0059 - Der Dämon aus der Tiefe
geschafft. Sie war ihm unbeschreiblich dankbar dafür.
Vorsichtig schaute sie sich um. Dann huschte sie rasch durch den Dienstboteneingang in jenes Hotel, in dem Professor Zamorra wohnte. Sie hasste den Parapsychologen, obgleich sie ihm noch niemals persönlich begegnet war. Keene hatte ihr Zamorra in seinem Nebel-Becken gezeigt. Er hatte ihr gesagt, dass es keinen erbitterteren Feind der Dämonen gab als Zamorra. Also war der Professor auch ihr Feind.
Zamorra muss sterben! , hämmerte es in Angels Kopf.
Sie huschte die Stufen hoch. Niemand sah sie, niemand hörte sie.
Sie bewegte sich schnell wie eine Raubkatze auf der Jagd. Und sie verursachte nicht das geringste Geräusch.
Zamorras Herz musste zum Stillstand kommen.
Durch den Dolch der Dämonen! Angel Kovacs riss den Dolch aus ihrem Gürtel. Eine unbeschreibliche Kraft floss von dieser geheimnisvollen Waffe auf sie über.
Starr und ausdruckslos wurden Angels Augen. Sie fand den Weg zu Zamorras Zimmer mit einer traumwandlerischen Sicherheit. Der Geist Sarras war bei ihr.
Natürlich war die Tür zu Zamorras Zimmer abgeschlossen. Angel betrat einen Raum, in dem die Reinigungsgeräte aufbewahrt wurden. Geschmeidig huschte sie zum Fenster. Sie öffnete es. Die Sonne stach ihr in die Augen, aber ihre Pupillen verengten sich nicht.
Schnell glitt das tödliche Mädchen über die Fensterbank nach draußen. Sie hatte keine Schwierigkeiten, an der Hotelfassade auf das nächste Fenster zuzuturnen. Und dann kam der Balkon mit den schönen weißen Korbsesseln, die Zamorra noch nicht benutzt hatte, und mit den prachtvollen Topfpflanzen, die Zamorra noch gar nicht bewundert hatte.
Angel schwang die Beine über die steinerne Balkonbrüstung. Mit einem federnden Sprung hatte sie festen Boden unter den Füßen.
Lautlos wie ein Schatten schob sie sich auf die offene Balkontür zu.
Im dahinterliegenden Zimmer herrschte absolute Ruhe. Angel war enttäuscht. Sie hätte den Mord gern sofort verübt.
Mit drei schnellen Schritten trat sie ein. Den Vorhang fegte sie mit einer unwilligen Handbewegung zur Seite. Ihre schmalen Augen schauten sich um.
Zamorra war nicht da. Aber sein Amulett war da. Angel konnte die feindliche Ausstrahlung des silbernen Talismans ganz deutlich spüren. Mit gefletschten Zähnen wandte sie sich dem Schrank zu.
Von dort kamen die Strahlen, die sie beinahe schmerzlich trafen.
Hastig lief sie darauf zu.
Als sie das Holz des Schranks berührte, verbrannte sie sich die Finger. Angel stieß einen zornigen Fauchlaut aus. Mit dem Dämonendolch brachte sie die Hitze etwas zum Abklingen. Nun ließ sich die Schranktür öffnen.
Angel grub sich sofort in die Tiefe des Schranks hinein. Atemlos holte sie die lederne Schatulle heraus, in der Professor Zamorra seinen silbernen Talisman verwahrte.
Nervös trug sie die Schatulle zum Telefontisch. Das Ding war für sie zentnerschwer. Angel schleppte sich keuchend damit ab. Hart stellte sie die Schatulle auf den Tisch. Nun fing ein seltsames Kribbeln in ihren Fingern an. Es nahm von ihrem ganzen Körper Besitz.
Sie hatte den Wunsch, die Schatulle zu öffnen. Sie wollte das Zauberamulett Leonardo de Montagnes sehen.
Irgend etwas hielt sie davon ab, den Schatullendeckel mit der Hand zu öffnen.
Sie tat es mit dem Dolch der Dämonen.
Als die blitzende Klinge die Schatulle berührte, knisterte die Luft.
Hier prallten zwei gewaltige Strahlungen aufeinander. Das Gute und das Böse. Ebenbürtige Gegner, wie es schien. Tödliche Kraftfelder auf beiden Seiten.
Angel gelang es, den Schatullendeckel mit der Klinge vorsichtig hochzuheben.
Da traf ein greller Blitz ihre Augen. Ein Feuer wie von tausend Sonnen flog ihr entgegen. Sie stieß einen erschrockenen Schrei aus.
Ihr Gesicht verzerrte sich, nahm einen grauenerregenden Ausdruck an, wurde für einen Moment zu einer teuflischen Fratze. Angel bleckte die Zähne, die zu einem kräftigen Raubtiergebiss geworden waren. Sie knurrte wie eine Wölfin, während sie ihre Oberlippe von den gefletschten Zähnen hochzog.
Der Schatullendeckel war wieder zugefallen. Angel rieb sich die immer noch schmerzenden Augen.
»Das wird dir nichts nützen!«, fauchte das Mädchen gereizt. »Ich werde dich zu Sarra bringen! Und er wird dich vernichten!«
Nervös griff sie nach der Schatulle, um sie wieder an sich zu nehmen.
Da hörte sie, wie jemand einen Schlüssel ins Schloss schob.
Zamorra!
***
Völlig verstört betrat Mick Kovacs zur selben Zeit das Polizeigebäude. Sein Teint
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