0052 - Der falsche Inspekteur
mandelförmigen Augen, die Graf Rodrigo de Berceo so betört hatten.
Rodrigo, Sohn einer Aztekenprinzessin und eines spanischen Edelmannes, lebte seit fast vierhundert Jahren im Zoo der Aras auf Tolimon.
Zusammen mit drei anderen Erdenmenschen war er im 17. Jahrhundert durch Raumfahrer entführt und durch das geheimnisvolle Lebenselixier unsterblich gemacht worden. Seine außergewöhnlich prächtige Erscheinung hatte auf Laury ihren Eindruck nicht verfehlt. Die beiden Menschen, das sah ein Blinder auf den ersten Blick, waren ineinander verliebt. Dieser Tatsache verdankte Rodrigo seine Flucht aus dem Zoo.
Seine Kleidung war in der Tat etwas ungewöhnlich, denn sie stammte aus dem 17. Jahrhundert, von der Schneiderei des Zoos exakt nachgearbeitet. Hüfthohe, enganliegende Stulpenstiefel nahmen die körperenge Hose auf; ein breiter Gürtel hielt das kurze, ärmellose Wams zusammen. Der breite Hemdkragen bedeckte den oberen Teil dieses jackenähnlichen Kleidungsstückes mit seinen Spitzen.
Ständig trug er sein breites Wehrgehänge mit dem scharf geschliffenen Degen. Auf dem Schoß lag ein breitrandiger Hut mit der wallenden Feder. Auffällig blitzte auf dem Wams eine goldene Halskette mit dem Amulett des aztekischen Sonnengottes.
Unter keinen Umständen wollte Rodrigo auf seine ungewöhnliche Bekleidung und die primitive Stoßwaffe verzichten. Das hatte bereits zu manchen Komplikationen geführt, denn der Graf war ein hitziger und mutiger Mann, der viel von Ehre und Stolz hielt.
Er streichelte die Hand der neben ihm sitzenden Laury.
„Nur ruhig bleiben, Liebling, denen werden wir es schon zeigen. Wir sind mit den Frogh fertig geworden, warum sollten wir es also nicht auch mit diesen Krämerseelen, denen es ja nur ums Geld geht."
Marshall warf ihm einen warnenden Blick zu. Er fühlte sich wie zerschlagen. Endlos war das Warten auf eine Nachricht von Rhodan, zermürbend der ewige Gedanke an die lauernden Gefahren. Seit er sein Quartier im Elendsviertel verlassen hatte, fühlte er sich nicht mehr sicher. Hinzu kam, daß man den Springern nicht mehr vertrauen konnte, wie diese Unterredung eindeutig erwiesen hatte.
Er nickte dem Älteren der beiden Springer zu.
„Gut, Berzan, über dein Angebot läßt sich reden. Ihr steckt in der gleichen Falle wie wir, darum können wir verhandeln. Wenn ihr uns an die Behörden ausliefert, verratet ihr euch selbst, aber damit ist niemand geholfen, auch uns nicht. Die Aras sind eure und unsere Gegner. Ihr wollt Geld, um uns weiter zu helfen.
Wir aber haben kein Geld. In wenigen Tagen jedoch können wir euch mehr davon geben, als ihr jemals aufbrauchen werdet, und lebtet ihr weitere hundert Jahre."
Berzan, der alte Graubart mit den listigen Augen, zwinkerte.
„Und woher bekommt ihr das Geld?" wollte er wissen. „Wer sagt mir, daß ihr nicht lügt? Tulin und Egmon haben uns gewarnt, Sie behaupten, ihr könntet Gedanken lesen."
Marshall lehnte sich zurück und lachte.
„Ich soll ein Telepath sein? Das ist lächerlich! Hätte ich dann nicht schon längst von eurem geplanten Verrat gewußt? Wäre ich dann zu euch gekommen und hätte um Hilfe gebeten? Nein, Berzan, die Behauptung deiner beiden Freunde ist absurd."
„Sagte ich ihnen auch, mein Freund. Aber wie dem auch sei: Wir verlangen von euch eine bessere Bezahlung, denn begeben wir uns nicht auch in Gefahr, wenn wir euch schützen? Der halbe Planet ist hinter euch her. Die Polizei verfolgt jede Spur. Vielleicht führt eine davon zu uns, dann war die Arbeit von Jahrzehnten umsonst."
„Wenn sie kommen, werden wir euch helfen", tröstete Marshall, aber er ahnte, wie recht die Bedenken des Springers waren. „In einigen Tagen seid ihr uns sowieso los."
Der Jüngere der Springer beugte sich vor und sah Marshall an.
„Wo wollt ihr hin? Wer soll euch plötzlich Geld besorgen?"
Marshall las in Rodrigos Gedanken die steigende Ungeduld. Nicht mehr lange, und der hitzige Graf würde sich mit gezücktem Degen auf die beiden Erpresser stürzen. Das würde ihm nur schlecht bekommen, denn die Springer waren mit Impulsstrahlern bewaffnet.
„Es muß euch genügen, Faran, daß wir hier bei euch bleiben, bis unser Verbindungsmann und das Geld eintreffen. Habt Geduld." Er wandte sich zu dem Grafen. „Und du auch, Rodrigo."
Die beiden Männer waren gute Freunde geworden und hatten alle Förmlichkeiten längst fallen gelassen.
Auch wußte der Graf von den telepathischen Eigenschaften Marshalls und Laurys. Er zog also die Hand vom
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