusch, das aus
dem Kellergewölbe kam. »Sind Sie es, Mister Jameson?«
Er wusste nicht, wieso er gerade darauf verfiel, diesen Namen zu nennen. Er
fand seine Reaktion nicht einmal absurd. Dieses Grundstück und diese Ruine
gehörten Mister Jameson, dem spleenigen Millionär, von dem eigentlich kaum
jemand etwas wusste. Wer sonst als Jameson könnte hier sein?
Keine Antwort, unheimliche Stille, die gerade dadurch verstärkt wurde, dass
die Ratten in der Finsternis vor ihm raschelten. Er ging durch das Gewölbe, von
Unruhe und Angst erfüllt. Der Lichtschein hinter ihm wurde schwächer mit jedem
Schritt, den er riskierte.
Die rohen Wände ragten zu beiden Seiten neben ihm auf. Sie glänzten feucht.
Irgendwo vor ihm drehte sich eine nicht befestigte Tür in rostigen Angeln.
Donald Ritchner war in diesen Sekunden nicht fähig, einen klaren Gedanken
zu fassen. Er erkannte, dass irgendetwas oder irgendjemand ihn hier mit voller
Absicht eingesperrt hatte, aber als er die quietschende Tür vor sich im Dunkel
hörte, schöpfte er die Hoffnung, dass es doch noch einen Ausweg geben musste.
»Ich habe auf dich gewartet, Donald«, sagte da die Stimme. »Ich habe
gewusst, dass du kommen würdest.«
»Caroline?« Er flüsterte diesen Namen, und dann schrie er ihn heraus, dass
es schaurig in dem Kellergewölbe widerhallte: »Caroooooliiiiine!«
»Komm, Don, komm!« Die Stimme lockte ihn nach vorn. Und Donald Ritchner
folgte ihr, obwohl sich alles in ihm gegen das wehrte, was er jetzt erlebte.
Ein Kellerraum breitete sich vor ihm aus, etwa zehn Quadratmeter groß. Die
eiserne Tür drehte sich langsam in den schweren Scharnieren und schwang
knarrend zurück.
Donald Ritchner kniff die Augen zusammen. Wieso konnte diese Tür, die so
schwer ging, aus eigener Kraft hin- und herschwingen? Irgendetwas stimmte doch
da nicht!
Er fasste die Tür an und merkte den Druck, der auf seine Hand ausgeübt
wurde. Die Tür wurde durch eine elektrische oder mechanische Vorrichtung
beeinflusst!
Als er es erkannte, war es auch schon zu spät. Die Eisentür wurde ihm
förmlich aus der Hand gerissen. Krachend fiel sie ins Schloss. Donald Ritchner
kam gar nicht erst dazu, die neue Situation zu begreifen. Draußen vor der Tür
fiel zischend eine Metallklappe von der Decke herab und bedeckte die
Gitterstäbe der Tür.
Er war eingeschlossen, vier undurchdringliche Wände umgaben ihn. Donald
schrie aus Leibeskräften, er trommelte gegen die Metallwand und gegen die
Steine, bis seine Knöchel blutig waren.
»Es hat keinen Sinn«, sagte da eine Stimme, aber diesmal war es nicht mehr
Carolines Stimme. Donald Ritchner stöhnte, er wankte, er wich schluchzend und
zitternd an die Wand zurück. »Es hat keinen Sinn«, wiederholte die Stimme.
»Jeder, der ungerufen hierhinkommt, bleibt hier – und niemand weiß es! Die
Gesetze der Lebenden haben hier keine Bedeutung mehr!«
Donald Ritchner erschauerte. Die Stimme, die zu ihm sprach, kannte er nur
zu gut. Sie war seine eigene, aber er – er hatte doch nicht einmal die Lippen
bewegt!
Der Boden unter seinen Füßen schien plötzlich zu schwanken. Donald Ritchner
verlor den Halt, ein Schwindelanfall warf ihn nieder. Und er stand nicht wieder
auf. Er hörte das Zischen. Aus versteckten Öffnungen strömte geruchloses Gas
und legte sich lähmend auf sein Bewusstsein. Seine Glieder wurden schwer, seine
Augen versagten ihm den Dienst.
Donald Ritchner starb, bevor er wusste, weshalb und warum.
Eine Klappe im Boden öffnete sich, das Rauschen eines stark strömenden
Wasserlaufes erfüllte den unheimlichen Kellerraum. Der glatte Boden wich so
weit zurück, bis der leblose Körper des Millionärs in das sprudelnde,
schäumende Wasser stürzte.
Der Tote wurde von dem reißenden Strom davongetragen.
●
»Mein Name ist Brent, Larry Brent! Ich bin Privatdetektiv!« Die
Vorzimmerdame, noch ein Grad hübscher als Jeanne, warf nur einen kurzen Blick
auf die Legitimation.
Sie zuckte die Achseln. »Es tut mir leid, Mister Brent. Mister Hoggan ist
im Augenblick nicht zu Hause. Er befindet sich bei einem Klienten. Wenn Sie
jedoch warten wollen
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