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0060 - Ich saß im Todesblock

0060 - Ich saß im Todesblock

Titel: 0060 - Ich saß im Todesblock Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ich saß im Todesblock
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ihre Hinrichtung? Vielleicht hatte sich die wahnwitzige Hoffnung auf den großen Ausbruch, der ihnen Freiheit und Leben zugleich wiedergewinnen sollte, schon so in ihren Gehirnen festgesetzt, dass sie an keine bevorstehende Hinrichtung mehr glaubten.
    Unzählige Male wurden vor uns Gitter aufgeschlossen, hinter uns abgeschlossen, vor uns beiseite gerollt, hinter uns wieder zugezogen. Es war ein unwahrscheinlich raffiniert ausgeknobeltes Netz von Gittern, das den Todesblock abschirmte.
    Ich wurde in den Block geführt, in dem die Verwaltung untergebracht war. Im rechten Flügel befanden sich die Büros der einzelnen Oberaufseher.
    Vor einer Tür mit der Aufschrift Captain Croom blieben meine beiden Begleiter stehen und einer klopfte. Eine herrische Stimme rief: »Herein.«
    Einer der Wärter ging hinein und meldete uns an. Er kam gleich zurück und hielt mir die Tür auf. Ich marschierte hinein.
    Vor mir stand Captain Croom. Er stand hinter seinem Schreibtisch. Den linken Fuß hatte er auf den Stuhl gestemmt, die beiden Ellenbogen auf den Oberschenkel des hochgehobenen Beines. In seinen schmalen Lippen prägte sich ein Zug von Herrschsucht und Brutalität aus. Die Augen blickten kalt und gleichsam ohne menschliches Empfinden. Ich dachte mir mein Teil, als ich diesen Mann sah.
    »Du bist Holeday?«
    Er fragte es mit nebensächlicher Stimme, wobei er kaum die Lippen bewegte.
    Ich nickte wortlos.
    Croom machte den beiden Wärtern ein Zeichen. Sie packten mich bei den Armen und schleiften mich auf einen hohen Stuhl mit Armlehnen zu. An den vorderen Enden baumelten Handschellen herab, die fest mit den Armlehnen verbunden waren. Ich wurde in den Stuhl gedrückt und mit den Handschellen an den Armlehnen festgebunden. Erst als sich die beiden Wärter bückten, merkte ich, dass auch an den vorderen Stuhlbeinen eine Art von Handschellen befestigt war, die man um meine Fußgelenke einschnappen ließ.
    Ich ließ alles schweigend mit mir geschehen. Wenn ich schon in diesem Zuchthaus war, so konnte es nicht schaden, auch einiges vom Verhalten der Wachmannschaften zu erfahren. Als ich gefesselt war wie ein Gefangener im finstersten Mittelalter auf seinem Folterstuhl, entließ Croom seine beiden Aufseher mit einer knappen Handbewegung.
    Kaum hatten sie die Tür hinter sich geschlossen, da ging er in eine Ecke, wo ein Radio stand. Er schaltete es ein. Unter dem Radio war ein Plattenspieler. Der Captain suchte ein Jazzstück aus und legte es auf. Über die Lautsprecher klang überlaut die Besetzung eines großen Symphonie-Orchesters, das durch einige Jazz-Soloinstrumente verstärkt worden war.
    Ganz langsam kam er auf meinen Stuhl zu, auf dem ich festgebunden war.
    Er stellte sich vor mich hin. Ich hob den Kopf. Die Blicke unserer Augen begegneten sich. Seine Augen waren klein geworden und hatten einen heimtückischen Schimmer.
    »Sie haben etwas vergessen, Captain«, sagte ich gedehnt.
    Er stutzte.
    »Ich? Wieso?«
    Ich grinste. »Wenn Sie sich mit mir beschäftigen wollen, würde ich Ihnen raten, vorher die Tür abzuschließen. Die Misshandlung von Häftlingen ist verboten - Artikel 11 der Dienstvorschriften für das Wachpersonal von Gefängnissen und Zuchthäusern. Und es könnte doch zufällig jemand dazwischenkommen, wenn Sie die Tür nicht abschließen. Nicht wahr, Captain?«
    Er biss sich ärgerlich auf die Unterlippe. Natürlich hatte er die Tür ohnehin abschließen wollen, aber er hatte es vergessen, und dass ausgerechnet sein Opfer ihn daran erinnerte, wurmte ihn am meisten.
    Er stiefelte zur Tür und drehte den Schlüssel um. Als er zurückkam, hatte sein Gesicht einen finsteren Ausdruck angenommen.
    »Du weißt ja verdammt gut in den Dienstvorschriften Bescheid, Holeday«, sagte er langsam.
    »Ich war immer der Meinung«, sagte ich ernst, »dass man seine Gegner kennen sollte, und zwar so genau, wie es geht.«
    »Sieh mal an! Und ein Neunmalkluger bist du auch noch!«
    Ich grinste.
    »Nicht ganz. Sonst säße ich nicht hier.«
    Davon wurde er noch verwirrter. Einen Sträfling, der ihm geistig überlegen war, hatte er offenbar noch nicht vor sich sitzen gehabt. Jetzt wusste er überhaupt nicht mehr, was er mit mir anfangen sollte. Wahrscheinlich hatte er vorgehabt, mir als Neuzugang ein bisschen Angst von seiner Allmacht einzujagen, damit ich mich wie jeder andere unter seine Willkürherrschaft widerspruchslos duckte.
    »Sollten Sie mich ein einziges Mal schlagen«, erklärte ich, wobei ich ihm fest in die tückischen Augen

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