0062 - Die blauen Zwerge
dachte er. Viel zu spät. Die Batterien sind leer! In Greenwich gab es eine Menge Ladegeräte, mit denen die Batterien sofort wieder hätten instandgesetzt werden können. Aber Greenwich war vierhundert Kilometer weit entfernt, und es gab nicht einmal eine Möglichkeit, über den Schaden zu berichten.
Mullon stieg aus. Milligan sah an seinem niedergeschlagenen Gesicht, daß etwas geschehen war.
Mullon gab einen kurzen Bericht.
„Und was jetzt?" fragte Milligan ratlos.
Mullon zuckte mit den Schultern. „Keine Ahnung. Nach meiner Ansicht tun wir am besten, wenn wir eine Nacht lang hierblieben. Vielleicht zeigt sich der Feind. Vielleicht können wir ihn dazu zwingen, daß er den Schaden behebt. Wenn sich aber gar nichts tut, werden wir zu Fuß ..."
Dazu machte er eine mutlose Handbewegung über den Fluß hinüber, wo die hohe, undurchdringliche Mauer des Dschungels aufragte. Milligan sah hinüber.
„Meinen Sie, wir könnten das schaffen?"
„Ich denke ja. Vor allen Dingen müssen wir es schaffen, wenn wir nicht verhungern wollen."
Fraudy, mit den kleinen Fröschen beschäftigt, hatte weder die Sankt-Elms-Feuer bemerkt, noch erfahren, was mit den Batterien des Helikopters vor sich gegangen war. In ihrem Eifer war sie bis dicht an den Rand der Insel hinuntergekrochen, und dort saß sie, einen der glitschigen, dunkelbraunen Frösche in der Hand, als dicht vor ihr das Wasser zu rauschen begann.
Erschreckt fuhr sie in die Höhe, ließ den Frosch fallen, verlor aber auf dem weichen, steil abfallenden Boden den Halt und rutschte mit den Füßen ins Wasser hinein.
Vor ihr, aus den schmutzigen Fluten des Flusses, war ein häßlicher, breitmäuliger Kopf aufgetaucht, der Kopf eines Alligators. Fraudy sah, wie die Bestie sie abwägend beobachtete und sich bereitmachte, mit einem einzigen, kräftigen Satz ans Ufer zu schnellen und sich die wehrlose Beute zu holen.
Fraudy stieß einen lauten Schrei aus, um Mullon und die beiden anderen zu warnen. Auf diesen Schrei hin stürzten die Männer zum Ufer, aber nur Milligan war geistesgegenwärtig genug, nach seinem Gewehr zu greifen, das in der Nähe des Hubschraubers auf dem Boden lag.
Während Mullon und Pashen versuchten, den Alligator durch Schreien und Steinwürfe zu verscheuchen, und damit wenigstens erreichten, daß die Bestie ihre Aufmerksamkeit für Sekunden von Fraudy abwandte, schlich sich Milligan am Ufer heran, kniete hinter einem Strauch nieder und zielte sorgfältig. Der erste Schuß mußte tödlich sein; denn der Kopf des Alligators war von Fraudy höchstens drei Meter entfernt.
Milligans Schuß krachte völlig unerwartet. Mullon und Pashen fuhren zusammen. Fraudy schrie auf.
Milligan hatte das Tier in das linke Auge getroffen. Die Bestie bäumte sich auf, wobei sie zwei Meter näher ans Ufer herangeschleudert wurde. Dann lag der lange, schuppige Körper reglos im Uferschlamm der Insel.
Fraudy befreite sich aus dem Schlick, in den sie knöcheltief eingesunken war, und kam zitternd und blaß, aber lachend das Ufer herauf. Mullon nahm sie in die Arme. „Das war knapp", murmelte er. „Und an allem ist nur meine Unvorsichtigkeit schuld", gab Fraudy zu.
Sie drehte sich um und starrte den toten Alligator an.
„Wie groß er ist!" staunte sie. „Ob ihr ihn nicht für mich an Land holen könnt? Ich möchte ihn untersuchen."
Mullon stimmte lachend zu. Milligan war schon hinuntergestiegen, hatte das Tier bei der spitzen Schnauze gepackt und versuchte, es heranzuziehen. Das gelang ihm aber erst, als Pashen und Mullon ihm halfen. Fraudys Dank an Milligan war kurz, aber ernst. Milligan freute sich, als Fraudy ihm die Hand drückte.
Als die Beute geborgen war, wurde ausgemessen, daß der Alligator zwölfeinhalb Meter lang war - eine Größe, die seine irdischen Verwandten nur in ganz seltenen Ausnahmefällen erreichten. Ansonsten glich er ihnen bis hin zur Maserung der Haut. Die Natur schien auf Gray Beast im großen und ganzen die gleichen Wege gegangen zu sein wie auf der Erde.
Fraudy machte sich sofort an die Untersuchung. Sie war mit solchem Eifer bei der Sache, daß sie Mullons Bemerkung, der Hubschrauber sei nicht mehr flugfähig, mit der Antwort: „Dann gehen wir eben zu Fuß!" abtat. Pashen und Milligan wurde aufgetragen, den Alligator zu enthäuten und die Haut so aufzuheben, daß sie nicht verdarb. Das war eine schwierige Aufgabe für zwei Männer, die Alligatoren bisher nur im Zoo gesehen hatten.
Als Fraudy das riesige Maul des Alligators
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