006 - Der Teufelskreis
Rotgesichtige ungehalten.
Leary blieb vor dem dritten Mann stehen, der bisher noch kein Wort gesagt hatte. Er sah gut aus, doch aus seinen Augen blitzte Eiseskälte.
»Wenn wir diesen Krieg schnell beenden wollen, dann müssen wir den Krüppeln einen Mörder liefern, dem sie zutrauen, daß er Jimmy-Boy um die Ecke gebracht hat. Einen solchen Mann gibt es. Er heißt Dorian Hunter. Ein ganz übler Dämonenhasser. Vielleicht unser gefährlichster Feind. Ich habe Erkundigungen über ihn eingeholt. Die Familienmitglieder in Europa nennen ihn ehrfürchtig schaudernd den Dämonenkiller .«
»Wie willst du den Verdacht auf ihn abwälzen?« fragte der Asket ungläubig.
»Das ist im Grunde genommen ganz einfach«, erklärte Leary, »wenngleich man raffiniert vorgehen muß. Die Krüppel mißtrauen Hunter. Er ist für sie ein Unbekannter – und deshalb suspekt. Das habe ich aus sicherer Quelle. Wenn wir nun Hunter in eine Situation hineinmanövrieren, durch die er den Freaks noch verdächtiger erscheint, dann können wir ihm auch den Mord an Jimmy-Boy anhängen. Wenn mir das gelingt, dann werde ich vor Lust und Wonne vergehen.«
Der Mann mit den kalten Augen, der bisher geschwiegen hatte, meinte mit hohler Stimme: »Willst du die Krüppel aufsuchen und diesen Hunter des Mordes bezichtigen?«
Leary winkte teuflisch lächelnd ab. »Ihr wißt, wie gerne ich Schicksal spiele«, sagte er verschwörerisch. »Ich spinne überall meine Fäden, verknüpfe die Menschenschicksale miteinander und zerreiße das Netz, wenn die Konstellationen für eine Katastrophe am günstigsten sind. Ich habe schon seit einiger Zeit Kontakt zu einem Ausgestoßenen, der sich rehabilitieren möchte und von einer Wiederaufnahme in die Schwarze Familie träumt. Er wird mir behilflich sein, meinen Plan in die Tat umzusetzen.«
»Du paktierst mit einem Krüppel?« rief der rotgesichtige Mann entrüstet.
»Es ist ein Krüppel, der immer noch viel von uns hat«, erklärte Frank Leary.
»Um wen handelt es sich?« wollte der Mann mit den eiskalten Augen wissen.
Frank Leary grinste, ging zur Tür und öffnete sie. »Du kannst jetzt hereinkommen, But!« rief er in den Korridor hinaus.
Wenig später trat ein Mann mit einem Wolfsrachen ins Büro.
»Das ist But Lintock«, sagte Frank Leary mit einer Stimme, als kündigte er eine Attraktion an. »Er ist ein Ausgestoßener, aber sein kaltes Herz schlägt immer noch für die Schwarze Familie. Durch seine Mithilfe werden wir den Krüppeln beweisen, daß Dorian Hunter der Mörder Jimmys ist.«
But Lintock versuchte ein Grinsen, was ihm jedoch mißlang, und nickte bekräftigend mit dem Kopf.
»Ich werde alles tun, um meine Verbannung rückgängig zu machen«, versicherte er mit seiner krächzenden Stimme.
Tim Mortons Büro in der Chrystie Street bestand nur aus einem einzigen Raum. Darin standen ein fast leerer Aktenschrank, ein Schreibtisch mit zwei Sesseln und eine Couch.
Dorian erhielt nach einer Stunde den ersten Anruf Tim Mortons. »Diese Narren haben alle meine Pläne zunichte gemacht«, berichtete Tim außer sich vor Zorn. »Als ich zu Abraham McGuire kam, war er bereits tot. Kein Zweifel, daß ihn die Freaks hingerichtet haben. Sie schlossen ihn einfach an eine Starkstromleitung an. Jetzt muß ich umdisponieren. Ich weiß im Augenblick noch nicht, wie es weitergehen soll.«
»Glauben Sie, daß der Krieg jetzt unvermeidlich ist?« erkundigte sich Dorian.
»Er ist bereits in vollem Gang«, erklärte Tim. »Die Dämonen haben gleich nach der Versammlung vier Freaks in einem Lokal überfallen. Die Leichen waren dermaßen verstümmelt, daß für diese Tat nur Werwölfe in Frage kommen. Daraufhin haben die Freaks sofort zurückgeschlagen. Das wird jetzt so weitergehen, bis eine der beiden Seiten geschlagen ist. Keine Frage, daß die Freaks den kürzeren ziehen werden.«
»Was haben Sie vor, Tim?« fragte Dorian.
»Ich werde versuchen, die Dämonen zu Friedensverhandlungen zu bewegen«, antwortete Tim. »Ich bin sicher, daß sie auch an einer gütlichen Regelung des Problems interessiert sind. Immerhin müssen sie befürchten, daß durch die Kampfhandlungen die Öffentlichkeit auf sie aufmerksam wird. Und das werden sie mit allen Mitteln zu verhindern suchen. Vielleicht bringe ich sie sogar dazu, den Mörder auszuliefern.«
»Brauchen Sie meine Hilfe, Tim?«
»Mir wäre es lieber, Sie würden sich im Büro auf Abruf bereithalten«, sagte Morton. »Ich möchte, daß Sie für mich jederzeit erreichbar
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