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0060 - Ich saß im Todesblock

0060 - Ich saß im Todesblock

Titel: 0060 - Ich saß im Todesblock Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ich saß im Todesblock
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sah, »dann werde ich dafür sorgen, dass eine Prüfungskommission in dieses Zuchthaus kommt. Und vor der werden die Sträflinge auspacken, das wissen Sie!«
    Er wurde unsicher, wieder einmal.
    »Du und Prüfungskommission!«, polterte er. »Du kommst dir aber sehr stark vor!«
    »Einmal monatlich kommt der Direktor in den Speisesaal«, sagte ich. »Das ist an jedem gut geführten Zuchthaus so. Wenn man mich nicht zu ihm führen würde, könnte ich es ihm bei der Gelegenheit zubrüllen. Sie wissen, Captain, dass ich das Recht habe, einen Brief an den Senat schicken zu dürfen. Der Direktor könnte es mir nicht abschlagen. Die Folgen können Sie sich selbst ausrechnen, Captain.«
    Ich wusste ziemlich genau über Zuchthäuser Bescheid, und diese Kenntnis kam mir jetzt zustatten. Ich war mir darüber im Klaren, dass Crooms Unbeliebtheit und seine Rohheit viel zu dem Plan eines Massenausbruches beitragen würde. Wenn es mir gelang, Croom durch meine Drohungen wenigstens etwas zu einem besseren Verhalten gegenüber den Gefangenen zu bewegen, fehlte den Sträflingen der wichtige Motor des Hasses.
    Wenn es dafür nicht schon zu spät war. Aber das musste sich einfach zeigen.
    Croom hatte sich eine Zigarette angezündet und wandte mir den Rücken zu. Ich konnte mir ungefähr denken, was in seinem Kopf vorging. Er wusste überhaupt nicht mehr, wie er sich mir gegenüber verhalten sollte.
    Ich wollte meine Worte noch etwas verstärken und sagte deshalb: »Sie haben bereits mehrmals Gefangene misshandelt. Ich gebe Ihnen einen guten Rat: Hören Sie auf damit, bevor es Ihnen das Genick bricht. Sie sind genauso sterblich wie jeder Mensch. Und in den Zuchthauswerkstätten können manchmal die eigenartigsten Unfälle passieren…«
    Das hätte ich vielleicht nicht sagen sollen. Er fasste es als nackte Drohung statt als Warnung auf. Wütend warf er sich herum und verpasste mir ein paar handfeste Sachen in die Magengegend.
    Als er von mir abließ, keuchte er vor Anstrengung und Wut.
    »Also drohen willst du mir auch noch!«, fauchte er. »Erst gute Ratschläge, dann offene Drohungen! Ich werde dir zeigen, wer der Herr bei uns ist! Du verdammter Lump von einem Gangster!«
    »Ihnen braucht man ja gar nicht zu drohen«, sagte ich ruhig. »Die Angst haben Sie auch ohne Drohung. Deswegen spielen Sie sich ja so auf…«
    Wenn es in diesem Augenblick nicht geklopft hätte, wäre meinem Bauch vermutlich eine zweite harte Strapaze zugemutet worden. Croom zögerte einen Augenblick, dann ging er zur Tür und öffnete sie.
    Ich hörte, wie jemand sagte: »Entschuldigung, Sir, aber Holeday wird vom Direktor verlangt.«
    Eine Weile blieb es still, dann knurrte Crooms Stimme böse: »Nehmen Sie ihn gleich mit. Ich brauche ihn nicht mehr.«
    Man befreite mich von meinen Fesseln und führte mich in das Büro des Direktors. Als wir das Vorzimmer durchquerten, warf mir Lydia Ronger einen kurzen Blick zu. Da ich nicht wusste, wieweit sie eingeweiht war, benahm ich mich, wie sich ein Sträfling dabei zu benehmen hat: zurückhaltend und mit gespielter Demut.
    Nachdem ich vor dem Schreibtisch des Direktors Platz genommen hatte, schickte Ronger die Aufseher hinaus. Er schloss selbst die ledergepolsterte Doppeltür hinter ihnen. Hier ging es ohne Handschellen.
    Ronger schüttelte mir die Hand.
    »Endlich komme ich dazu, Sie richtig zu begrüßen, Agent Cotton«, sagte er in herzlichem Ton. »Ich danke Ihnen, dass Sie hergekommen sind und mir helfen wollen. Ich stehe ziemlich allein hier. Die Aufseher sind alte Hasen - zum größten Teil jedenfalls. Sie wissen nichts von Gefangenenpsychologie, von moderner Gefangenenfürsorge und so weiter. Sie machen bewusst oder unbewusst fast jede meiner Bestrebungen zunichte, Sie glauben nicht, wie schwierig es ist, sich gegen eine Welt von bornierten Reaktionären durchzusetzen. Ich habe den Verdacht, dass gelegentlich Gefangene von den Aufsehern misshandelt werden, aber ich kann es nicht nachweisen. Die Betroffenen schweigen aus Angst vor neuen Schikanen. Und die Aufseher halten zusammen, gegen die Sträflinge genauso wie gegen mich. Es ist manchmal zum Verrücktwerden hier…«
    Ronger ließ sich müde in seinen Schreibtischstuhl fallen. Ich sah ihn mitfühlend an.
    »Nehmen Sie es nicht tragisch«, sagte ich. »Etwas Neues und Gutes muss sich immer mühsam durchsetzen.«
    »Leider«, seufzte Ronger. »Aber kommen wir zur Sache, Agent Cotton. Mich interessiert vordringlich eine Frage: Sie werden vielleicht schon gehört

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