006 - Der Fluch der blutenden Augen
Vergangenheit?« Larry blickte abwechselnd zu Rasmandah und dann
wieder auf die von den Toten auferstandene Tochter des Inders.
»Vielleicht haben Sie nie damit gerechnet, dass der Fluch Sie eines Tages
treffen könnte, der Fluch der blutenden
Augen , die ihren Tod verlangen! – Mister Robertson!«
Da war es wieder. Zwei Begriffe gleichzeitig, die ihm schon vergangene
Nacht Kopfzerbrechen bereitet hatten.
Er kam nicht dazu zu antworten. Valmiki Rasmandah fuhr fort, mit leiser und
erregter Stimme, die keine Sekunde daran zweifeln ließ, wie sehr dieser
seltsame Mann von der Fügung seiner Götter überzeugt war, und wie sehr er
diesen Triumph genoss. »Seit einigen Tagen wissen wir, dass Sie in London sind.
Erst glaubten wir nicht daran, doch dann ließen wir jeden Ihrer Schritte
überwachen, nachdem wir wussten, dass Sie sich im Ambassador-Hotel einquartiert
hatten. Wir warteten auf eine günstige Gelegenheit, die sich gestern Abend zum
ersten Mal bot. Wir hatten alles vorbereitet, um Ihrer habhaft zu werden. Da
stiegen Sie in die Geisterbahn. Es gelang Hira, den Platz neben Ihnen
einzunehmen. Das war wichtig für die Entführung Ihrer Person. Während der Fahrt
streifte Hira unbemerkt die Handschuhe über, die sie vor der mit Kontaktgift
präparierten Puppe schützen sollten, die ein anderer Mittelsmann in den Wagen
warf, als Sie kurz vor dem Ausgang der Geisterbahn waren. Zu diesem Zweck
musste der Strom ausfallen, der die Bahn versorgte. Das übernahm unser dritter Mann.
Leider lief nicht alles nach Wunsch, die Dinge mussten übereilt gehandhabt
werden. Die Puppe traf Hira – und sie starb. Doch ihr Tod war in Wirklichkeit
eine Vergiftung, die in den ersten Stunden nicht festgestellt werden konnte.
Durch das Pflanzengift wurden sämtliche Körperabläufe auf ein Minimum
herabgesetzt, so dass Atmung und Herzschlag nicht mehr feststellbar waren. Hira
war scheintot! Sie wurde von der Polizei abtransportiert. Ich bemühte mich noch
am selben Abend um die Freigabe der Leiche, um eine Obduktion zu verhindern.
Mein guter Ruf erleichterte die Situation.«
Larry Brent lächelte bitter. »Was hätten Sie gemacht, wenn mich die Puppe
getroffen hätte?«
»Oh, nichts einfacher als das, Robertson. Alles war für Ihre Entführung
vorbereitet. In Sekunden hätte man Sie aus dem Wagen gezerrt und durch die
geöffnete Hinterwand der Geisterbahn weggebracht.«
»Mister Turing wurde unter Druck gesetzt?«
»Nach den Ereignissen. Er wusste nichts von unserem Mann, der die Sicherung
herausgeschraubt hatte. Aber wir wollten jedes Risiko ausschalten.
Nachforschungen wären störend gewesen. Mister Turing war es lieber, er konnte
seine Geisterbahn unbeschädigt abbauen, als dass er sie auf den Müllabladeplatz
hätte werfen müssen. Wir stellten ihn vor die Entscheidung. Alles andere ist
schnell erzählt. Zwei meiner Leute ließen Sie nicht aus den Augen, als Sie den
Rummelplatz verließen. Sie stießen durch einen Zufall auf Ric, einen kleinen
Tagedieb, der für jede Sache zu haben war, unter Umständen auch für einen bezahlten
Mord. Ric folgte Ihnen mit dem Taxi, nachdem er den Chauffeur niedergeschlagen
hatte. Er sollte Sie zum Hafen bringen; aber Sie haben das verhindert – nun,
sagen wir besser: nur hinausgeschoben. Denn der Weg dorthin liegt noch vor
Ihnen.«
Larry begriff noch immer sehr wenig. »Was suchte der Bursche in meinem
Hotelzimmer?«
»Die Blutenden Augen, er war
überzeugt davon, dass Sie den kostbaren Besitz mit sich herumschleppen. Ich
ließ ihm den Glauben, obwohl es närrisch von Ihnen gewesen wäre, dies zu tun.
Sie werden uns jetzt natürlich sagen, wo sie wirklich sind, die Blutenden Augen, nicht wahr?«
»Ich weiß weder etwas von den Blutenden
Augen, noch bin ich der Mann, für den Sie mich halten.« Larrys Stimme klang
klar und hart wie Metall. Während er sprach, fiel sein Blick wieder auf die wie
in Trance dastehende Gestalt der hübschen Inderin, und er musste daran denken,
dass Hira Rasmandah vor einigen Stunden noch scheintot gewesen war.
Fremdes, geheimnisvolles Land! Larry wusste, dass es seltsame Gifte und
Kräuter gab, aber die Zahl derer, von denen er nicht einmal etwas ahnte, war
bestimmt weitaus größer.
Valmiki Rasmandah jedoch schien sie zu kennen und konnte sie auch anwenden.
War er ein Magier?
Der Inder lachte leise. »Nicht der, für den wir Sie halten? Was soll diese
lächerliche Bemerkung, Robertson? Glauben Sie wirklich, Sie könnten mit Ihren
billigen Worten noch Ihren
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