0056 - Die Teufelshöhle
scharfe Klinge seines Kris den ersten Stein herausgeschnitten. Der Mörtel gab leichter nach, als er angenommen hatte.
Er hörte die aufgeregten Stimmen Siris und ihrer Schwester Manika.
»Wir holen euch heraus!«, rief Shandri hinunter.
Und es fiel den Mädchen schwer, einen gellenden Freudenschrei zu unterdrücken.
»Sagt mir schnell, wann euch die Furien wieder abholen werden«, rief Shandri in den Kerker hinein.
»In einer Stunde müssen wir tanzen. Aber sie kommen eine Viertelstunde früher, um uns etwas zu essen zu bringen.«
»Also fünfundvierzig Minuten Zeit für uns«, sagte Shandri. »Wartet ab und verhaltet euch ruhig. Ich werde den Professor fragen.«
***
Shandri berichtete Zamorra, was er von den Mädchen erfahren hatte.
Sie berieten nicht sehr lange, aber doch eingehend. Sie mussten einen Weg finden, die vier Wächterinnen gefangen zu nehmen.
»Ich steige in den Kerker ein«, entschied Zamorra dann. »Wir holen die Mädchen vorher heraus. Ich warte, bis die Furien erscheinen. Zwei werde ich in Sekunden bewusstlos machen und ausschalten können. Die anderen halte ich mit der Pistole in Schach. Du wirst einen starken Strick aus Lianen drehen. Am besten mit einer Art kleinem Steigbügel am unteren Ende. Dann werde ich die Furien einzeln an das Seil binden, und du ziehst sie heraus.«
»Es ist gefährlich, Sir«, warnte ihn Shandri.
Aber Zamorra wehrte ab.
»Was wir hinter uns haben, bringt uns wieder ein Stück voran. Wir müssen schnellstens die übrigen Mädchen befreien. Erst dann ist der Tempel sturmreif für uns. Und ich habe vor, ihn zu stürmen. Wir werden die Shuris aus ihm vertreiben. Aber noch ist zu befürchten, dass sie sich grausam an den Mädchen rächen werden, sobald sie erfahren müssen, dass alle Furien in unserer Hand sind. Also Beeilung, Shandri. Lass die Klinge deines Kris arbeiten. Mache das Loch so groß, dass ein Mensch sich gerade durchschieben kann.«
Shandri arbeitete fieberhaft und verbissen. Der Mörtel gab nach.
Bald konnte er einige kleinere und größere Felsstücke aus der Mauer entfernen.
Der Sklave des Shuri lag reglos auf dem Boden. Er hatte sich in sein Schicksal ergeben.
Und Shandri arbeitete weiter. Nach einer halben Stunde war die Öffnung im Felsen groß genug.
Zamorra stand inzwischen mit einem Seil bereit.
»Hier«, sagte er. »Sag den Mädchen Bescheid.«
»Achtung, Siri!«, rief Shandri in das Verlies hinunter. »Komm du zuerst. Glaubt ihr, dass ihr stark genug seid, euch beim Hochziehen an dem Seil festzuhalten?«
Die Mädchen bejahten das, hocherfreut über ihre kommende Befreiung.
Da ließ Shandri das Seil ganz hinab.
Es dauerte nur Sekunden, bis Siris Kopf in der Öffnung erschien.
Behutsam zog Shandri ihren schmächtigen Körper heraus. Das Mädchen sprang erleichtert auf die Füße und fiel ihrem jungen Retter um den Hals.
Shandri drückte die Tochter seines Herrn an sich. Ganz kurz und sanft.
Dann war das Seil schon wieder unterwegs. Manika, die jüngste der drei Raja-Töchter, wurde auf die gleiche Weise hochgezogen und gerettet.
»Schnell«, sagte Zamorra. »Haltet fest und lasst mich hinunter. Ist der Boden in dem Verlies eben?«, fragte er die Mädchen auf Englisch.
»Ja, Sir, ziemlich eben«, gab Siri zur Antwort.
»Seid ihr verletzt?«
»Nein.«
»Gut. Sagt Shandri alles, was euch wichtig erscheint. Und du, Shandri, wirst die entfernten Steine provisorisch wieder in die Öffnung legen. Die Furien dürfen das Loch nicht sehen, wenn sie den dunklen Raum betreten.«
»Ja, Sir.«
Zamorra ergriff das Seil und brachte seinen Körper in die Öffnung.
Shandri, von Siri und Manika unterstützt, bremste, mit gespreizten Beinen auf dem Felsen stehend, die Geschwindigkeit des hinabgleitenden Seils.
Bald spürte Zamorra Boden unter den Füßen. Er zog an dem Strick aus Lianen, zum Zeichen, dass Shandri ihn wieder nach oben ziehen sollte.
»Eine Fackel!«, rief er hinauf.
Shandri warf ihm eine der präparierten Fackeln in das Verlies.
Dann legte er die herausgetrennten Steine wieder übereinander. Die dünnen Ritzen füllte er mit dem zerbröckelten Mörtel. Vom Inneren des Raumes aus konnte man nicht mehr erkennen, dass der Felsen an dieser Stelle aufgebrochen war. Zumindest nicht, wenn man ihn nicht genau untersuchte.
Die Minuten flossen träge dahin.
Und Zamorra wartete. Er hatte seinen Plan. Und er konnte die weiblichen Furien nicht schonen. Zu teuflisch waren sie zu Werke gegangen, hatten eine Reihe von
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