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0054 - Wir und der Hellseher

0054 - Wir und der Hellseher

Titel: 0054 - Wir und der Hellseher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wir und der Hellseher
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wartete er, bis sein Gefangener gelesen hatte.
    Dann, als Hamilton das Blatt sinken ließ, fuhr er fort: »Wir lassen Sie laufen. Wenn Sie gefragt werden, erzählen Sie, dass Sie sich wegen der Warnung Ihres Neffen versteckt gehalten haben. Man wird Sie in Zukunft nicht mehr in Ruhe lassen. Sehr viele Leute werden Sie bestürmen, ihnen etwas über die Zukunft oder die Vergangenheit zu sagen. Sie können das tun oder Sie können es lassen. Uns ist es gleichgültig. Nur in gewissen Fällen legen wir Wert darauf, dass Sie Voraussagen oder Erklärungen abgeben, deren Text und Inhalt wir Ihnen mitteilen. Sie brauchen sich nicht zu beunruhigen. Wir werden dafür sorgen, dass Ihre Äußerungen hin und wieder der Wahrheit entsprechen. Die Menschen pflegen in solchen Fällen nur das Positive zu behalten. Ihr Ruf wird wachsen.«
    »Es tut mir leid, Mister«, antwortete Hamilton. »Ich sagte Ihnen, dass ich keinen Beruf aus meinen Fähigkeiten gemacht habe. Ich bin nicht einmal stolz darauf. Ich wünschte, ich wäre ein normaler Mensch wie alle anderen.«
    »Sie sind ein verdammter Narr«, antwortete der Besucher. »Natürlich geben wir Ihnen einen Haufen Dollars dafür.«
    Hamilton schüttelte den weißen Kopf.
    Der Besucher stand auf.
    »Welches Schicksal sehen Sie jetzt für sich selbst voraus, Hamilton?«, fragte er zynisch.
    »Ich weiß nie etwas über mich selbst.«
    »Sie brauchen keine hellseherische Begabung dazu. Normaler Verstand genügt. Ich werde im Laufe der nächsten vierundzwanzig Stunden noch einmal zurückkommen, und wenn Sie es sich bis dahin nicht überlegt haben, werde ich Ihnen vielleicht mein Gesicht zeigen.«
    Er drehte sich um und ging zur Tür. Als er die Hand auf die Klinke legte, drang die Stimme seines Gefangenen an sein Ohr.
    »Mister!«
    Er drehte sich um. Thornwell Hamilton hatte sich auf die Pritsche gesetzt, aber sein Kopf hing tief auf der Brust, seine Hände hingen zwischen den Knien herab, seine Stimme war leise und sehr verändert. Er stieß die Worte mit großen Abständen hervor.
    »Mister!… Mister, Sie müssen… aufpassen… Sie… leben nicht mehr lange, wenn… Sie… nicht auf hören. Sie… werden sterben… wie der Mann mit… der Narbe. Auf die gleiche Weise. Sie… werden sterben, wenn Sie… Ihre Pläne ausführen.«
    »Welche Pläne?«, fragte der Mann mit der Maske.
    Hamilton hob nicht den Kopf.
    »Es… hängt… mit einem Kind zusammen.«
    »Halten Sie den Mund!«, schrie der Fremde. »Sie versuchen zu bluffen!«
    Er tat drei Schritte in das Zimmer hinein auf Hamilton zu. Plötzlich warf der Alte den Kopf hoch. Seine Augen waren auf den Fremden gerichtet, und doch ging der Blick durch ihn hindurch in unendliche Fernen. Seine Stimme blieb die gleiche, nur dass er die nächsten Worte schnell und leichthin sprach, als bedeuteten sie das Harmloseste von der Welt.
    »Haben Sie nicht bereits einen Mord begangen, Mister? Sie haben Ihre Frau umgebracht.«
    Der Mann mit der Maske prallte wie unter einem schweren Faustschlag zurück.
    Mit weit aufgerissenen Augen sah er, wie Thornwell Hamilton langsam den Kopf wieder sinken ließ, die Hände hob und sein Gesicht bedeckte, als suche er die Dunkelheit, um den eigenen Visionen zu entrinnen.
    Eine Minute oder zwei standen sich die Männer so gegenüber. Dann brach der Fremde in ein künstliches Gelächter aus.
    »Sie sind wirklich ein Narr«, brachte er mit Anstrengung heraus. »Als Hellseher sind Sie bestimmt die Dollars nicht wert die wir für Sie hinauswerfen wollten. Aber ich halte mein Angebot aufrecht. Wir sehen uns wieder.«
    Er wandte sich um, riss die Tür auf und ging hinaus.
    ***
    Draußen in der Werkshalle, deren Fenster zerbrochen waren und in deren Winkel ein paar Maschinen verrosteten, nahm Til Furner den Hut ab und streifte sich die Strumpfmaske vom Kopf. Maske und Hut in der Hand blieb er stehen und starrte vor sich hin. Sein Gesicht zeigte einen Ausdruck völliger Verstörtheit.
    Woher wusste dieser Mann dort auf der Pritsche von dem Mord an Joan, von diesem ersten großen, heimtückischen Unternehmen seines Lebens, dem Giftmord, den er begangen hatte, um in den Besitz der Versicherungssumme zu kommen? Jener Mord, der ihn für alle Zeiten an Georg Bellow band, war die Tat, die Furner nicht vergessen konnte, obwohl er inzwischen den Tod vieler Menschen befohlen hatte, aber obwohl das Gesetz nie einen Unterschied zwischen Mord und Mord machte, Furners Seele zwang ihn zu diesem Unterschied. Für ihn selbst bestand ein

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