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0052 - Der Teufelsring

0052 - Der Teufelsring

Titel: 0052 - Der Teufelsring Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franc Helgath
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einer Sinnestäuschung unterlegen zu sein oder vielleicht einen großen Fehler gemacht zu haben. Er stellte sich neben Nicole. Die Sonne stand inzwischen genau im Zenit. Es musste Mittag sein. Die Stunde des Lichts.
    Da glitzerte es oben auf der Felsspitze grell auf. Das geschah vollkommen lautlos. Selbst der Wind hatte aufgehört zu wehen. Es war, als hielte die Natur ihren Atem an. Gebannt verfolgten die beiden Menschen, was oben auf dem Fels weiter geschah.
    Eine grellweiße Flamme züngelte gegen das azurne Blau des Himmels, wuchs an und war nach Sekunden fast so hoch wie der Stein selbst. Aus der Felswand lösten sich die ersten Brocken und fielen lautlos und träge, als hätten sie kein Gewicht, zu Boden. Zamorra packte Nicole an den Armen und zog sie zurück. Doch die Felsen verletzten sie nicht. Sie zersprangen, sobald sie die Erde berührten und wurden zu feinem, schwarzen Staub.
    Nach und nach sank die Flamme tiefer, fraß immer mehr von der Substanz des Felsbrockens. Schon war er nur noch zwei Körperlängen hoch und wurde immer noch kleiner. Bis nur mehr ein spitzer Felskegel übrigblieb, der stumpf aus der Erde ragte.
    Und auch der versank. Zamorra fühlte sich an den Anblick eines untergehendes Schiffes erinnert, das ein Opfer der Wellen wurde.
    Im selben Maße, wie der Stein niedriger geworden war, hatte sich auch die Flamme verkleinert.
    Dann flackerte sie nur mehr leicht und verlosch schließlich ganz.
    Ahrimans Grab gab es nicht mehr.
    Im schwarzen Sand lag das Amulett.
    Zamorra griff danach. Er war darauf gefasst, dass es glühend heiß wäre und ging deshalb entsprechend vorsichtig vor dabei.
    Doch das Silber war nicht wärmer, als es eben der Sonneneinstrahlung entsprach, der es ausgesetzt gewesen war. Das Feuer hatte es nicht erhitzt.
    Zamorra legte sich das Amulett wieder um.
    Jetzt erst spürte er eine Veränderung. Das Metall war wesentlich schwerer geworden. Fast schmerzhaft grub sich die Kette, an der es befestigt war, in die Halsmuskulatur. Es hing wie ein Bleiklotz vor seiner Brust.
    Zamorra vermochte diese Veränderung nicht zu deuten. Er nahm sie hin. Er warf noch einen abschiednehmenden Blick auf jene Stelle, an der vor wenigen Minuten noch der Felsenturm gestanden hatte und blinzelte dann zur Sonne hoch. Einen Augenblick erschien es ihm, als würde die Corona rötlich aufleuchten, doch das war vielleicht auch seinen überreizten Augen zuzuschreiben.
    »Gehen wir«, sagte er zu Nicole. »Die Stunde ist fast um. Der Taxifahrer wird nicht auf uns warten.«
    ***
    Sie erreichten die Sultan-Achmed-Universität in den späten Abendstunden, nachdem sie sich im Hotel kurz frisch gemacht und sich umgezogen hatten. Für ein kurzes Abendessen hatte die Zeit nicht mehr gereicht.
    Sicher wusste Genc Yedicule inzwischen auch schon, dass der Anschlag seiner beiden Schergen fehlgeschlagen hatte, dass der einzige Mann, der ihm noch gefährlich werden konnte, lebte. Doch Zamorra wollte nicht länger abwarten. Das hatte er bisher getan, als er nur auf vage Vermutungen angewiesen gewesen war. Jetzt hatte sein Verdacht sich verdichtet. Er konnte zum Gegenangriff starten. Sollte Yedicule wider Erwarten unschuldig sein, dann konnte ihm auch das mit der Sonnenkraft Ormuzd’ aufgeladene Amulett nichts anhaben. So oder so: Zamorra suchte die Entscheidung.
    Wieder landete er im Sekretariat der Universität. Yedicules persönlicher Referent war nicht anwesend, ebenso wenig wie der Dekan. Er musste sich mit der Auskunft zufriedengeben, dass niemand ihren derzeitigen Aufenthaltsort kenne.
    Da kam der Zufall zu Hilfe. Als sie den zur Universität gehörigen Parkplatz überquerten, traf Zamorra den Taxifahrer wieder, der sie am Vormittag nach Izmit hinausgebracht hatte. Er grüßte ihnen winkend zu. Fahrgäste, die ihn so reichlich mit Trinkgeld bedachten, waren nicht so schnell zu vergessen.
    »Wie lange warten Sie schon hier?«, fragte Zamorra.
    »Eine halbe Stunde vielleicht. Soll ich Sie irgendwohin bringen?«
    Zamorra ging vorerst nicht auf diese Frage ein.
    »Kennen Sie den Dekan der Universität?«, wollte er statt dessen wissen. »Genc Yedicule?«
    Der Mann nickte.
    »Ich habe ihn schon ein paarmal gefahren, wenn mit seinem Dienstwagen etwas nicht in Ordnung war, oder wenn er gerade keinen Chauffeur hatte.«
    »Haben Sie ihn auch heute gesehen?«
    »Hm. Das muss vor etwa zwanzig Minuten gewesen sein.«
    »Welche Richtung haben sie genommen?«
    »Heute ist doch Sonnabend«, meinte der Taxifahrer. »Da fährt

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