006 - Der Teufelsbeschwörer
gefunden.
Er bemühte sich auch nicht sonderlich, was Neues zu finden.
Es mußte auch so gehen.
In der Kneipe sagte er oft grinsend: »Hauptsache ich bin gesund, und meine Frau hat Arbeit.«
Die Ehe war bisher kinderlos geblieben. Das lag nicht daran, daß Fiona und Logan Temple keine Kinder zeugen konnten, sondern daran, daß er keine Kinder haben wollte.
Fiona hätte sich nach einem Baby gesehnt, weil sie insgeheim hoffte, ihren Mann damit stärker an sich binden zu können, aber Logan lehnte ihre diesbezüglichen Bitten jedesmal kategorisch ab.
Er wurde sogar wütend, und wenn Fiona weitergesprochen hätte, hätte es wieder Schläge gesetzt.
Sie arbeitete in einer Lackfabrik, machte da die Lohnabrechnungen. Damit war zwar kein Vermögen zu verdienen, aber das Ehepaar kam mit dem Geld halbwegs über die Runden.
Häufig kam Fiona spätabends nach Hause. Obwohl Logan daheim war, rührte er keinen Finger, meckerte aber, wenn nicht rasch genug das Essen auf den Tisch kam. Es war nicht leicht, mit ihm auszukommen, aber Fiona versuchte es. Sie klagte nicht, denn sie hätte Logan ja verlassen können. Wenn sie blieb, mußte sie sich mit ihm so abfinden, wie er war.
Er saß im Wohnzimmer und rauchte eine Zigarette. Fiona war noch nicht zu Hause. Sie hatte gesagt, es würde heute besonders spät werden. Sie hatte auch den Grund genannt, er hatte aber nicht hingehört. Ihre Arbeit war ihm egal. Hauptsache, sie brachte jeden Ersten Geld nach Haus.
Draußen zuckte ein Blitz auf. Dann knallte der Donner. Ein schweres Unwetter ging über London nieder. Es regnete so stark, daß eine Ente ertrinken konnte.
Logan Temple erhob sich und begab sich zur Hausbar. Fiona hatte stets darauf zu achten, daß hier keine leeren Flaschen herumstanden.
Wieder ein Blitz. Er spaltete die Dunkelheit draußen. Das Licht flackerte kurz, erlosch, kam wieder.
»Na also«, brummte Logan Temple. Er goß sich einen Scotch ein.
Die Langeweile kotzte ihn an. Wenn es nicht wie aus Fässern geschüttet hätte, wäre er in die Kneipe gegangen. Aber bei dem Sauwetter wollte er das Haus nicht verlassen. Es hätte schon ein triftiger Grund sein müssen, um ihn hinauszutreiben.
Er setzte sich, nuckelte am Glas, rauchte, war unzufrieden.
Er wollte irgend etwas tun. Aber was? Zusammenräumen? Kam nicht in Frage. Kochen auch nicht. Das war Fionas Arbeit.
Aber, verdammt noch mal, mit irgend etwas mußte die Zeit doch totzuschlagen sein.
Die Truhe auf dem Speicher fiel ihm ein, das alte Erbstück, das keiner haben wollte und doch von einem Temple zum andern weitergewandert war. Nun war es an ihm hängengeblieben, und er wußte noch nicht einmal, was sich darin befand.
Das war eine sinnvolle Beschäftigung. Beim Kramen in der Vergangenheit würde die Zeit vergehen. Logan Temple leerte sein Glas, drückte die Zigarette in den Aschenbecher, erhob sich, füllte sein Glas und nahm es mit nach oben. Der Regen prasselte auf das Dach. Es blitzte. Der Donner rumorte. Vom Dachbalken hing eine nackte Glühbirne herab und verbreitete trübes Licht.
Neugierig näherte sich Logan Temple der Eichentruhe. Er stellte sein Glas darauf und besah sich das gute Stück von allen Seiten.
Eisenspangen, vom Rost angeknabbert. Uralte Schlösser. Kein Schlüssel dazu. Angeblich sollte die Truhe mal einem Hexer gehört haben. Julian West sollte sein Name gewesen sein, und er sollte große Macht über die Menschen gehabt haben, weil er es geschafft hatte, sich mit dem Teufel zu verbünden.
Unwillkürlich leuchteten Logan Temples Augen.
Das wäre die Lösung aller seiner Probleme gewesen: ein Bündnis mit dem Teufel. Aber wie erreichte man so etwas? Auf welche Weise konnte man den Höllenfürsten beschwören? Wie ging so eine Teufelsbeschwörung? Ob der Inhalt dieser Truhe auf diese Fragen Antwort gab?
Temple rüttelte an den Schlössern. Sie waren zwar alt, aber mit bloßen Fingern nicht aufzukriegen.
Irgendwo mußte hier Werkzeug herumliegen.
Temple schaute sich um. Sein Blick fiel auf eine Kiste. Er begab sich zu ihr. Ein lauter Donner rollte über das Haus. Der Himmel öffnete seine Wasserschleusen noch weiter. Sintflutartig war der Regen schon. Als sollte alles Schlechte auf der Welt ertränkt werden, damit nach der Flut wieder genügend Nährboden für das Gute vorhanden war.
Logan Temple kramte in der Kiste herum. Er fand ein Stemmeisen und einen Hammer. Damit rückte er den Schlössern zuleibe. Kurze Zeit später sprangen die Eisenspangen ab, die Truhe des Hexers
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