0059 - Der Dämon aus der Tiefe
wich jedoch keinen Zentimeter zurück. Im Gegenteil. Er schwamm noch näher heran und machte die Aufnahmen, die er haben musste. Er war ein Mann, der selbst seinen eigenen Tod noch gefilmt hätte.
Der steinerne Teufel schien mit dicken Seilen gefesselt zu sein. In die Decke, in die Wände und in den Boden waren lange Silbernägel eingeschlagen. An ihnen waren die Seile befestigt. Sie liefen strahlenförmig von dem steinernen Scheusal weg. Rings um den Götzen waren Zeichen der Weißen Magie in den Bretterboden geschnitzt.
Spruchbänder mit unverständlichen Worten waren um die Beine des Dämons gewickelt.
Nessy war in seinem Element. Seine Kameras waren im totalen Einsatz.
Granger schwamm auf die Steinbestie zu. Er hatte den Eindruck, Sarra wollte ihn nicht an sich heranlassen, aber er scherte sich nicht um die Kräfte, die ihm entgegenwirkten. Flink ging er daran, ein Seil nach dem anderen zu kappen. Auf einen Wink von ihm machte Henry Wayne dasselbe auf der anderen Seite.
Und Carl Nessy konnte davon nicht genug Aufnahmen kriegen.
Wayne war bei dieser Arbeit furchtbar mulmig zumute. Er konnte nicht vergessen, was sich gestern Abend abgespielt hatte. Immer wieder erschien vor seinem geistigen Auge Vadanas grünes, hassverzerrtes Gesicht, und er hörte die furchtbare Drohung, dass Sarra den Kameramann töten würde.
Wayne konnte Nessy nicht verstehen.
Wie konnte das Carl nur so verblüffend kalt lassen? Ihn, Wayne, betraf die Sache zwar nicht unmittelbar, aber er hatte in der vergangenen Nacht kein Auge zugetan, und er hatte gehofft, dass sich Granger schließlich doch noch dafür entscheiden würde, die Finger von Sarra zu lassen.
Fabian Granger entfernte die Spruchbänder. Er schob sie in einen mitgebrachten Plastiksack. Gemeinsam mit Wayne fing er nun an, die Silbernägel aus dem morschen Holz zu reißen und einzusammeln.
Und dann kam der schwierigste Teil des Unternehmens: jetzt mussten sie Sarra aus dieser dunklen Kammer hieven.
Sie schleppten das steinerne Monster einen schmalen Gang entlang und zerrten Sarra dann den Niedergang hoch.
Wayne hatte mit einemmal den Eindruck, Sarra wäre nicht schwerer als ein Mensch. Er blickte Granger verblüfft an. Dieser nickte. Es war ihm also auch aufgefallen.
Kann das bedeuten, dass nun nur noch seine äußerste Schicht aus Stein ist? , fragte sich Wayne verwirrt. Lebt er unter dieser steinernen Kruste schon wieder?
Sarra machte es ihnen leicht, ihn aus der Tiefe hoch zu holen. Sie strengten sich nicht mehr an als gestern, als sie Vadana zur Wasseroberfläche hochgehievt hatten.
Man konnte es deutlich merken. Es lag auch in Sarras Interesse, so rasch wie möglich aus dem Wasser zu kommen.
Wayne hätte das gefährliche Ungeheuer gern losgelassen, damit es wieder in die Tiefe sank, aber Granger hätte das niemals zugelassen.
Er hielt seine Beute fest umklammert, während Carl Nessy sie immerzu umkreiste, um sie zu filmen und zu fotografieren.
Sie legten die letzten Meter zurück.
Dann war ihr Triumph vollkommen…
Glaubten sie.
***
Sarra hatte eine Art Ehrenplatz an Deck bekommen. Starr und steif stand er da. Die Expeditionsteilnehmer umringten ihn. Fabian Granger ließ sich in allen möglichen Stellungen mit Sarra von Nessy fotografieren. Er umarmte den Dämon und grinste in die Fotolinse. Er tätschelte den scheußlichen Drachenkopf des Monsters, während Nessy die Filmkamera surren ließ. Da es ein Tonfilm war, gab Granger ätzende Kommentare dazu.
»Und jetzt nimmst du Nicole, Bill und Zamorra vor dem fiesen Bruder auf!«, lachte Fabian Granger übertrieben laut. »Kommen Sie, Professor. Bringen Sie Ihre reizende Assistentin und Ihren Freund mit.« Granger schlug mit der flachen Hand auf die Steinschulter des Götzen. »Sie brauchen vor ihm keine Angst zu haben. Ist nichts weiter als ein gut bearbeiteter Stein. Vorhin, als wir ihn von dort unten hoch holten, war er so erstaunlich leicht, dass ich beinahe annahm, er wäre innen hohl.«
Zamorra gab sich nur ungern für die Aufnahmen her. Was Granger soeben gesagt hatte, beunruhigte den Parapsychologen.
»Es wäre besser, wir würden Sarra jetzt in Ruhe lassen«, sagte Zamorra, nachdem Nessy seine x-te Aufnahme im Kasten hatte.
Granger lachte unbekümmert. »Sie reden von ihm wie von einem Lebewesen, Professor.«
»Er ist ein Lebewesen. Sie sollten sich mit dem Gedanken allmählich anfreunden.«
»Quatsch, Zamorra. Er ist tot wie ein Stein! Weil er ein Stein ist.«
Henry Wayne murmelte seine
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