0064 - Die Mühle der Toten
bist Historiker, also hast du einen brauchbaren Vorwand für deine Forschungen. Nicole paßt auf Paulette Martier auf. Ich werde dafür sorgen, daß das Grab des buckligen Müllers Armand Garascon geöffnet wird.«
Obwohl es in der Nacht heftig geregnet hatte, war der Morgen hell und sonnig. Sonnenlicht fiel durch das Fenster herein und malte Kringel in Nicoles Kaffeetasse. Als sie hörte, was Zamorra sagte, verschluckte sie sich.
Bill Fleming mußte ihr auf den Rücken klopfen. Nicole kam der freundliche Morgen gleich viel düsterer vor.
»Glaubst du nicht, Chef, daß es sehr gefährlich ist, das Grab zu öffnen?« fragte sie.
Zamorra grinste schwach.
»Das werde ich dann schon merken, denke ich.«
***
Als das Frühstück beendet war, kam der Bürgermeister Brissac mit dem Gemeinderat und ein paar von den Honoratioren ins Gastzimmer. Die Männer bauten sich vor dem Tisch von Zamorra und seinen beiden Begleitern auf.
Brissacs Blick flackerte. Seine Hamsterbacken zitterten, als er zu reden anfing.
»Wie steht es, Professor Zamorra? Gibt es noch eine Hoffnung für Bresteville?«
»Auf jeden Fall. Ich weiß jetzt, mit wem ich es zu tun habe. Sobald ich die Hintergründe kenne, werde ich einen Weg finden, den Dä- mon zu besiegen.«
Zamorra war nicht so zuversichtlich, wie er tat. Aber er ließ es sich nicht anmerken.
»Wir zahlen Ihnen hunderttausend Franc. Aber schaffen Sie uns diesen Spuk vom Hals. Wir tun alles, was Sie sagen. Nur helfen Sie uns. Sie sind der einzige, an den wir uns wenden können. Weitere Versuche, mit höheren Polizei- und Regierungsstellen Verbindung aufzunehmen, sind erfolglos geblieben.«
»Das habe ich mir gedacht. Ich bilde mir nichts darauf ein, Bürgermeister Brissac, aber ich bin ein reicher Mann. Ich besitze ein Schloß und große Ländereien und bin auch sonst nicht unbemittelt. Um des Geldes willen kämpfe ich nicht gegen die Dämonen und bösen Mächte. Ich tue auf jeden Fall, was ich kann. Wenn Sie wollen, können Sie mir eine Aufwandsentschädigung zukommen lassen, auf eines meiner Bankkonten. Die Höhe der tatsächlich gehabten Spesen teile ich Ihnen noch mit.«
»Raoul Morgand hat gleich bei seinem ersten und einzigen Gespräch mit mir hunderttausend Francs gefordert«, sagte Brissac. »Ich dachte, Sie würden Ihre Arbeit hier auch nicht umsonst tun.«
Zamorra winkte ab. Brissac fragte nach Raoul Morgand, und Zamorra sagte ihm, daß man ihn vermutlich nie wiedersehen würde.
Hier irrte der Professor. Er konnte nicht ahnen, daß er Raoul Morgand schon sehr bald vor sich sehen würde.
Zamorra sagte Brissac, er sollte ihm und seinen beiden Begleitern völlig freie Hand lassen. Wenn sie etwas brauchten, würden sie es sagen. Brissac kam dann auf die Leiche Roger Defils zu sprechen, die immer noch an dem Mühlenflügel hing.
Aus dem Dorf war niemand bereit, sie abzunehmen. Zamorra konnte die Männer nicht dazu überreden, zur Geistermühle zu gehen, die nach dem magischen Feuer in der Nacht selbstverständlich wieder unversehrt dastand.
Eine düstere, bedrückende und bedrohliche Ruine.
Brissac stellte Zamorra den gemeindeeigenen Feuerwehrwagen zur Verfügung. Mit der ausfahrbaren Leiter sollten er und Bill Fleming den Toten bergen. Der Professor stimmte zu, denn er wollte nicht, daß der arme Teufel noch länger in Wind und Wetter hängenblieb.
Der Apotheker hatte einen Arzt in Angoulême erreicht, der im Lauf des Vormittags nach Paulette Martier sehen wollte. Zumindest vorerst sollte sie im Hotel bleiben. Zamorra glaubte auch kaum, daß sie aus Bresteville hätte weggebracht werden können.
Wieder fragte er sich, welche Rolle Roger Defils und Paulette Martier bei diesem Drama spielten. Warum hatten die bösen Mächte es auf sie abgesehen?
Die Männer, die mit Brissac in die Gaststube gekommen waren, hatten sich vorn beim Tresen aufgestellt. Zamorras ruhige Sicherheit und die Wirkung seiner Persönlichkeit vermochten, sie ein wenig zu beruhigen. Die Männer unterhielten sich über den Professor, während sie ihren Wein oder Kognak tranken.
Zamorra hörte ein paar Bemerkungen.
»Wenn uns einer helfen kann, dann Professor Zamorra«, sagte ein älterer Mann. »Das ist kein Sprücheklopfer wie dieser Morgand.«
»Hoffentlich«, sagte ein anderer. »Für mich wäre das kein Job, ständig gegen Geister und Dämonen zu kämpfen. Mir langt das, was ich in Bresteville in den letzten vierzehn Tagen erlebt habe. Wenn ich einem Dämon Auge in Auge gegenüberstehen müßte,
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