0063 - Geschäft mit der Angst
und erzählten ihm, aus welchem Grund wir ihn zu dieser Zeit heimsuchten.
Er legte den Finger ganz unmilitärisch an die Nase.
»Das muss ich mir mal kurz überlegen. - Haben Sie Ihren Wagen da? Ach, natürlich. Macht es Ihnen etwas aus, mit mir ein paar Straßen weiterzufahren? Vielleicht können wir es da gleich erledigen.«
Wir stiegen also wieder ein und fuhren nach seinen Anweisungen los. Chili Harbour, von dem ich bisher nur den Namen gekannt hatte, erwies sich immer mehr als eine ganze Stadt im Wald. An einer Kreuzung erblickte ich sogar eine Verkehrsampel, die allerdings jetzt außer Betrieb war.
»Halten Sie bitte dort vor dem Gebäude mit dem Radarturm - möglichst nicht über den weißen Strich fahren!«, sagte der Colonel. Ich tat es, und in dem Augenblick, da wir stoppten, traten aus dem Haus zwei Militärpolizisten heraus und erwarteten uns schussbereit.
Was nun folgte, war ein ganz ausgeklügeltes System von Kontrollen und Gegenkontrollen, wie ich es selbst in Oak Ridge, dem Atomzentrum noch nicht erlebt hatte. Jedenfalls wurde nicht nur in New York, sondern sogar bei der FBI-Zentrale in Washington zurückgefragt, ehe wir tiefer in das geheimnisvolle Gebäude eintreten durften. Und auch dabei wich uns ein Militärpolizist nicht von der Seite. Das Ganze hatte so lange gedauert, dass die Sonne über der See aufging, als wir endlich in den großen Raum im Obergeschoss des Turmes eintreten durften.
***
Durch große Scheiben fiel das helle Morgenlicht. Trotzdem brannten hier die Leuchtröhren, und von langen Pulten leuchteten matt die Radarschirme in ihrem grünlichgrauen Schein. Und vor jedem Schirm saß ein Uniformierter, der über eine besondere Telefonleitung mit der Zentrale verbunden war. Ein riesiger Tisch diente als Unterlage für einen Lageplan, auf dem sich bunte Lichter langsam bewegten.
»So, Gentlemen«, sagte der Colonel, »welches Gebiet haben Sie im Auge?«
»Die Square Islands, Colonel!«
Er ging durch die Reihen der Soldaten und zog uns mit zu einem Radarschirm ziemlich weit rechts auf dem Pult. Ein Sergeant saß konzentriert davor und ließ sich nicht stören.
Ich betrachtete interessiert das Radarbild der Insel, zwischen denen ich vor wenigen Stunden noch herumgepaddelt war. »Diese hier muss es sein«, deutete ich auf einen der hellen Flecke. Der Colonel nickte und nahm ein Blatt Papier auf, das einige Vermerke trug.
»Gegen Mitternacht ist hier ein Kutter herumgekreuzt…«
»…stimmt. Das war ich.«
Der Colonel blickte mich an und grinste.
»Uns entgeht nichts, wie Sie sehen. Aber sonst war da nichts los, und ein Flugzeug ist schon gar nicht gestartet. Wenigstens nicht seit gestern Abend. Die Berichte über den gestrigen Tag sind schon bei der Zentrale.«
»Gestern ist da vermutlich ein Flugzeug gelandet! Ich sah es selbst gegen Nachmittag dort niedergehen. Können Sie hier feststellen, wenn es wieder startet, und auch, wohin es fliegt?«
»Selbstverständlich. Aber ich nehme an, dass es sich um einen regulär gemeldeten Flug handelt, anderenfalls hätten wir längst Alarm gegeben.«
»Möglich. Aber die Meldung kann irreführend sein.«
»Gut, wenn Sie wollen. Ich werde Anweisung geben, das Flugzeug zu verfolgen. Wo kann ich Sie erreichen?«
Ich gab ihm die Telefonnummer des FBI New York.
Wir wollten uns gerade abwenden, als der beobachtende Radarmann durch die Zähne pfiff.
»Was ist?«, fragte der Colonel.
»Bewegliches Objekt im Beobachtungsraum«, meldete der Mann.
Wir beugten uns interessiert über den Radarschirm, und jetzt erkannte auch ich den leuchtenden Punkt, der sich langsam über den Schirm bewegte.
Schon sprach der Radarbeobachter in sein Mikrofon: »Achtung, Zentrale - R 37 meldet Flugzeug in C 17 weiter nach B 16 und B 15, Kurs Südwest zu West, Geschwindigkeit schätzungsweise 120 Meilen pro Stunde… gemeldet, jawohl, danke…«
»Augenblick!«, sagte der Colonel und griff nach einem Telefonhörer. »Das wollen wir doch gleich haben!«
Er wählte eine Nummer, meldete sich und gab einen Befehl durch, der hauptsächlich aus Kennbuchstaben und Zahlen bestand. Welche Wirkung dieser Befehl hatte, hörten wir Sekunden später, als im Saal ein paar Lautsprecher zu brummen begannen und eine Stimme durchgab: »Achtung R 37, 38; S 36, 37, 38 und T 38, 39! Verfolgt Kurs des Flugzeugs in B 15, alle Meldungen direkt an Zentrale! Wiederhole…«
»Kommen Sie, Gentlemen«, sagte der Colonel, »alles Weitere sehen wir in der Zentrale besser. Sie haben
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