0059 - Wir und das Goldene Pferd
aufhalten, Mrs. Haider«, sagte ich. »Es handelt sich um eine Angelegenheit von außerordentlicher Wichtigkeit.« Nach kurzem Zögern fuhr ich fort. »Sie tragen an Ihrem Arm einen hübschen Anhänger.«
Damit hatte ich vermutlich etwas ganz Verkehrtes gesagt, Mrs. Haiders Gesicht lief vor Zorn, rot an, und sie fragte scharf, was der Anhänger mit unserem Besuch zu tun habe.
»Eine ganze Menge«, erwiderte ich ruhig. »Wir sind zu Ihnen gekommen, um Sie zu fragen, woher Sie dieses goldene Pferdchen haben und welche Bedeutung es besitzt.«
»Aber das ist denn doch die Höhe!«, entrüstete sich Mrs. Haider. »Ich bin nicht dazu da, um Ihre private Neugier zu befriedigen!«
Ich lächelte. »Als Beamter darf ich natürlich mein Herz nicht auf der Zunge tragen. Aber ich versichere Ihnen, Sie werden uns am raschesten wieder los, wenn Sie unsere Frage beantworten.«
»Dann interessiert Sie tatsächlich der harmlose kleine Anhänger?«, staunte sie. »Well, er ist ein Andenken an meinen verstorbenen Mann.«
»Ihr Gatte ist am 16. Februar gestorben, wenn ich mich nicht irre«, sagte Phil.
Sie nickte. »Viel zu früh für mich.«
»Das goldene Pferdchen war vermutlich ein Geschenk Ihres Gatten an Sie?«
Sie schüttelte den Kopf. »Oh, nein. Es war kein Geschenk. Ich habe es geerbt. Es muss ein Geheimnis damit Zusammenhängen. Mitte Dezember räumte Goldwyn, mein Mann hieß Goldwyn; seine Jacketttaschen aus, und dabei fiel dieses goldene Pferdchen zu Boden. Damals sah ich es zum ersten Mal. Nach Goldwyns Tod fand ich das Pferdchen in dem Anzug, den er zuletzt getragen hatte, und ich ließ es mir aus Pietät an mein Armband anlöten. Vielleicht lachen Sie jetzt über mich…«
»Wir denken gar nicht daran!«, sagte ich bestimmt. »Aber Sie haben Ihren Gatten doch sicher gefragt, was das goldene Pferd zu bedeuten habe?«
Mrs. Haider lächelte.
»Gut, wenn Sie solchen Wert darauf legen, will ich Ihnen das Wenige erzählen, was ich weiß. Goldwyn legte mir zwar strenges Schweigegebot auf, aber ich nehme nicht an, dass das auch der Polizei gegenüber gilt. Goldwyn sagte, dieses Emblem sei das Erkennungszeichen eines ganz exklusiven Ordens, dem in den-Vereinigten Staaten zunächst höchstens fünfzehn Personen angehören würden. Mehr brachte ich aus ihm nicht heraus.«
»Ging er hin und wieder zu Zusammenkünften dieses Ordens?«
»Ich weiß es nicht. Mein Mann war viel in Geschäften unterwegs - ich hatte Vertrauen zu ihm und pflegte keine Rechenschaft von ihm zu fordern.«
Ich beugte mich vor.
»Mrs. Haider, ich muss Ihnen jetzt noch eine Frage stellen, die Sie vielleicht als indiskret und taktlos empfinden, aber es muss sein. Haben Sie den Nachlass Ihres Gatten schon gesichtet?«
»Ja - mein Rechtsanwalt hat mir dabei geholfen.«
»Ist Ihnen vielleicht aus allerletzter Zeit eine größere Bankabhebung aufgef allen?«
»Allerdings«, gab Mrs. Haider betroffen zu. »Goldwyn hat eine Woche vor seinem Tod hundertzwanzigtausend Dollar abgehoben. Und er hat mir nichts davon gesagt. Der Verbleib des Geldes ist ungeklärt. Wir sind schon auf die sonderbarsten Vermutungen gekommen, mein Rechtsanwalt und ich.«
»Sie brauchen sich darüber nicht länger den Kopf zu zerbrechen«, sagte ich freundlich. »Die hundertzwanzigtausend Dollar sind vermutlich dem exklusiven Orden zugeflossen.« Ich erhob mich. »Ich nehme an, Sie haben mir alles erzählt, was Sie selbst wissen!«
Ich reichte ihr meine Karte. »Sollte Ihnen noch etwas einfallen, dann verständigen Sie mich bitte.«
Mrs. Haider klingelte und ließ uns von dem Dienstmädchen wieder hinausbegleiten.
»Das wäre der erste Besitzer des Goldenen Pferdes, der eines natürlichen Todes gestorben ist«, murmelte Phil in Gedanken versunken.
Wir fuhren zur Zentrale zurück und stellten sofort Nachforschungen an, mit dem Ergebnis, dass wir eine Stunde später genauestens über Goldwyn Haiders Todesursache Bescheid wussten.
Der Industrielle hatte sich einer an sich harmlosen Magenoperation unterziehen müssen und war eigentlich schon überm Berg gewesen, aber dann machte eine Herzembolie seinem Leben ein jähes Ende.
»In diesem Fall handelt es sich mit absoluter Sicherheit nicht um Mord«, fasste Phil das Ergebnis unserer Nachforschung zusammen. Er schlug mit der Faust auf den Tisch. »Wann ist Big Horse-Milton aus dem Zuchthaus entlassen worden?«
»Blöde Frage. Vor annähernd drei Monaten.«
»Und wann hat Mrs. Haider zum ersten Mal das goldene Pferdchen bei
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