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006 - Der Fluch der blutenden Augen

006 - Der Fluch der blutenden Augen

Titel: 006 - Der Fluch der blutenden Augen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Larry Brent
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vorschlagen, einen Spezialisten hinzuzuziehen!«
    Die dunklen Augen des Inders musterten den Amerikaner. Valmiki Rasmandah war
ein stolzer Mann, sich und seines Wertes bewusst. Man konnte ihm eine gewisse
Arroganz nicht absprechen. Er war ein Brahmane, ein Angehöriger der höchsten
Klasse. Seine Haut war so hell, dass er ebenso gut ein Europäer hätte sein
können. Dunkel und dicht das seidig schimmernde Haar.
    »Sie sind ein interessanter Mann, Mister Brent«, sagte er. »Ich bewundere
Ihren scharfen Geist. Manch anderer wäre über diese unangenehmen
Begleiterscheinungen gedankenlos hinweggegangen.« Er stellte langsam sein
halbgeleertes Glas auf den fahrbaren Tisch zurück. »Hira starb an akutem
Herzversagen. Das ist der Stand der Dinge und ...« An dieser Stelle brach er
ab.
    Larry wandte leicht den Kopf, als er die Bewegung schräg hinter sich – ein
leises, raschelndes Geräusch – hörte. Ein Vorhang teilte sich und gab eine
schmale, geheime Tür frei, die seinen Augen bisher verborgen gewesen war.
    Eine junge Frau trat in den Raum, hübsch, groß, schlank. Sie war in einen
silbrig schimmernden Sari gekleidet. Mit graziösen Schritten näherte sie sich
dem PSA-Agenten, ihre dunklen Augen ließen dabei seinen Blick nicht los. Larrys
Atem stockte. Die Frau war ihm keine Fremde. Er hatte sie zum ersten Mal
gestern Abend gesehen.
    Es war Hira Rasmandah.
     
    ●
     
    Colin Grisp drückte vorsichtig die Äste des Buschwerks auseinander, die bis
dicht an die hinterste Mauer heranwuchsen, die das Grundstück des reichen
Inders umgab. Der junge Engländer hatte eine blasse Hautfarbe, seine dunklen
Augen waren in ständiger Bewegung, er achtete auf jedes Geräusch in der Nähe,
auf jede Bewegung.
    Mit flinker Hand räumte er das Buschwerk auf die Seite, das, wie man erst
jetzt sah, nur lose aufeinandergeschichtet war und – unmittelbar neben dem
mächtigen Stamm einer Buche – ein mannsgroßes Loch freigab, das einen Teil der
Mauer sichtbar machte.
    Colin Grisp hatte hier tagelang gearbeitet, manchmal nur minutenlang, oft
spät am Abend, manchmal am frühen Morgen. Es war ihm bisher stets gelungen, den
Bewohnern des Hauses aus dem Wege zu gehen, nicht aufzufallen. Das wäre auch
das Schlechteste gewesen, was ihm hätte passieren können. Er hatte einen
geeigneten Zeitpunkt abgewartet. Die Beobachtungen, die er gemacht hatte,
ließen vermuten, dass in diesem Haus etwas vorging, was den Augen anderer
Menschen verborgen bleiben musste.
    Colin Grisp hatte keinen direkten Auftrag, überhaupt waren offizielle
Aufträge für seine neueröffnete Detektei noch selten. Doch hier konnte er sich
Lorbeeren verdienen, die ihm manchen zahlungskräftigen Kunden ins Haus bringen
würden. Davon war er überzeugt.
    Colin wischte sich den Schweiß von der Stirn. Der Körper des
Fünfundzwanzigjährigen glühte, obwohl die Außentemperatur verhältnismäßig
niedrig war. Colin hatte den Besucher kommen sehen, und er nutzte die
Anwesenheit des Fremden im Haus. Dadurch würde Rasmandahs Aufmerksamkeit und
der anderen Bewohner abgelenkt sein. Während der langen Zeit, in der er dieses
Haus beobachtete, war ihm aufgefallen, dass manchmal sehr viele Besucher
anwesend waren, manchmal sehr wenige. Besonders abends empfing Rasmandah Gäste,
ausschließlich Inder.
    Je mehr Leute im Haus waren, desto riskanter war sein Unternehmen. Es
mussten wenige sein, auf die er sich dann konzentrieren konnte.
    Heute wollte er es wissen. Welche dunklen Geschäfte betrieb der Inder? Der
geheimnisumwitterte Mann interessierte ihn schon lange.
    Und dass dieser abgelegene, öde Platz nicht ganz geheuer war, das bewiesen
einige Dinge, deren Zusammenhänge er jetzt nur noch beweisen musste.
    Vielleicht konnte er sogar – nach fast zwei Jahren – den Fall der
Hausangestellten Fitchin lösen. Mrs. Fitchin war einige Zeit im Hause des
reichen indischen Kaufmannes Rasmandah als Hilfe angestellt gewesen. Eines
Tages besuchte sie unvermutet ihr kleiner Sohn Richard. Der Junge war acht
Jahre alt. Er war nach der Schule aufgebrochen, mit dem Bus in die Theydon Road
gefahren und hatte sich dann zu Fuß zum Kensingtons
House aufgemacht. Der kleine Bursche hatte seine Mutter besucht und spielte
einige Zeit in dem ausgedehnten Parkgelände. Als ihn die Mutter später rief,
tauchte er nicht wieder auf.
    Bis zur Stunde hatte man nichts über das Schicksal des Jungen erfahren,
obwohl man die ganze Umgebung, alle Gräben und Teiche, den alten Brunnen hinter
dem Haus,

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