0059 - Der Dämon aus der Tiefe
nicht zum Bewusstsein. Zum allerletzten Mal schnappte der Kameraverschluss. Nessy grinste zufrieden.
Er wandte sich von Sarra ab. Das würde gestochen scharfe Bilder geben. Nessy hatte einen lichtempfindlichen Film verwendet, um die Tiefenschärfe der Aufnahmen zu erhöhen.
Der Kameramann atmete erfreut durch. So! , sagte er im Geist zu sich. Und nun wieder runter zu den anderen.
Er war davon überzeugt, dass er nicht bloß reportagehafte Aufnahmen im Kasten hatte, sondern dass die Bilder auch, einen gewissen künstlerischen Wert haben würden.
Er wollte auf den Niedergang zugehen, da vernahm er plötzlich hinter sich ein eigenartiges Knirschen. So als würde sich Granit an Granit reiben.
Verwirrt wandte sich Carl Nessy um. Da sprang ihn das eiskalte Entsetzen an. Er konnte nicht verstehen, wie es so etwas geben konnte. Er wusste nur, dass ihn seine Augen nicht narrten. Was er sah, war eine nicht wegzuleugnende Tatsache.
Sarra lebte!
Auf irgendeine schreckliche Art lebte dieses steinerne Scheusal.
Der Dämon hatte sein furchtbares Drachenmaul aufgerissen. Aus den Kiefern ragten fletschende Zähne. Feuer und Schwefeldämpfe fauchten dem verstörten Mann entgegen. Eine tödliche Glut flog in gebündelten Strahlen aus den tückischen Drachenaugen.
Nessy wankte verdattert zurück.
Er wurde beinahe verrückt vor Angst, als er erkannte, dass das unheimliche Monster ihm folgte.
Als er schreien wollte, schossen Sarras kräftige Hände auf seinen Hals zu. Die eiskalten Finger des grausamen Dämons krallten sich blitzschnell um die Kehle des Opfers. Brutal war der Druck. Carl Nessy war in diesem Moment verloren.
Und er wusste das auch…
***
Professor Zamorra erschrak. Er schaute sich suchend um. »Wo ist Nessy?«, fragte er seinen Freund Bill Fleming.
Der Historiker hob die Schultern. »Keine Ahnung. Hat einer von euch Nessy gesehen?«
Jetzt erst fiel den anderen auf, dass der Kameramann nicht bei ihnen unter Deck war. Zamorra hob den Kopf und richtete seinen Blick besorgt nach oben.
»Verdammt, ich wollte ihn nicht aus den Augen lassen!«, zischte der Parapsychologe wütend. Er rannte los. Die anderen blieben mit unschlüssigen Gesichtern zurück. Zamorra stürmte die Stufen hoch.
Augenblicke später knallte ihm die Sonne in die Augen. Er kniff sie zusammen.
Drei Schritte noch.
Ein Bild des absoluten Grauens bot sich ihm. Er hatte schon vieles erlebt und noch mehr gesehen. Aber jenen entsetzensstarren Ausdruck in Carl Nessys Gesicht würde er wohl niemals vergessen.
Sarra hielt den Unglücklichen mit beiden Händen am Hals. Nessys Hände flatterten hilfesuchend durch die Luft.
Zamorra wollte ihm zu Hilfe eilen. Das Monster riss sein schreckliches Drachenmaul auf und fauchte dem Professor eine stinkende Wolke entgegen. Zamorra hustete. Er kämpfte sich durch den ätzenden Brodem. Auf das fürchterliche Gurgeln zu.
Und dann passierte etwas, womit selbst Professor Zamorra nicht gerechnet hatte. Die Luft begann zu flimmern. Es ging alles ungemein schnell. Im Bruchteil einer Sekunde wurden Carl Nessy und das Ungeheuer durchscheinend. Dann wurden sie durchsichtig.
Und dann lösten sie sich vollkommen auf. Nichts blieb von ihnen zurück. Sie waren einfach nicht mehr vorhanden.
Zamorra stockte der Atem. Er fühlte sich so, als hätte er einen gewaltigen Schlag mit einer großen Keule auf den Kopf bekommen.
Jetzt polterten die restlichen Expeditionsteilnehmer an Deck.
»Was ist mit Nessy?«, fragte Bill Fleming besorgt.
»Was ist passiert?«, rief Fabian Granger aufgeregt aus.
Zamorra wandte sich ihnen langsam zu. »Zu spät«, sagte er mit einer brüchigen Stimme. Es klang so, als würde er sich einen bitteren Vorwurf machen. »Ich habe nicht gut genug auf Nessy aufgepasst. Ich hätte wissen müssen, dass sein Leben permanent in Gefahr ist, solange er sich in Sarras Nähe aufhält.«
Jetzt erst fiel Granger auf, dass Sarra nicht mehr auf dem Achterdeck stand.
»Das gibt’s doch nicht!«, schrie er außer sich. »Sag mir einer von euch, dass es so etwas nicht geben kann! Professor Zamorra! Wo ist Sarra? Wo ist der Steinklotz?«
Granger stürmte dorthin, wo Sarra aufgestellt worden war. Ungläubig und verstört suchte er den Fleck ab. Dann rannte er zur Reling und blickte mit glasigen Augen ins Wasser.
»Ist er über Bord gefallen?«, rief er krächzend.
»Er hat sich in Luft aufgelöst«, sagte Zamorra.
»In Luft?«
»Und Nessy hat er mitgenommen, nachdem er ihm das Leben genommen hatte!«,
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