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006 - Der Fluch der blutenden Augen

006 - Der Fluch der blutenden Augen

Titel: 006 - Der Fluch der blutenden Augen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Larry Brent
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er
sekundenlang den Faden verlor, und davon erzählte, wie man ihn in seinem
Versteck aufgestöbert und in einen Kerker geworfen hatte. Dort hatte er eine
ganze Nacht und einen ganzen Tag an seinen Fesseln gearbeitet, bis er sie
loslösen konnte. Dann war es ihm in seiner Verzweiflung gelungen, den Wächter
niederzuschlagen. Ein zweiter, der unerwartet auftauchte, verletzte Shena
jedoch. Dennoch war ihm die Flucht im Dunkel der Nacht gelungen. »Ich konnte
ein Pferd entwenden und bin damit durch die Wüste geritten – und habe meine
Verfolger abgeschüttelt. Am Rand der Wüste habe ich das Pferd zurückgelassen
und bin zu Fuß weitergelaufen. Ich wollte meine Spur verwischen, man weiß
bisher nicht, wer ich bin, doch ich weiß nicht, inwieweit es mir gelungen ist,
meine Verfolger zu täuschen. Ich hoffe, dass sie nicht bemerkt haben, wie ich
dieses Haus aufgesucht habe.« Sein Atem ging schwer und unregelmäßig. Er redete
zu viel, doch er war nicht davon abzubringen. »Du musst alles wissen, Oliver.
Es liegt jetzt in unserer Hand, weiteres Unheil zu verhindern.« Shenas Gesicht
glühte. »Ich selbst – bin nicht mehr in der Lage dazu. Ich schaffe den Weg nach
Abu nicht mehr.«
    »Nach Abu? Weshalb?«
    »Im Tempel der Toten war er, der
Magier, der Führer der Sekte, Rasmandah. Sein Hausgott Swomi begleitet ihn.«
    Eine unwillige Falte bildete sich auf Oliver Sholtres' Stirn. Sprach Shena
im Fieber?
    »Ich weiß, was du jetzt denkst, aber es ist die Wahrheit, Oliver. Ich kann
nicht auf Einzelheiten eingehen, die Zeit drängt. Rasmandah ist hinter den Blutenden Augen her – wir haben schon so
oft über sie gesprochen – sie stammen aus dem Tempel der Toten , der letzte, verborgen gehaltene Tempel der Göttin
Kali, in dem man um die Jahrhundertwende noch Menschen opferte. Doch es
scheint, als sei Rasmandah bereit, den unschätzbaren Blutenden Augen zuliebe, in diese primitive Stufe zurückzufallen.
Er will den Tod des Forschers, den er in London aufgegriffen und hierhin
geschleppt hat. Doch Robertson wurde entführt, offenbar hat ein Mittelsmann von
Rasmandah nicht dichtgehalten. Er nimmt an, dass Robertson zu Waverlean
gebracht wurde.« Wie ein Wasserfall sprudelten diese Worte über seine
trockenen, spröden Lippen, und man merkte ihnen kaum mehr an, mit welcher
Anstrengung sie aus seinem Munde kamen. »Die Augen verlangen den Tod
desjenigen, der so dreist war, sie der zwölfarmigen Göttin zu entwenden. Suche
Waverlean auf, der lebt in Abu, warne ihn und Robertson! Informiere die Polizei
in Abu, und dann – ganz zum Schluss, wenn du wirklich sicher bist, dass wir
noch in der Lage sind, ein bis in alle Details geplantes, von religiösem Wahn
geleitetes Verbrechen zu verhindern – dann erst kannst du einen Arzt für mich
besorgen!« Shena lächelte matt. Sein Gesicht war bleich, und die Augen lagen
tief eingefallen in den dunkelumränderten Höhlen.
    »Die Dinge sind unfassbar, ungeheuerlich«, wisperte er wie im
Selbstgespräch vor sich hin. »Rasmandah ist ein Scheusal. Er führt seine
Anhänger in die Irre. Kali allein hätte es nicht mehr getan, er musste seinen
eigenen Gott, seine eigene Religion schaffen, mischte das Alte mit einer von
ihm gestifteten Religion, die für seine Anhänger zum Begriff wurde. Er ist der
Mächtige und er ist der Einzige, der mit seinem Gott Swomi Kontakt aufnehmen
kann. Und das Unheimliche, Oliver: Er kann mit ihm sprechen, mit einer Gestalt
aus Stein. Ich habe es selbst gesehen, Oliver, ich zweifelte an meinem Verstand,
doch kann man das verleugnen, was man mit eigenen Augen sieht?« Er legte den
Kopf zur Seite und sagte leise, der Wand zugewandt: »Nun geh, schnell! Drüben
in meinem Arbeitszimmer in der Schublade des Schreibtisches liegt eine geladene
Pistole. Gib sie mir! Ich werde mich meiner Haut zu wehren wissen, wenn
wirklich jemand von den Sektierern meine Spur gefunden und weiterverfolgt haben
sollte. Unten im Schuppen neben dem Haus steht ein altes Fahrrad – du musst zum
Ortsausgang fahren, wo die kleine Kirche steht. Dort wohnt ein Jesuitenpater.
Er besitzt einen Jeep, es ist das einzige Motorfahrzeug im Ort. Lass dich nach
Abu fahren oder leih dir den Wagen aus!«
    Oliver Sholtres ging, benommen, mit einer Unzahl quälender Gedanken
angefüllt. Er verließ das Haus. Shena merkte es nicht mehr. Sein Kopf fiel zur
Seite. Er fiel in einen tiefen, erschöpfungsähnlichen Schlaf. Die Waffe, mit
der er eventuell eindringende Feinde abwehren wollte, fiel polternd zu

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