0054 - Der Zweikampf
dachte, das unergründliche Wissen meines fotografischen Gedächtnisses ausschließlich zum Nutzen der Akademieschüler einzusetzen.
In meinen Berechnungen gab es einen Faktor, den ich während der vergangenen Wochen unter dem Begriff „unbekannt" eingestuft hatte. Es war ein menschliches Wesen, dessen Reaktionen einen negativen oder auch positiven Schlüssel zu meiner Gleichung darstellten.
Es handelte sich um eine junge Kosmobiologie-Studentin namens Marlis Gentner und sie war nicht auf der Erde geboren worden!
Marlis gehörte zu jenen Kolonisten-Nachkommen, deren Vorfahren etwa 60 Jahre zuvor auf der Venus gelandet waren. Naturgemäß war sie stolz auf ihre Zugehörigkeit zu den Siedlern, die dem Venusdschungel all das abgerungen hatten, was der Mensch zu seiner Existenz benötigt.
Es war mir nicht verborgen geblieben, daß zwischen den Venussiedlern und den Terranern gewisse Spannungen bestanden. Diese geringen Unstimmigkeiten stufte ich als völlig normal und unabwendbar ein. Die große Geschichte meines Volkes hatte immer wieder bewiesen, daß jede Kolonie nach der Überwindung anfänglicher Schwierigkeiten nach der Selbstverwaltung strebt.
Die Folgen davon sind in jedem Falle unangenehm für beide Seiten. Die sozialpolitischen und wirtschaftlichen Probleme können zwar durch Verhandlungen zufriedenstellend gelöst werden, jedoch ergibt sich bis zum Zeitpunkt der endgültigen Einigung prinzipiell eine Divergenz der Anschauungen.
Marlis Gentner war nun eine glühende Verfechterin der Gerechtigkeit. Ihrer Meinung nach war der junge Venusstaat aufbautechnisch vernachlässigt worden. Ich hatte sie nicht darüber aufgeklärt, daß Siedler immer dieser Meinung sind! Ein absolut zufriedener Pionier ist eine undenkbare Erscheinung.
Ich hatte sie am 15. Mai anläßlich einer Vorlesung kennengelernt. Schon wenige Tage später hatte sie in einer öffentlichen Diskussion geäußert, meine Gefangenschaft sei unwürdig.
Von da an hatten wir den ersten Kontakt gewonnen, der von Marlis Seite aus zur menschlichen Zuneigung geführt hatte.
Vor drei Tagen hatte ich alles auf eine Karte gesetzt und ihr flüsternd erklärt, an welcher Stelle ich einen Teil meiner Spezialausrüstung versteckt hatte.
Als ich Anfang Mai in Terrania erschienen war, hatte ich natürlich für eine gute Unterbringung meiner lebenswichtigen Geräte gesorgt. Bei meiner überstürzten Flucht mit Rhodans Raumboot war ein großer Teil der Mikro-Aggregate zurückgeblieben.
Wenn ich nur eine bestimmte Kapsel in meinen Besitz bringen konnte, war meine Gefangenschaft beendet. Ich hatte einwandfrei kalkuliert. Es konnte keine Versager geben, vorausgesetzt, der unbekannte Faktor Marlis Gentner hatte positiv reagiert.
Die beiden bewaffneten Wächter tauchten wieder auf. Routinemäßig deuteten sie auf die Tür, hinter der ein Lift zum Dachlandeplatz des Hochhauses führte.
Das war gut so! Routinemäßige Handlungen stumpfen immer ab und lassen die gebotene Wachsamkeit einschlafen. Sogar der ewig argwöhnische Tombe Gmuna dachte sich nichts dabei, als er neben mir in das Kraftfeld glitt.
Schwerelos schwebten wir nach oben, wo die Rotormaschine der Abwehr wartete.
Die größte und bedeutendste Raumakademie des Solaren Imperiums lag außerhalb des gewaltigen Raumflughafens.
Weit östlich konnte ich die glänzenden Dächer der Hochbauten sehen. Terrania, die erst seit 60 Jahren bestehende Hauptstadt der Erde und des kleinen Planetenreiches, wurde bereits von über 14 Millionen Menschen bewohnt.
Es war eine beeindruckende Stadt, die wie ich zugeben mußte! - in der Galaxis einen bevorzugten Platz einnehmen würde, wenn sie den anderen Intelligenzen der Milchstraße erst einmal bekannt geworden war. Vorerst spielte Perry Rhodan ja noch den toten Mann, was sich aber, meiner Auffassung nach, sehr bald ändern würde.
Bei seinen gewagten Unternehmen konnte eine Entdeckung nicht ausbleiben. Bis dahin wollte ich aber nicht mehr auf der Erde sein. Mein Platz war im Kristallpalast von Arkon l, der beherrschenden Welt des bekannten Universums.
Als ich in die Maschine stieg, dachte ich flüchtig daran, wie wertvoll meine unauffällige Hilfe für die Menschen sein konnte. Hätte ich den Männern der Abwehr etwa erklären sollen, ich, Atlan, trüge mich mit der ehrlichen Absicht, den aufstrebenden Terranern von Arkon aus helfend unter die Arme zu greifen?
Niemand hätte mir geglaubt, zumal ja die offizielle Meinung bestand, alle Arkoniden seien degeneriert.
Ich
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