0062 - Die blauen Zwerge
Augenblick senkte sich etwas weich, aber mit unwiderstehlicher Gewalt von oben auf ihn herab, hemmte den Schritt und preßte ihn zu Boden. Er versuchte, wieder aufzustehen, aber die unerklärliche Kraft, die ihn zu Boden drückte, erwies sich als unüberwindlich.
Das Atmen begann ihm schwerzufallen. Er wollte um Hilfe schreien, brachte aber nicht mehr zustande als ein unartikuliertes Röcheln - dasselbe Geräusch wahrscheinlich, das er von Milligan gehört hatte, dachte er.
Mullon nahm noch wahr, wie die vordersten der blauen Flammen geradewegs auf ihn zukamen. Er hörte einen erstickten Schrei aus Fraudys Zelt; dann wurde der Druck, der auf ihm lastete, so stark, daß ihm das Bewußtsein schwand.
*
Als er wieder zu sich kam, lag er in einem weiten, halbdunklen Raum auf ebenem, kühlem, festen Boden. Undeutlich erkannte er die Umrisse fremdartiger Gegenstände in seiner Nähe.
Er versuchte, sich aufzurichten, aber kaum hatte er die erste Bewegung gemacht, da senkte sich der gleiche Druck, den er schon einmal verspürt hatte, auf ihn herab und preßte ihn gegen den Boden. Der Druck ließ nach und verschwand schließlich, als er sich nicht mehr bewegte.
Gefangen, stellte Mullon fest. Aber von wem? Wo waren die Gefährten?
Er rief ihre Namen, und von irgendwoher aus dem Dämmerlicht antwortete Milligans Stimme: „Milligan, wo stecken Sie?"
„Hier, Chef!" antwortete Milligan. „Ich liege auf dem Boden und kann mich nicht rühren."
„So geht es mir auch", rief Mullon. „Wo sind wir hier überhaupt?"
Mullon erklärte ihm, daß er ebenso wenig Ahnung habe wie Milligan selbst. Dann ließ er sich berichten, wie es Milligan ergangen war.
„Ich sah plötzlich über dem Wasser ein paar blaue Lichter. Sie bewegten sich hin und her wie Irrlichter über einem Moor. Ich wollte gerade aufstehen und Sie wecken, zumal die Dinger sich auf die Insel zu bewegten. Aber kaum war ich in die Höhe gekommen, da warf sich etwas auf mich, drückte mich zu Boden und schnürte mir die Luft ab. Ich konnte keinen Laut mehr herausbringen, und ein paar Augenblicke später muß ich bewußtlos geworden sein."
„Genau wie ich", bestätigte Mullon. „Wenn ich nur eine Ahnung hätte, was mich hier am Boden festhält!"
Er versuchte ein zweites Mal sich aufzurichten, aber der Erfolg blieb der gleiche wie zuvor. Etwas warf sich auf ihn, sobald er sich bewegte, preßte ihn nieder und verschwand erst wieder, wenn er reglos auf dem Boden lag.
Im Halbdunkel hätte Mullon erkennen müssen, womit er es zu tun hatte ... wenn es etwas zu erkennen gegeben hätte. Was ihn zu Boden preßte, war entweder von Natur aus unsichtbar, oder es besaß die Gabe, sich unsichtbar zu machen.
Mullon erinnerte sich an die Sankt-Elms-Feuer. Er war überzeugt gewesen, daß sich über der Insel ein elektrisches Feld ausgebildet habe. Felder - gleich welcher Art waren unsichtbar. Konnte es sich hier um einen ähnlichen Effekt handeln, um ein Gravitationsfeld vielleicht, dessen Feldlinien von irgendwoher über ihm zum Boden liefen und ihn hinabzogen, wenn er sich aufrichten wollte?
Die Annahme war plausibel. Aber, gerechter Gott, was für Wesen waren das, die solche Kräfte beherrschten und mit ihnen umgingen wie ein Kind mit seinem Spielball?
Aus dem Halbdunkel meldete sich schließlich eine dritte Stimme: Fraudy. Der Schock, sich allein in der Finsternis zu finden, blieb ihr erspart. Auf ihre zaghaften Rufe meldeten sich Mullon und Milligan sofort.
Eine Viertelstunde später kam auch Pashen wieder zu sich. Es stellte sich heraus, daß der merkwürdige Angriff alle vier Bewohner der Insel auf die gleiche Weise überrascht hatte: Jeder, außer Milligan, hatte zuerst Stöhnen und Röcheln gehört, war aus dem Zelt gekrochen, hatte die blauen Flammen gesehen und war unter dem gewaltigen Druck einer unerklärlichen Kraft zu Boden gesunken, um kurz darauf das Bewußtsein zu verlieren.
Im übrigen befanden sie sich auch jetzt alle vier in der gleichen Lage. Keiner von ihnen konnte sich aufrichten. Bei der geringsten Bewegung senkte sich das unerklärliche Kraftfeld, oder was es sonst sein mochte, von oben herab und machte es unmöglich, auch nur noch einen Finger zu krümmen.
„Es bleibt uns nichts anderes übrig, als zu warten", sagte Mullon schließlich. „Sie werden uns nicht hierhergebracht haben, um uns in der Finsternis verhungern zu lassen. Irgendwann wird jemand kommen, um nach uns zu sehen ... dann können wir unsere Beschwerden
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