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0057 - Finger weg von solchen Sachen

0057 - Finger weg von solchen Sachen

Titel: 0057 - Finger weg von solchen Sachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut Kobusch
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gelehnt. Ich bückte mich und streifte mir die Schuhe ab.
    Der Erdboden war kalt und feucht. Die Kälte drang augenblicklich durch die dünnen Pe'rlonsocken.
    Ich stieg als erster die Leiter hinauf.
    Als ich die Öffnung erreicht hatte, tastete ich sie erst mit den Händen ab. Es gab eine Art Boden. Ich stieg leise hinein. Dann winkte ich Phil.
    Unten hörte ich das heisere irre Murmeln des verrückten Mörders. Dazwischen waren die ruhigen Atemzüge des schlafenden Kindes zu hören. Mir klopfte das Herz bis in den Hals hinein. Babykiller Jackson murmelte immer weiter seine Sprüche von kleinen weißen Engeln. Hin und wieder schien er auf seine Uhr zu sehen, denn er sagte manchmal, daß es nur noch vier, dann nur noch drei Minuten wären.
    Phil hatte jetzt ebenfalls den Boden erreicht, der in der Scheune in ungefähr drei Meter Höhe eingebaut war.
    Vor uns lag undurchdringliche Dunkelheit. Wir legten uns beide fläch auf den Bretterboden und krochen langsam vorwärts. Plötzlich griffen meine Hände vor mir ins Leere. Wir hatten den Ausschnitt im Boden erreicht, durch den man das Heu oder das Stroh an den Gabeln nach oben reichte.
    Ich kroch langsam so weit nach vorn, bis ich hinabsehen konnte. Eine Weile brauchte ich, dann sah ich schräg unter mir etwas Helles schimmern. Wie sich später herausstellte, war es das helle Kleid des Kindes, daß mir in der Finsternis als heller Fleck erschienen war.
    Noch immer murmelte Jackson seine Sprüche. Aber es kam mir vor, als wären sie erregter, hastiger, schneller als vorher.
    Ich tastete mit meinen Fingern Phils Kopf ab, bis ich sein Ohr gefunden hatte. Ich brachte meinen Mund dicht an seine Ohrmuschel und hauchte tonlos: »Wenn ich schreie, dann schaltest du die Taschenlampe ein, und ich springe…«
    Irgendwie fühlte ich, daß er nickte.
    Ich richtete mich langsam auf. Lange konnte es nicht mehr dauern. Auch Phil bewegte sich. Wahrscheinlich griff er jetzt nach seiner Taschenlampe, die er wohl in irgendeiner Hosentasche bei sich trug.
    »Lauter kleine weiße Engel!« keifte der Irre unter uns plötzlich. Seine Stimme war auf einmal scharf wie die Schneide eines Rasiermessers.
    »Phil!« schrie ich erschrocken.
    Der Lichtschein seiner Lampe glitt lautlos wie ein Messer durch die Finsternis. In ihrem Kegel sah ich ein Gesicht, das mir wie die Fratze eines Teufels vorkam: wirre Haare, die in die Stirn hingen, ein unrasiertes, mit dunklen Bartstoppeln verdecktes verzerrtes Gesicht, in dem ein Paar flackernde, irrleuchtende Augen glühten. Ein Paar Hände, deren Finger wie Krallen halb gekrümmt waren.
    Irgendwo draußen war Geschrei und Schießen.
    Babykiller Jackson sprang auf die Füße und schrie: »Zwölf Uhr! Zwölf Uhr! Lauter kleine Engel!«
    Ich breitete die Arme aus und sprang hinab.
    Meine Hände fuhren ihm ins Gesicht. Wir stürzten beide und kugelten durch die Scheune, bis wir gegen eine Wand schlugen.
    Phil schrie etwas. Dazwischen gellte der Schrei des erwachten Kindes.
    Ich hielt, was ich gepackt hatte. Es war weich und warm, vielleicht das Gesicht des mehrfachen Kindermörders.Plötzlich fuhr mir etwas Heißes in den linken Oberarm. Ich fühlte gleichzeitig, wie meine linke Hand seine Haare erwischt hatte. Ich krallte mich in sein Haar, als ob mein Leben davon abhinge. Mit der rechten Hand versuchte ich auszuholen und schlug ein paarmal zu. Aber plötzlich schlug ich genau in die Spitze eines Messers.
    Dann bekam ich einen dritten Stich in den linken Oberarm. Obgleich ich nicht wollte, ließ ich doch los.
    Ich tastete sofort wieder nach, aber ich griff ins Leere.
    Plötzlich war fast Tageshelle um uns. Ich sah Babykiller Jackson keine drei Schritte weit von mir an der Wand lehnen.
    In der rechten Hand hielt er ein blutiges Messer. Das Kind saß wie gelähmt vor Angst genau zu seinen Füßen. Die Augen des Wahnsinnigen glühten im Widerschein der Taschenlampen.
    Niemand wagte einen Schritt weiterzugehen. Alle sahen nur das Kind zu seinen Füßen.
    »Hihihi!« gellte ein schneidendes Lachen aus dem Mund des Irren. »Zwölf Uhr! Zwölf Uhr!«
    Wir hatten keine andere Chance! Bei Gott, ich schwöre es. Wir sahen es alle, wie er sich langsam hinabbeugte zu dem Kind, das blutige Messer in der Hand.
    Es hörte sich an wie ein einziger Schuß.
    Aber es waren sechs gewesen.
    Phil hatte geschossen. Ich, der Officer der State Police. Und drei andere. Wir hatten alle möglichst hoch gezielt, um das Kind außerhalb der Schußlinie zu wissen.
    Babykiller Jackson fuhr

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