0054 - Wir und der Hellseher
wohltuendes Feuer aus.
»Sehr gut, Richard«, lobte ich.
»Vielen Dank, Sir, aber ich darf darauf aufmerksam machen, dass meine Erfindung ihre richtige Wirkung erst ergibt, wenn man mindestens fünf davon zu sich genommen hat.« Er taxierte mich mit einem abschätzenden Blick. »Bei einem Herrn Ihrer Größe und Statur würde ich sogar sieben Drinks empfehlen.«
»Zunächst nur noch einen«, lachte ich, »und lieber vom milden Typ.«
Während er wieder begeistert mixte, wandte ich mich um und inspizierte die Tische.
In der linken Ecke zwischen zwei Säulen sah ich den Rücken einer Frau. Ich erkannte Irene Cresbyl an der Farbe ihrer Haare und der Art, wie sie manchmal nervös mit der rechten Schulter zuckte. Von dem Mann, der bei ihr saß, konnte ich nur die Hände und einen Teil der Ärmel sehen. Den Rest verdeckte die Säule.
Befriedigt darüber, dass ich sie überhaupt gefunden hatte, wandte ich mich wieder dem Mixer zu und begann mit ihm ein Gespräch über die Bar und ihren Besitzer, über den Umsatz und über die Art, von der Cocktails beschaffen sein mussten, um als gut zu gelten. Von Zeit zu Zeit vergewisserte ich mich durch einen Blick, dass Irene Cresbyl noch auf ihrem Platz saß.
Und trotzdem geschah es, dass ich, als ich wieder einmal hinter mich blickte, den Tisch zwischen den beiden Säulen plötzlich leer fand.
»Haben Sie gesehen, wohin die Dame gegangen ist, die dort am Tisch saß«, unterbrach ich rau den Mixer, der gerade von seinem wunderbaren Rezept für echte Martinis schwärmte.
»Welche Dame, Sir? Meinen Sie die schlanke Frau im blauen Kleid?«
»Ja. Wohin ging sie?«
Er wiegte den Kopf. »Tja, Sir, ich bin nicht sicher, ob…«
»Gangster«, knurrte ich und schob eine Zwanzigdollarnote über den Tisch.
Sofort beugte er sich vor und flüsterte: »Der Mann, der bei ihr war, führte sie in das Büro unseres Geschäftsführers. Sie benutzte die zweite Tür an der Stirnwand neben der Wermutreklame.«
»Danke«, sagte ich, warf noch zehn Dollar für die Karussells dazu, rutschte vom Hocker und steuerte die bezeichnete Tür an.
***
Ich spürte sofort Unruhe hinter mir, und noch bevor ich die Tür erreicht hatte, hatten mich zwei Kellner und ein Mann im schwarzen Anzug überholt und sich zwischen mich und die Tür geschoben.
»Es tut mir leid«, sagte einer der Kellner. »Die Tür führt in Privaträume. Der Ausgang befindet sich in genau entgegengesetzter Richtung.«
Ich zog meinen Ausweis. »FBI. Ich warne Sie, mich an der Ausübung dienstlicher Pflichten zu hindern.«
Beim Anblick des Dokumentes zogen die drei Burschen betretene Gesichter und die Kellner trafen Anstalten, sich zurückzuziehen. Der Mann im schwarzen Anzug aber kläffte: »Ich glaube nicht, dass ein Cop hier hingehen darf, wohin er will, nur weil er ein Cop ist. Er hat keinen Haussuchungsbefehl, und schließlich sind wir Bürger der Staaten, die…«
Bevor er noch aussprechen konnte, hatte ich ihn mit einer Armbewegung zur Seite geschoben. Daraufhin wurde er frech und hob die Arme.
Ich packte zu, zog ihn an den Jackenaufschlägen zu mir heran, machte eine halbe Drehung nach links und stieß ihn dann von mir. Ich gab ihm einiges an Fahrt mit, sodass er einen Tisch nicht vermeiden konnte, ihn umriss und unter ziemlichem Gepolter zu Boden ging.
Das interessierte mich schon nicht mehr. Ich öffnete die Tür. Dahinter zeigte sich ein schmaler Gang und am Ende dieses Ganges wieder eine Tür. Als ich sie öffnete, geriet ich in eine Art Büro und vor das Angesicht eines höchst erstaunten Mannes. Burschen wie diesen hier mag ich auf den ersten Blick nicht leiden. Ich habe etwas gegen diese geschniegelten Tangofiguren, die immer so aussehen, als wären sie geölt.
Das Zimmer war voller Rauch, obwohl das Fenster offenstand. »Wo sind die Frau und der Mann, die gerade hereingekommen sind?«, fauchte ich ihn an.
Er zog seine Augenbrauen hoch.
»Was wollen Sie?«, erkundigte er sich hochmütig.
Ich ging um den Schreibtisch herum und auf ihn zu, und er wich unsicher zwei Schritte zurück.
»Ich bin FBI-Beamter, und ich verhafte Sie auf der Stelle, wenn Sie meine Frage nicht sofort beantworten. Wo ist Irene Cresbyl?«
»Es war niemand hier«, stotterte er.
Ich wies auf den überfüllten Aschenbecher, in dem die Reste noch qualmten.
»Das haben Sie also alles allein geraucht«, knurrte ich, schob ihn zur Seite und ging zum Fenster.
Das Fenster führte in einen kleinen Hof. Ich sprang kurzerhand hinaus, überquerte
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