0057 - Die Attentäter
also etwas Klügeres einfallen, Mann! Und merken Sie sich für alle Zukunft: Mit plumpen Drohungen können Sie keinen Aufrechten Demokraten einschüchtern!"
*
Die Art und Weise, wie Hollander schließlich nachgab, mahnte zur Vorsicht. Mullon nahm sich vor, die Augen offenzuhalten.
Von den zehn Männern, die Mullon im Laufe der mehrstündigen Verhandlungen kennengelernt hatte, hielt er allein Hollander aufgrund seiner Intelligenz für gefährlich. Die übrigen machten einen recht mittelmäßigen Eindruck. Hollander hatte sie fest und sicher in der Hand.
Eine Überraschung für Mullon war gewesen, daß Hollander sich als Offizier der städtischen Polizei von Terrania entpuppte. Das war kein besonders wichtiger Posten, aber er verschaffte Hollander und damit den Naturphilosophen Zutritt zu manchen Stellen, zu denen ein anderer nicht ohne weiteres gelangte.
Im Anschluß an die Verhandlungen sah Mullon sich vor ein Problem gestellt, das sich von allen schließlich als das schwierigste herausstellte nicht zuletzt deswegen, weil Mullon vor seiner Lösung beträchtliche Angst hatte: Fraudy Nicholson! Wie konnte er ihr klarmachen, was er und die Aufrechten Demokraten wollten? Würde sie nicht, bevor er noch zu Wort kam, ihm zu verstehen geben, daß sie mit ihm nichts mehr zu tun haben wolle?
Mullon entschloß sich kurzerhand und in einer Aufwallung persönlichen Mutes, auf alle Fragen eine Antwort dadurch zu finden, indem er mit Fraudy sprach.
Hollander hatte nichts dagegen einzuwenden.
Mullon besuchte also Fraudy in dem kleinen, einfenstrigen Nebenraum, in dem man sie untergebracht hatte, und schickte den Wärter von der Tür weg. Dann begann er zu reden und zu erklären - und seltsamerweise unterbrach Fraudy ihn nicht, sondern hörte ihm aufmerksam zu. Anfangs mißtrauisch, dann immer unvoreingenommener, und schließlich erklärte sie zu Mullons maßloser Überraschung: „Ihre Gründe sind gut, Mr. Mullon. Edel, würde ich fast sagen. Nur die Voraussetzungen, auf denen Sie aufbauen, sind falsch!"
Mullon war verblüfft. Aber dann begann er mit der Beredsamkeit, die er in langen Diskussionsabenden unter Beweis gestellt hatte, Fraudy die Motive der Aufrechten Demokraten auseinanderzusetzen.
Schließlich schüttelte das Mädchen widerwillig den Kopf und meinte: „Mir schwirrt der Schädel, Mr. Mullon. Ich glaube, ich muß das alles erst einmal verdauen. Es klingt so, als hätten Sie recht ... aber muß ich Ihnen das jetzt gleich bestätigen?"
Mullon verzichtete darauf. Er hatte ohnehin mehr erreicht, als er sich vorgestellt hatte. Hollander erlaubte der Gefangenen, das Mittagessen mit Mullon gemeinsam einzunehmen. Fraudy aß mit gutem Appetit. Sie hatte zuvor in einem der Räume, die nur nach außen hin als Büro getarnt, innen aber bis auf einen „Vorführraum" wie eine Wohnung eingerichtet waren, ein heißes Bad genommen und alle Nachwirkungen des Cepheidins bis auf die blaue Färbung der Augäpfel hinweggespült.
„Apropos Cepheidin", begann sie während des Essens: „Die Naturphilosophen sind es auch gewesen, die Sie in der Nacht im Hotel besucht haben?" Mullon nickte. „Woher wußten sie davon, daß Sie hierhergekommen sind, um Rhodan ... na, umzubringen?" Mullon hob die Schultern. „Keine Ahnung.
Offensichtlich haben sie ein vorzügliches Agentensystem."
„Wo hat Hollander übrigens das Cepheidin her?" wollte Fraudy wissen. „Soweit mir bekannt ist, kann man es nicht kaufen." Mullon wußte es nicht. Er sagte: „Hollander ist Polizeioffizier in Terrania. Da hat er ..."
Fraudys Gabel fiel klirrend auf den Teller. Mullon sah überrascht auf.
„Polizeioffizier?" würgte Fraudy. Mullon nickte. „Ja, warum überrascht Sie das so?" Fraudy nahm ihre Gabel wieder auf.
„Na", entgegnete sie leichthin, „das gibt es doch selten, daß ein Polizeioffizier unter die Revolutionäre geht?"
Mullon stimmte zu. Trotzdem machte ihn Fraudys heftige Reaktion ein wenig mißtrauisch.
„Dann kann ich mir auch denken, woher er das Cepheidin hat", fuhr das Mädchen nach einer Weile in gleichgültigem Ton fort. „Polizeioffiziere haben zur Akademie und anderen Gebäuden unter der Schutzkuppel natürlich jederzeit Zutritt. Und in der Akademie gibt es ganze Cepheidin-Kulturen."
Damit schien das Thema für sie abgeschlossen. Ein paar Minuten später fragte sie jedoch plötzlich: „Wie bringt er das Gift eigentlich an den Mann? Schleicht er sich an und sticht ihm eine Nadel ins Fleisch?" Mullon lachte.
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