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0063 - Der Hüter des Bösen

0063 - Der Hüter des Bösen

Titel: 0063 - Der Hüter des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Wolf Sommer
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des Kampfes über der Brust aufgerissen waren. An einem schmalen Goldkettchen war ein etwa daumengroßer Anhänger befestigt. Ein Amulett, ähnlich dem, das er stets zu tragen pflegte. Die Scheinwerferbeleuchtung war nicht stark genug, um Einzelheiten klar auszumachen, aber was Zamorra jetzt schon sehen konnte, machte ihn ganz unruhig.
    Er griff in eine Jackettasche, holte sein Feuerzeug hervor und stellte die Flamme auf Maximum. Mit der hohlen Hand schützte er die Flamme vor dem Regen. So, jetzt war es hell genug. Er beugte sich wieder über Montpellier und führte das Licht ganz dicht an das Amulett heran.
    Unwillkürlich fuhr er zurück. Das war doch…
    Wieder beugte er sich vor und zwang sich, ganz genau hinzublicken.
    Das Amulett zeigte eine kunstvoll stilisierte Figur, halb Mensch, halb Raubtier. Aber beide Teillebewesen entsprachen nicht einem genauen Abbild der Natur. Körperform und Gesicht waren entsetzlich verzerrt. Die Symmetrie stimmte nicht, ließ an Chaos und Perversion denken. Ein irrsinniger Künstler mit einer geradezu abartigen Vorstellungskraft schien dieses Bildnis entworfen zu haben.
    Zamorra erschauderte. Dies jedoch weniger auf Grund des beklemmenden Anblicks der Ministatue. Was ihn frösteln ließ, war die Tatsache, dass Henry Montpellier während des mörderischen Kampfes mit Martin ein genaues Ebenbild dieser Figur gewesen war.
    Er streckte seine Finger nach dem Amulett aus und nahm es in die Hand.
    Ein feuriger Blitz zuckte durch seinen Körper, breitete sich wellenförmig aus, war gleichzeitig in Haarspitzen und Zehennägeln. Zamorra glaubte zu fallen, tief, unendlich tief. Ein Abgrund, in dem der Irrsinn zu Hause war, verschlang ihn mit Haut und Haaren. Sinneseindrücke, fremdartig und nicht erklärbar, stürmten mit Urgewalt auf ihn ein.
    Ein Gedanke drängte sich ihm auf: Halum! Mein Name ist Halum!
    Ich bin Halum!
    ***
    Zamorra konnte sich nicht erinnern, wie lange er in vorgebeugter Haltung über Henry Montpellier gekauert hatte. Sein Erinnerungsvermögen war etwas durcheinander geraten, wies Lücken auf, die er sich selbst nicht erklären konnte.
    Was war geschehen? Montpelliers Anblick hatte gewisse Halluzinationen heraufbeschworen. Eine Lichtexplosion… abgrundtiefe Dunkelheit danach … ein Name …
    Nein, er konnte sich nicht mehr entsinnen. Er schüttelte das ungute Gefühl ab, etwas Wesentliches übersehen zu haben und konzentrierte sich wieder auf die Gegenwart.
    Montpelliers Brieftasche lag neben dem Toten. Zamorra nahm sie hoch und steckte sie ein. Dann richtete er sich auf. Dem Toten waren keine Informationen mehr abzugewinnen, die er nicht schon kannte.
    Er musste jetzt dafür sorgen, dass Ermordeter und Mörder in Gewahrsam gebracht wurden.
    Er ging auf Jean Martin zu, der sich in einigen Metern Entfernung auf seinen verbeulten Wagen stützte. Es hatte inzwischen aufgehört zu regnen. Der Himmel war heller geworden, da der Mond inzwischen die Wolkendecke durchdrungen hatte. Auf der Autobahn floss der Verkehr unentwegt weiter. Niemand achtete auf den Parkplatz.
    »So, Monsieur Martin«, sagte er. »Wir gehen wohl jetzt am besten.«
    Martin antwortete nicht. Er sah den Professor mit einem eigenartigen Gesichtsausdruck an. Seine Augen, im Licht der schrägstehenden Autoscheinwerfer deutlich zu erkennen, waren ganz groß und seltsam totengleich. Dies jedoch nur einen kurzen Augenblick lang, dann erwachten sie zu unheimlichem Leben.
    Die Pupillen wurden zu glühenden Stecknadelköpfen, erweiterten sich anschließend zusehends. Das Feuer, das in ihnen loderte, wuchs mit. Aber es waren nicht allein die Augen, die sich auf eine erschreckende Art und Weise veränderten.
    Sein Mund wölbte sich vor, wurde zu einer Einheit mit der Nase.
    Haut und weiches Fleisch schwanden dahin, wandelten sich um in schuppiges Horn, das untere Ende scharf wie eine Spitzhacke. Die Stirn wich zurück, machte bunten Federn Platz. Seine Hände zuckten vor. Finger waren nicht mehr zu erkennen, statt dessen zitternde Greifklauen.
    Ein hoher, tierischer Laut entrang sich der Kehle des Wesens, das soeben noch ein leicht verstörter junger Mann namens Jean Martin gewesen war.
    Das Wesen kam auf ihn zu.
    Zamorra wich zurück. Das Blut floss schneller in seinen Adern, pulsierte heiß und aufgeregt. Da war ein eigenartiges Zerren in seinen Muskeln.
    Aber er konnte es nicht auf die reinen Körperkräfte ankommen lassen. Nur allzu deutlich hatte er den furchtbaren Zweikampf vor sich, der sich vor wenigen

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