0056 - Die Teufelshöhle
von Diamanten, Saphiren, Opalen und anderen Edelsteinen. Krüge und Trinkgefäße, Teller und Bestecke aus reinem Gold. Und selbst die Wände waren aus goldenen Platten angefertigt.
Sie hatte keine Zeit, diese unglaubliche Pracht zu bewundern.
Batak schlug dreimal an den schweren goldenen Gong, der auf einem Marmortisch stand. Und gleich darauf erschien der Große Shuri im Prunkraum.
Seine Blicke tasteten die neue Gefangene förmlich ab.
»Das ist nur Rawisa«, sagte er dann brummend. »Du solltest mir Sita zurückbringen.«
»Diesmal ging es nicht, Großer Shuri«, sagte Batak und machte eine tiefe Verbeugung. »Das Haus des Raja ist zu streng bewacht. Wir konnten nicht eindringen. Und der Raja lässt das Mädchen nicht mehr aus dem Hause. Vor allem, da dieser Fremde jetzt bei ihnen ist.«
»Der Fremde?«, fragte der Große Shuri. »Von wem sprichst du?«
»Ich meine den Mann, den selbst die Dämonen fürchten«, sagte Batak kleinlaut.
»Sprich den Namen nicht aus!«, donnerte der Große Shuri los. Er wusste zu gut, dass Batak Professor Zamorra meinte. Und seine Donnerstimme sollte darüber hinwegtäuschen, dass die Anwesenheit des Professors auch ihn in Angst und Zweifel versetzte.
»Du hättest Sita nicht erst entkommen lassen dürfen!«, dröhnte die Stimme des Shuri weiter.
»Sie war zu schlau, Herr«, verteidigte sich Batak. »Es ging alles zu schnell, und ich habe nicht mit ihrer List gerechnet. Das Mädchen ist schlau wie der Leopard im Dunkel der Berge.«
»Schweig!«, brüllte der Shuri ihn an. »Ich weiß jetzt, dass du dümmer bist als die dümmste Mücke, die sich von einem Vogel fangen lässt. Kein Wort mehr jetzt. Und nun bereitet das Mädchen Rawisa auf ihre Pflichten vor. Gebt ihr Speisen und Trank. Dann sollt ihr sie in die seidenen Tempelgewänder kleiden. In einer Stunde soll die Gefangene vor mir tanzen.«
***
Der Raja, Sitas Vater, war überglücklich über die gelungene Flucht der Tochter. Diese Tatsache tröstete ihn ein wenig darüber hinweg, dass seine anderen beiden Töchter, Siri und Manika, noch in der Gewalt der Shuris waren.
Zamorra, der sich in Rajas Haus aufhielt, sah in der Flucht der Tamilentochter vor allem einen praktischen Wert. Die Beobachtungen, die Sita im Tempel der Gelben Furien gemacht hatte, konnten ihm bei seinen taktischen Plänen helfen.
Er musste die Shuris zur Strecke bringen! Er wollte und musste die gefangenen Mädchen befreien!
Und vor allem befand sich Nicole, seine Sekretärin, noch in den Klauen der Shuris.
Sita konnte dem Professor aufgrund ihrer Beobachtungen manchen wertvollen Hinweis geben.
Zunächst versuchte sie, so gut es ging, Zamorra eine Skizze vom Inneren des Tempels anzufertigen.
»Es muss zwei Eingänge geben«, sagte Zamorra, der mit dem Diener Shandri vergeblich versucht hatte, den versteckten Eingang hinter dem Wasserfall zu finden.
»Der erste Eingang liegt hier oben«, sagte Sita. Sie malte eine Hängebrücke auf ein Blatt Papier. Hinter dieser Brücke befand sich der erste Eingang. Durch einen geheimen Mechanismus konnte das riesenhafte Felsentor von innen geöffnet werden. Sita selbst hatte mit Nicoles Hilfe diesen Hebel im Korridor des Tempels gefunden und das Tor in die Freiheit für sich öffnen können.
Sie gab Zamorra die Stelle an, wo sich der geheime Hebel befand.
Hinter einem Schmuckkästchen, einer kleinen Schatulle, die mit Gold und Edelsteinen versehen und in die Wand eingelassen war.
Zamorra wusste, dass ihm die Kenntnis um diesen ersten Eingang nicht viel nützen würde. Von außen her konnte man sich wohl kaum Zutritt zum geheimen Reich der Shuris verschaffen.
Aber immerhin wusste der Professor schon allerhand.
Er ging in Gedanken die Geschehnisse der letzten Tage noch einmal durch.
Was war geschehen?
Der Große Shuri, der Geist des alten Singhalesenkönigs, hatte dank seiner überirdischen Kraft wieder menschliche Gestalt angenommen. Auch seinen Familienmitgliedern hatte er zu einem neuen und zweiten Leben verholfen. Sie lebten gemeinsam in den mit Gold überladenen Räumen des Unterwassertempels. Hinter der Stadt Mihintale, auf Ceylon.
Die Shuris waren von dem Willen der Rache beseelt. Die alte Feindschaft mit dem Königsgeschlecht der Tamilen, den Rajas, die vor ihnen die Macht auf der Insel gehabt hatten, ließ ihnen keine Ruhe.
In der Pracht des Unterwassertempels gaben sie sich den Freuden und Genüssen des Lebens hin. Um ihre Feste ausschweifender zu machen, ließen sie die Mädchen der ihnen
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