0054 - Der Zweikampf
sah ich Gmunas maßlos verblüfftes Gesicht.
Wenn ich vor Sekunden noch die Ruhe in Person gewesen war, so fühlte ich mich nun von den Ereignissen gehetzt. Natürlich würden sie Großalarm geben. Wenn ich mich noch auf dem Raumhafen befunden hätte, wäre ein Entkommen kaum möglich gewesen. So aber mußte es mir gelingen, in der von Menschen wimmelnden Riesenstadt Terrania unterzutauchen. Ich umlief die dichtgeballte Gruppe der Studenten und erspähte einige Lücken, die mich wieder nach vorn brachten.
Hinter mir begann es dumpf zu donnern. Ich verhielt im Sprung und fuhr entsetzt herum. Gmuna würde doch nicht in seiner Panik auf die Leute schießen!
Nein, er tat es nicht, aber dafür wurde die sonnendurchglühte Luft von den grellen Leuchtfingern freigewordener Atomgewalten zerrissen.
Tombe Gmuna schoß steil nach oben, was eine wilde Flucht der erschreckten Studenten zur Folge hatte. Er wußte sich zu helfen, dieser blutjunge Leutnant der Abwehr! Ich hatte eigentlich damit gerechnet, infolge des herrschenden Wirrwarrs einige Minuten zu gewinnen. Nun hatte er sich überraschend schnell Gehör verschafft und obendrein noch ein unübersehbares Alarmzeichen gegeben.
Ich unterdrückte eine Verwünschung, orientierte mich kurz und nahm meinen Lauf wieder auf.
Vor den zurückweichenden Studenten erreichte ich das große Tor nahe der Dachbrüstung. Hier begannen die Transportbänder, die sich auf ihren elegant geschwungenen Stützsäulen über ganz Terrania hinwegzogen.
Dicht vor einigen lauthals schreienden Mädchen sprang ich auf das langsame Anfangsband, von dem aus ich in raschen Sprüngen auf die 50-Kilometer-Schnellstecke überwechselte. Infolge meiner überhasteten Schritte fiel ich schwer auf die elastische Unterlage, wo ich beobachtend liegenblieb.
Das Band lief mit relativ hoher Geschwindigkeit. Ich entfernte mich schneller vom Brennpunkt der Geschehnisse, als es Gmuna lieb sein konnte.
Ehe ich in die weite Kurve zwischen dem Akademie-Hauptgebäude und einem riesigen Verwaltungshochhaus hinausgetragen wurde, sah ich noch, daß einige Maschinen der Luftpolizei angebraust kamen.
Nun begann die große Jagd! Wenn man mich nochmals faßte, hatte ich endgültig verspielt.
Ich war sorgfältig darauf bedacht, daß ich mit den wenigen Menschen auf dem Band nicht in Berührung kam. Ich hatte es nicht nur deshalb zur Flucht gewählt, weil es besonders schnell war, sondern in erster Linie wegen seiner fast sicheren Garantie gegen eine überraschende Entdeckung. Es war klar, daß die Fahrgäste des schnellsten Fernbandes nicht noch zusätzlich ausschreiten würden. Wer sich dort einmal eingeschleust hatte, blieb möglichst ruhig stehen, um dem Druck des sausenden Windes zu widerstehen.
Viele Leute getrauten sich überhaupt nicht auf die Stadt-Rundverbindung.
Von da an schaltete ich geistig ab. Sollten sie mich nur suchen! Ich war und blieb unsichtbar, solange die Mikro-Laderbank noch Arbeitsstrom lieferte.
Ich achtete sehr genau auf die großflächigen Leuchtschriften, die den Fahrgästen des Schnellbandes rechtzeitig genug anzeigten, wo diese und jene Absteigstation zu finden sei.
Als in weiter Entfernung die Bezeichnung „Flughafen" erkennbar wurde, änderte ich im letzten Augenblick meinen ursprünglichen Plan. Da Gmuna so überraschend schnell reagiert hatte, mußte das Betreten des großen Flugplatzes nicht nur besonders gefährlich, sondern auch sinnlos sein. Wenn ich an Kosnows Stelle gewesen wäre, hätte ich Startverbot für alle Maschinen erteilt.
Also glitt ich an der Zweigstelle „Flughafen" vorbei. Mein Ziel war der große Bahnhof, dessen Fernzüge kaum noch von Reisenden benutzt wurden. In irgendeinem Güterwagen würde ich meinen Platz finden.
Ich richtete mich zur sitzenden Haltung auf, verschränkte die Arme um die angewinkelten Knie und lachte laut und frei in den Fahrtwind hinein.
Der Luftstrom war warm und kaum erfrischend. Der nächste Regenfall war für die kommende Nacht angekündigt worden.
Ich zog das Etui aus der Tasche und entnahm ihm den kleinen Psychostrahler. Es war eine Mikroausführung dieser unschätzbar wertvollen Beeinflussungswaffe, unter deren Strahlung das bewußte Denken aussetzte. Dazu war das Gerät weder gefährlich noch gesundheitsschädigend. Ich wollte sie ja nicht töten oder verletzen, diese kleinen, wilden und doch so erfolgreichen Barbaren von Terra.
Sie hatten mich anständig behandelt. Ein Mädchen aus ihrer Rasse hatte mir sogar sein Herz geschenkt.
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