0054 - Wir und der Hellseher
bewiesen, dass die tödlichen Kugeln aus nächster Nähe abgefeuert worden waren.
»Ich glaube nicht, dass wir noch viel entdecken werden«, sagte Phil.
»Aber morgen werden wir von Hamilton und Irene Cresbyl einiges Interessantes zu hören bekommen«, freute ich mich. »Liegt eine Nachricht von Trevor vor, was er mit den Leuten aus der Royal Bar angefangen hat?«
»Sie sitzen schon.«
»Schön«, sagte ich. »Hamilton und Irene Cresbyl müssen wir ein wenig Ruhe gönnen, aber die Royal-Leute müssen wir uns heute Nacht noch vornehmen.«
»Okay«, sagte Phil. »Ich fahre dich!«
Ich machte es mir bequem. Vielleicht duselte ich ein wenig vor mich hin, jedenfalls achtete ich nicht auf den Weg, und als Phil stoppte, standen wir vor dem Haus, in dem sich meine Wohnung befindet.
»He, was fällt dir ein?«, empörte ich mich.
»Du gehst jetzt in dein Bett«, erklärte Phil. »Die Royal-Leute vernehme ich. Oder traust du mir das nicht zu?«
»Oh, natürlich, nur…«
»Raus!«, befahl Phil.
Mir blieb nichts anderes übrig. Als ich an der Haustür stand, beugte er sich aus dem Wagen und sagte: »Wenn du nächstens wieder so etwas vorhast, dann rufst du mich gefälligst an, oder ich bin dein Freund gewesen.«
***
Um sieben Uhr morgens fand ich mich, frisch rasiert und trotz der wenigen Stunden Schlaf bestens in Form, im Hauptquartier ein. Aussicht auf Erfolg ist das beste Erholungsmittel.
Phil sah ein wenig grau aus. Er hatte die ganze Nacht über die Kellner, den Portier und vor allen Dingen den Geschäftsführer der Royal Bar ausgequetscht und war nur zu zwei Stunden Schlaf auf der Couch im Büro gekommen.
»Alles in Ordnung«, sagte er und zeigte auf einen Berg von Protokollen. »Sie haben gestanden, was sie zu gestehen hatten. Die Royal Bar ist ein verkappter Callgirl-Laden. Als Inhaber ist jener Charles Galeazzo eingetragen, der den Gangstern seinen Lincoln pumpte, aber er schwört jeden Eid, er sei nur das Aushängeschild, habe genaue Bücher zu führen und müsse die Überschüsse abführen, und zwar an jenen Mann, der mit Irene Cresbyl in der Bar war. Er behauptet, nur den Vornamen zu wissen: Til. Galeazzo hält jenen Til für einen ganz großen Gangsterboss, aber ich habe noch keinen wirklich großen Boss gesehen, der die kleine Arbeit selbst tut. Wahrscheinlich ist jener Til auch nur ein Unterführer. Die Kellner und der Portier haben die Aussagen im Wesentlichen.bestätigt, und so haben wir jetzt eine recht gute Personenbeschreibung des Mr. Til. Leider nicht mehr.«
»Und Hamilton und Irene Cresbyl?«
»Wir haben ihnen die komfortabelste Zelle gegeben, über die wir verfügen.«
»Können wir sie vernehmen?«
»Ich hoffe, dass sie bereits aufgestanden sind.«
»Okay, also Irene Cresbyl zuerst.«
Knappe zehn Minuten später saß die Frau vor meinem Schreibtisch.
»Wir haben uns schon bei Richter McRoy gesehen«, begann ich. »Ich bin noch immer der Meinung, dass Sie in den früheren Verhören gelogen, oder genauer gesagt, geschwiegen haben. Ich hoffe, die Ereignisse der vergangenen Nacht haben Ihnen bewiesen, dass Sie mit der falschen Seite gespielt haben. Wollen Sie jetzt eine wahrheitsgetreue Aussage machen, Mrs. Cresbyl?«
»Ich will«, antwortete sie.
In der nächsten halben Stunde packte sie aus, und wir erfuhren eine höchst erstaunliche Geschichte.
John Cresbyl, der reiche Mann, Mitinhaber einer Anzahl von Fabriken, hatte in Wirklichkeit keinen Cent besessen. Er saß in den Aufsichtsräten der Firmen nicht für eigene Rechnung, sondern für irgendjemanden, von dem er völlig abhängig war, und er musste die Absichten dieses Unbekannten verwirklichen. Er bekam ein hohes Gehalt, und er gab auch die Steuererklärungen für die Gewinne aus dem Aktienbesitz jener Firma ab, aber er erhielt von diesem Gewinn nichts.
Im Laufe der Jahre ihrer Ehe mit John hatte Irene Cresbyl manche Einzelheit erfahren, und sie wusste auch, dass ein Mann mit Namen Til der Bote und die rechte Hand jenes Allgewaltigen im Dunkeln war, »Ich weiß nicht, in welche Schwierigkeiten John geriet«, erklärte sie. »Ich vermute, dass er Gelder des Chefs auf die Seite geschafft hat. Sie wissen, er spielte gern und gab sehr viel Geld aus. In jener Nacht nun kam er nicht allein nach Hause, sondern in Begleitung von zwei Männern. Ich lag wirklich in meinem Bett. Lumm, der Butler, muss ihnen geöffnet haben. Sie gingen in den Salon, der unmittelbar an mein Schlafzimmer grenzt, und ich hörte John ein- oder zweimal
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