0060 - Ich saß im Todesblock
Waffenmagazin zu stürmen!«
Ronger spürte, wie sein Herzschlag einen Augenblick lang aussetzte. Er hielt die Hand über die Sprechmuschel seines Hörers und rief Leemington zu: »Lassen Sie die Türme doppelt besetzen!«
»Aber, Sir…«
»Sehen Sie zu, wo Sie Leute dafür auftreiben können!«
»Zu Befehl, Sir.«
»Geben Sie in meinem Namen den Feuerbefehl für die Maschinengewehre auf den Türmen! Das Waffenmagazin darf um keinen Preis in die Hände der Gangster fallen! Auf keinen Fall hören Sie!«
»Yeah, Sir!«
»Notfalls soll man sogar von den bereitliegenden Handgranaten auf den Türmen Gebrauch machen.«
»Okay!«
Leemington verschwand. In seiner rechten Hand hielt er eine schussbereite Pistole.
»Hallo?«, rief Ronger in den Hörer. »Hallo! Hier ist Mac Ronger! Spreche ich mit Colonel Brightfield von der State Police? Mit wem? Vorzimmer? Geben Sie mir sofort den Colonel!«
Eine weibliche Stimme erwiderte zögernd: »Ich weiß nicht, der Colonel hat gerade eine Sitzung wegen des Eisenbahnunglückes südlich der Stadt!«
»Meinetwegen kann er eine Sitzung wegen des nächsten Weltkrieges haben. Bei mir ist es im Augenblick wichtiger. Geben Sie ihn mir sofort! Sagen Sie, dass es ein Notruf ist!«
»Einen Augenblick, Sir.«
Es knackte in der Leitung, und Ronger hörte vorübergehend nichts mehr. Vermutlich erkundigte sich die Sekretärin des Obersten der State Police jetzt erst bei ihrem Chef, ob die Verbindung hergestellt werden sollte.
Ronger fuhr sich mit der Hand über die Stirn. Als er sie wieder zurückzog, war sie so nass, als ob er sie aus einer Wasserschüssel herausgezogen hätte. Es schien, als ob an diesem Tage alles an der bürokratischen Gründlichkeit einiger Damen scheitern sollte.
Lydia Ronger hatte schon wieder den Telefonhörer des zweiten Apparates in der Hand.
»Hallo? Hier Direktion!«
»Hier spricht Officer Miller von der Tischlerei. Bei uns ist der Teufel los! Die Burschen haben in der Maschinenhalle die Aufseher überwältigt! Wir brauchen schnellstens Verstärkung!«
Lydia brauchte erst gar nicht ihren Vater zu fragen. Woher sollten sie Verstärkung nehmen? In allen Abteilungen gärte es. Und die ersten Verluste hatten immerhin schon die Reihen der Wachmannschaften gelichtet.
»Sie müssen sehen, dass Sie allein fertig werden«, sagte sie bedauernd. »Es scheint sich um eine Revolte im ganzen Zuchthaus zu handeln. Alle Leute sind bereits im Einsatz. Wir werden sehen, was wir tun können, um von außen Verstärkung zu erhalten. Ende.«
Sie drückte kurzerhand die Gabel nieder.
»Hallo!«, rief Ronger gleichzeitig. Er atmete erleichtert aus. »Hallo, Colonel? Gott sei Dank, dass ich Sie endlich an die Strippe kriege. Hier ist Ronger. Ja, ich bin aufgeregt! Und Sie wären es an meiner Stelle auch! Ich habe eine Revolte!«
Er lauschte einen Augenblick, dann schüttelte er wütend den Kopf: »Wegen der Revolte von fünf oder sechs Mann brauche ich Sie nicht, Colonel, das können Sie mir glauben! Im Augenblick ist die Lage völlig unübersichtlich. Ich schätze, dass sich bereits an die zweihundert Sträflinge bewaffnet und ihren Block verlassen haben!«
»Was?«
»Ja, es ist so! Sie haben Schusswaffen aus unserem Magazin gestohlen und genug Munition. Ich brauche unbedingt Verstärkung für meine Mannschaften. Wie viel können Sie mir schicken?«
»Höchstens fünf Mann in einem Streifenwagen. Vor einer knappen Stunde hat es südlich der Stadt einen Eisenbahnunfall gegeben. Ein Schnellzug ist entgleist. Bisher wurden sechsundachtzig Tote gemeldet. Unsere Leute sind alle im Katastropheneinsatz! So leid es mir tut, Ronger!«
Der Direktor ließ den Hörer aus der Hand und zurück auf die Gabel sinken. Er war unfähig zu irgendeiner Entgegnung. Kreidebleich fiel er in den Sessel hinter seinem Schreibtisch.
»Das ist das Ende«, murmelte er tonlos. »Das ist das Ende.«
Die Gangster hatten die zweite Runde gewonnen.
***
Phil lief zurück ins Obergeschoss des vierten Blockes. In der zweiten Etage stieß er auf einen Wärter, der sich gerade mühsam aufzurichten versuchte.
»Verwundet?«, rief Phil.
»Yeah!«, stöhnte der Mann.
»Wo?«
»Hier! Schulter!«
Phil kniete neben ihm nieder.
»Wir müssen die Jacke ausziehen«, sagte er.
Es ging sehr mühsam und immer wieder stöhnte der Mann vor Schmerzen. Phil riss sich die Sträflingsjacke vom Körper und riss sie in Streifen. Es handelte sich um einen Steckschuss, der heftig blutete. Im Augenblick konnte man
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