0052 - Wir zerschlugen die Totenkopf-Gang
der Snyder-Leut? auf und nahm kurzerhand den Vor mann Rangers fest. Bei einer Durchsuchung fand man natürlich seine Pistole.
Hinter die ganze Sache wurde von irgendeinem Vorgesetzten der nötige Druck gebracht, der Arzt mußte sofort die Geschosse aus Slims Körper entfernen und in die ballistische Abteilung zur Untersuchung schicken. Dort war inzwischen auch Rangers’ Pistole gelandet, aus der man mehrere Schüsse probehalber abfeuerte, nachdem in der daktyloskopischen Abteilung die Waffe auf ihre Fingerabdrücke hin untersucht worden war. Natürlich hatte man nur Rangers’ Prints auf der Waffe gefunden, und ebenso natürlich wiesen die zur Probe abgefeuerten Geschosse die gleichen Merkmale auf wie die in Slims Körper. Nun war eindeutig bewiesen, daß aus dieser Schußwaffe die für Slim tödlichen Geschosse gekommen waren.
Die Abendzeitungen brachten bereits große Schlägzeilen. Irgendein Witzbold von der Stadtpolizei mußte den Zeitungsleuten mitgeteilt haben, unter welchem Namen ich mich am Telefon gemeldet hatte, und die Schlagzeilen der meisten Blätter lauteten dementsprechend: Weihnachtsmann liefert Gewaltverbrecher der Polizei aus!
Weihnachtsmann überführt Mörder!
… und so weiter und so fort. Wir lasen die Nachtausgabe in der Baracke am Hafen. Dick und Pgte debattierten darüber, was ich doch für ein raffinierter Fuchs wäre. Mir dagegen stand das alles bis zum Hals. Morgen früh um fünf hatte Rivers etwas mit uns vor, von dem nicht genau zu ermitteln gewesen war, was es sein könnte. Wer weiß, wie es auslaufen mochte?
Irgendwie würde ich mich dafür verantwortlich fühlen, wenn bei einer eventuellen Schießerei ein Unschuldiger auch nur verletzt werden würde. Mit diesen wenig aufheiternden Gedanken zog ich mich in meine kleine Bude zurück und legte mich auf das Feldbett. Ein paar Wolldecken waren vorhanden, und so konnte ich mich wenigstens einigermaßen zudecken. Denn nachts war es hier am offenen Meer doch ziemlich kalt.
Ich hatte das Gefühl, als ob ich gerade erst eingeschlafen wäre, als mich Dick weckte: »He, steh auf, Kay! Es ist kurz vor fünf!«
»Okay«, grunzte ich schläfrig und schälte mich aus meinen Decken. Ich holte mir kaltes Wasser aus der Leitung im Flur und wusch mich.
Ich hatte mich gerade angezogen, da erschien Jack Rivers. Er trug einen unauffälligen dunkelgrauen Anzug, der sich an der linken Schulter in Höhe der Achselhöhle verdächtig ausbeulte.
»Seid ihr fertig?« fragte er.
Wir nickten. Ich wunderte mich, daß er niemand weiter mitgebracht hatte. Was hatte er vor? Hoffentlich hatten Mr. High und Phil inzwischen herausbekommen, welchen Coup Rivers landen wollte. Warum ließ Rivers noch nicht einmal jetzt die Katze aus dem Sack?
»Kommt!« sagte Rivers, bevor ich fragen konnte.
Wir marschierten hinaus. Er hatte sich einen Wagen besorgt, den wir noch nie bei ihm gesehen hatten. Es war ein schwarzer Mercury.
Jack setzte sich selbst ans Steuer. Wortlos brauste er ab. Ich hatte mir die Nummer des Fahrzeugs im Vorbeigehen eingeprägt. Es war eine New Yorker Nummer.
Ich saß vorn neben Rivers, die beiden Gangster hockten still auf den Rücksitzen. New York fing langsam an aufzuwachen. Durch einige Straßen fuhren die städtischen Sprengwagen, die die Gehsteigrinnen gleichmäßig berieselten, damit die dahinter fahrenden Kehrwagen nicht den ganzen Dreck aufwirbelten. Vereinzelte Wagen begegneten uns.
Milchhändler mit klappernden Kannen kutschierten gemütlich dahin. Es war das übliche friedvolle Bild einer erwachenden Großstadt. Niemand von den Leuten, an denen wir vorüberfuhren, ahnte etwas von dem Vorhaben, das sich in Jacks versteinertem Gesicht verbarg. Ein Tag wie tausend andere.
Wir fuhren ungefähr zwanzig Minuten, dann stoppte Rivers den Wagen in einer engen Seitengasse.
»Wartet hier«, befahl er, während er schon ausstieg und den Schlag hinter sich zuwarf.
»Was für ’ne Gegend ist denn das hier?« erkundigte ich mich bei den beiden Gangstern auf den Rücksitzen.
Dick peilte lange hinaus.
»Könnte der Harlem River Square sein«, murmelte er. »Aber das würde mich eigentlich wundern.«
»Warum?«
»Hier irgendwo in der Nähe haust die Bellway-Gang. Die sind spinnefeind mit Jack. Ich glaube nicht, daß er sich hier allein sehen lassen würde, wenn wir wirklich am Harlem River Square wären.«
Ich hatte den Boß inzwischen genau beobachtet. Er war bis zur nächsten Straßenecke auf der linken Seite gegangen und dort verschwunden.
Weitere Kostenlose Bücher